Kapitel 85

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„Es hat etwas in ihm zerstört, das du einfach verschwunden bist. Irgendwas ist damals kaputt gegangen. Etwas das ihm vorher geholfen hat, die Dunkelheit in ihm einzusperren. Meistens zumindest. Einmal hast du selbst gesehen, was passiert, wenn er diese Grenze überschreitet. Du warst dabei, als er das Maß verlor, damals mit diesem Bastard der dich vergewaltigt hatte. Das war der Dante, den er bisher immer vor der Welt versteckt hat. Diese Version von ihm... es ist übel glaub mir. Wenn er sich der Dunkelheit hingibt, wird er jemand, der selbst in unsere Welt nicht tragbar ist. Er ist gewalttätig, grausam und skrupellos was auf den ersten Blick sicher klingt wie ganz normale Eigenschaften für einen Mann in seiner Postion. Das sind sie auch, solange sie im Ausgleich mit anderen Eigenschaften stehen. Auch in den Strukturen einer Mafia Familie bracht man Mitgefühl, man muss wissen, wann man aufhört und wen man verschont. Man muss wissen, wann man Gnade walten lässt. Keine Organisation lässt sich dauerhaft zufriedenstellend leiten bloß mit Gewalt und Grausamkeit. Vor allem dann nicht, wenn die Grausamkeit maßlos wird. Wenn es unkontrolliert und nicht nachvollziehbar wird, wird es zum Problem." Massimo trank weiter, seine Augen bekamen eine Traurigkeit, die ich noch nie an ihm gesehen hatte. Es war offensichtlich das er sich Sorgen machte. Er macht sich Sorgen um seinen Boss, aber vor allem machte er sich Sorgen um seinen besten Freund.

„Dante hat früh erkannt, dass er ein Problem hat. Sobald er Blut vergießt, gerät er in eine Art Rausch. Er verliert sich vollkommen darin. Es entgleitet ihm, er kann es nicht kontrollieren oder stoppen bis es zu spät ist. Es ist schmerzhaft das mit anzusehen. Ich war oft dabei, wenn er die Kontrolle verlor. Das war früher, ganz zu Beginn seiner Karriere. Damals erkannte er das Problem und deshalb wurde ich zu seinem Vollstrecker. Ich kann es kontrollieren, ich empfinde nichts dabei, wenn ich jemanden schlage oder töte. Für mich ist es ein Job. Kein schöner, aber einer der nunmal erledigt werden muss. Ich verliere nie die Distanz. Ich weiß immer was ich tun muss und wann ich aufhören muss. Deshalb bezahlt er mich dafür es zu tun. Niemand weiß das das der wahre Grund ist, warum er mich braucht. Er hasst es, wenn er die Kontrolle verliert, sein Selbsthass danach ist unendlich. Zu sehen wie er sich schämt und bereut tut weh. Er hat immer erkannt, dass es ein Fehler war, er wusste zumindest danach was er getan hatte und das es falsch war. Er war sich des Problem bewusst. Früher. Jetzt ist es anders. Es scheint so, als lege er darauf an, die Dunkelheit zu wecken. Er provoziert sich selbst regelrecht. Mit jedem Tag wird er grausamer und kälter. Er schottet sich ab, selbst vor mir. Alles will er alleine machen, ständig zieht er umher und niemand weiß wo er ist. Er macht all die Drecksarbeit selbst, für die er eigentlich mich und andere Männer teuer bezahlt. Er reißt sie förmlich an sich, er will den Exzess und das wird langsam zum Problem. Es ist das eine, ob deine Feinde dich fürchten oder ob sie dich für einen mordsüchtigen Psychopathen halten. Ich glaube, er will das Monster sein, dass du in ihm gesehen hast."

Sofort wirbelte ich zu Massimo herum. Meine Hand traf seine Wange ehe einer von uns wusste was passierte. Ich hatte nicht vor ihn zu schlagen, aber er hatte es verdient. „Untersteh dich mir die Schuld dafür zu geben, was aus ihm geworden ist. Ich war kaum mehr als ein Kind damals. Dante ist ein erwachsener Mann. Er und nur er ist verantwortlich für sein Handeln. Wälz das nicht auf mich ab hörst du?" Massimo rieb sich die Wange. „Wow du hast echt Power für so ein kleines Ding. Dafür das du angeblich nicht wegen ihm hier bist, bist du ganz schön wütend seinetwegen" feixte er.
„Verdammt richtig, ich bin wütend. Ich habe mein Leben damit verbracht, mich von Dingen zu erholen, vor denen ich hätte geschützt werden sollen. Ich war zu jung, für all das hier und ihr wusstest das! Ihr beide wusstest es, doch ihr habt mich trotzdem hier behalten. Vielleicht war es seine Idee ja, aber du hast ihm geholfen. Alles was passiert ist, ist genauso deine Schuld. Und jetzt sag mir nicht, dass ich nicht die sein würde, die ich heute bin, ohne all die grauenhaften Dinge, mit denen ich dank euch konfrontiert war, das weiß ich bereits. Aber ich wollte all das nicht. Ich wollte nur ihn, ich war jung und verliebt, ich wusste es nicht besser. Ihr schon! Ich hätte meine Jugend genießen sollen, anstatt von euch gezwungen zu werden, erwachsen zu werden. Ihr hättet mich beschützen sollen, aber ihr habt mich im Stich gelassen. Verdammt richtig, ich bin wütend. Ich werde meine Jugend nie wieder zurückbekommen." Inzwischen schrie ich, all die Emotionen die ich in den letzten 5 Jahren unterdrückt hatte kamen hoch. Dabei wusste ich, dass Massimo nicht derjenige war, der meinen Zorn verdiente. Zumindest nicht in diesem Ausmaß. Ihn traf eine Mitschuld ja, aber eigentlich war ich nicht wütend auf ihn. Ich war wütend auf seinen Boss.

„Jetzt bist du diejenigen die unfair ist Amalia! Du warst bereits kaputt, als du hier ankamst. Es war nicht alles unsere Schuld und das weißt du. Du wolltest es, du wolltest ihn und die Gefahr. Niemand hat dich gezwungen. Es war deine Entscheidung, zumindest am Anfang. Ich war auch nicht begeistert von seiner Kontrollsucht und seinen krankhaften Wahn was dich angeht, aber du kannst weder ihn noch mich für alles verantwortlich machen, was dir passiert ist. Das haben wir nicht verdient, er am allerwenigsten. Er hat dich geliebt Mil, so sehr wie nie jemanden zuvor. Was damals passiert ist hat uns alle verändert." verteidigte er seinen besten Freund. Bei seinen Worten fühlte ich mich plötzlich schlecht. Ich dachte zurück daran, was für ein Mann Dante damals gewesen war und was er jetzt wohl für ein Mann war, wenn ich Massimos Erzählung glauben schenkte, was ich tat.
„Ist es wirklich so schlimm? Ich meine, was du über ihn sagst... das klingt überhaupt nicht nach ihm. Diesen Mann den du beschreibst... er macht mir Angst" gestand ich ehrlich. Es schmerzte das zu sagen, denn egal was für schlimme Dinge er damals getan hatte, ich hatte nie Angst vor ihm gehabt.
„Glaub mir, du hast zu recht Angst. Dante ist inzwischen unberechenbar. Ich bin froh dass du ihn nicht sehen willst. Ich weiß nicht, wie er auf dich reagieren würde und ob ich ihn aufhalten könnte, wenn es... Fuck ich hasse all das. Du solltest nicht hier sein. Bring zu Ende warum du in der Stadt bist und dann verschwinde zurück in dein neues Leben. Halt dich so lange fern von ihm. Es ist das Beste so"

Palermo at Midnight Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt