Kapitel 64

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Ich griff nach der Türklinken und stürmte hinaus. Ich wollte nur weg von ihm, bevor er noch etwas sagen konnte, dass mich verletzten würde. Oder ich etwas sagen würde, dass die Situation nur noch schlimmer machen würde.
Doch natürlich ließ Dante mich nicht einfach gehen. Sofort war er hinter mir, packte mich und drängte mich diesmal tatsächlich gegen die nächstgelegen Wand. Seine Lippen pressten sich auf meine in einer Mischung aus Wut und Verlangen.
„Es tut mir leid, Principessa. Ich hasse es mit dir zu streiten" sagte er gegen meine Lippen, ehe er mich erneut küsste, diesmal deutlich zärtlicher, aber nicht weniger drängend. Dieser Kuss war nicht mehr von Wut geprägt, sondern von Liebe.
Meine Hände glitten in seinen Nacken, ich zog leicht an seinem Haar, während unser Kuss immer leidenschaftlicher wurde. Das war es, was ich mir den ganzen Abend gewünscht hatte. Ich wollte eine Reaktion von ihm, ich wollte das er mir offen zeigt was er empfand und das tat er. Und wie.

Ich vergaß komplett wo wir waren und wer uns sehen konnte. Ich lebte nur im Moment und Dante schien es genauso zu gehen, zumindest so lange, bis er plötzlich erstarrte. Sofort sah ich zu ihm auf, die Sorge war im ins Gesicht geschrieben. „Was ist los?" fragte ich atemlos, noch immer in Gedenken bei dem Kuss. „Jemand hat gerade ein Foto gemacht, von uns oder besser von dir. FUCK!!!" er brüllte auf, was mich zusammenzucken ließ. Er sah aus wie ein gehetztes Tier in der Falle. Seine Hände fuhren durch sein Haar „Genau deshalb wollte ich sowas wie eben vermeiden. Es war klar das uns jemand sehen würde, Gott verflucht wieso hatte ich mich nicht im Griff?"
Mit der Absicht ihn zu beruhigen, griff ich seine Hand „Es wird schon alles gut, Dante. Bist du denn überhaupt sicher, das er ein Foto von uns gemacht hat? Vielleicht hat er ja auch einfach ein Bild vom Club gemacht oder so" versuchte ich ihn abzulenken, doch er riss mir seine Hand  förmlich weg. „Nein, Amalia, er hat nicht bloß ein Foto vom Club gemacht. Ich kenne den Kerl, er ist einer von Renaldos Leuten."
Ich hatte absolut keine Ahnung wer das war. Dante musste meinen irritierten Blick bemerkt hatten. „Renaldo Carpenteri, seine Familie hat nach meiner den größten Einfluss hier auf Sizilien. Er will mich schon seit Jahren zu Fall bringen und jetzt hat er zum ersten Mal wirklich was in der Hand gegen mich, nämlich dich, Principessa. Seine Leute haben ein Foto von dir, auch wenn man dich wahrscheinlich nicht zu 100% drauf erkennen kann, wird es reichen. Sie werden es rumschicken und Jagd auf dich machen. Du musst gehen. Sofort. Ich schicke Massimo zu dir, nehmt meinen Wagen und fahrt sofort nach Hause. Bitte Amalia, tu einmal was ich sage ohne mir zu widersprechen oder meine Entscheidung zu hinterfragen. Glaub mir einfach, wenn ich dir sage, dass du in akuter Gefahr bist. Jede Sekunde die du hier bleibst steigert das Risko, dass dir etwas passiert. Das würde ich mir nicht verzeihen. Ich muss dich in Sicherheit wissen, das ist meine oberste Priorität. Bitte fahr mit ihm, er soll bei dir bleiben, bis ich zurück bin. Ich komme so schnell ich kann nach." Dante küsste mich erneut, dann war weg, bevor ich antworten konnte.
Er hatte mich allein gelassen.
Unbeaufsichtigt.
Das war meine Chance.

Ich hatte panische Angst wegen dem, was er gesagt hatte. Wenn es wahr war, dann machten gerade eine Menge sehr gefährlicher Männer Jagd auf mich. Das war mehr als beängstigend, aber es war auch ein Grund mehr dieser Welt zu entfliehen.
Ohne länger darüber nachzudenken sprach ich eine junge Frau an, die gerade auf dem Weg zu den Toiletten war „Hey, sorry das ich dich einfach so anquatschte, aber könntest du mir wohl kurz dein Handy leihen? Ich hab meine Freundin im Club verloren, sie hat mein Handtasche - samt Handy und Autoschlüssel, bitte es ist echt ein Notfall" log ich die junge Frau an, die mir zum Glück mit einem Lächeln ihr Handy reichte „Hier Süße. Ruf sie an, deine Freundin ist sicher irgendwo an der Bar, da ist echt die Hölle los"
Meine Hände zitterten als sie mir ihr iPhone reichte. Wen sollte ich anrufen?
Die Polizei war keine Option, auch wenn Dante mich gewissermaßen gefangen hielt, wollte ich ihm auf keinen Fall die Polizei auf den Hals hetzten. Damit fiel mein Vater auch raus, immerhin war er selbst Polizist. Er würde durchdrehen, wenn ich ihn mitten in der Nacht panisch anrufe. Aber wen dann?
Erst jetzt wurde mir bewusst, dass ich die meisten Handynummern meiner Freunde nicht auswendig konnte. Wozu auch? Sie waren alle in meinen iPhone gespeichert. Woher sollte ich wissen, dass ich es mal nicht bei mir haben sollte, wenn ich es brauchte.
Es gab nur eine Nummer die ich auswendig konnte, also wählte ich sie, auch wenn sie definitiv nicht die Beste war, um mir aus der Situation zu helfen, in der ich mich befand.

„Hallo?" Carla klang müde, es war 1 Uhr nachts, sie hatte sicher schon geschlafen, doch ich hatte keine Zeit drauf Rücksicht zu nehmen. „Hey Carla hier ist Millie, ich brauche deine Hilfe" Carla klang sofort hellwach. „Was ist los Millie? Hast du Probleme zuhause in Rom?" fragte sie besorgt. Sie war so ein liebevoller Mensch, ich verdiente sie nicht. „Ich bin nicht in Rom" begann ich zu erklären, doch Carla fiel mir direkt ins Wort „Wieso bist du nicht in Rom? Wo bist du?" Ich setzte erneut zur Erklärung an, als ich am Ende des Ganges eine Bewegung wahrnahm. Massimos breite Gestalt bahnte sich ihren Weg durch die Leute zu mir. Er würde in wenigen Augenblicken hier sein. Mir lief die Zeit davon.
„Hör zu Carla. Ich habe keine Zeit für Erklärungen, ich brauche wirklich Hilfe. Bitte sei morgen gegen 23 Uhr vor dem Rouge. Komm mit dem Wagen deiner Eltern, sag niemanden das ich dich angerufen habe. Bitte, Ich erkläre dir morgen alles" haspelte ich hektisch, Massimo war fast bei mir. „Millie ich versteh das nicht, was machst du noch immer im Rouge?" Es gab keine Zeit mehr für Erklärungen. „Morgen Abend, 23 Uhr. Bitte Carla" presste ich heraus, dann legte ich auf und reichte blitzschnell der netten jungen Frau ihr Handy. „Danke für deine Hilfe" sagte ich lächelnd und sie erwiderte ebenfalls lächelnd „Kein Problem Süße"
Meine unbekannte Heldin verschwand in den Toiletten genau in dem Moment, als Massimo mich erreichte. Seine Miene war ernst, sofort umfasste er mein Kinn und zwang meinen Blick zu ihm hinauf „Wer war das? Was hast du ihr gegeben?" Mit offenem Sarkasmus antwortete ich „Ich hab ihr lediglich ein Tampon gegeben. Willst du ihr nachlaufen und es überprüfen?" Massimos Mundwinkel zuckte amüsiert. „Heute nicht. Der Boss hat mich mit einem wichtigen Auftrag zu dir geschickt. Ich soll sein wertvollsten Besitz nach Hause bringen" Sein Lächeln wurde breiter, als er sah, wie sehr es mir gegen den Strich ging, als Dantes Besitz betitelt zu werden. Sein Hand umfasste meine, nach außen sah es sicher aus wie eine liebevolle Geste unter Verliebten, doch das war es nicht. Es ging hier nur ums Geschäft. „Zeit nach Hause zu fahren Baby"

Palermo at Midnight Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt