„Ich habe alles abgesucht, sie ist weder im Haus, noch irgendwo sonst auf dem Grundstück. Dein Wagen steht noch in der Garage, genauso wie der SUV. Das Tor war verschlossen als ich kam, die Haustür auch. Ich habe keinerlei Spuren eines Einbruch gefunden. Keine Ahnung wie sie es hier rein geschafft haben"
Den verdammten Brief noch immer in meinen zitternden Händen, unterbrach ich Massimos Bericht „Sie haben sie nicht entführt. Sie ist freiwillig gegangen."
Ohne weitere Erklärungen hielt ich ihm den Brief hin, auch wenn er viel privates enthielt, dass Massimo eigentlich nichts anging, war es leichter so. Es war undenkbar ihm alles selbst zu erklären. Ich verstand es ja selbst nicht mal.
Sie hatte mich verlassen.
Einfach so.„Fuck" hauchte Massimo und setzte sich neben mir aufs Bett. Er schien genauso überrumpelt von ihrer Flucht wie ich. Keiner von uns hat das kommen sehen. Entweder hatte sie es gut verheimlicht oder wir waren einfach blind.
„Jetzt wird mir alles klar" Massimo lachte trocken auf „Fuck sie ist wirklich ein abgefucktes Miststück" Ich wollte ihm gerade an die Gurgel gehen, weil er so über sie sprach, als er meinen Blick wohl bemerkte und versöhnlicher sagte „Ich meine ihre Flucht. Sie muss das geplant haben. Du warst komplett ausgeknockt, als ich kam. Sie muss dir was in den Drink gemischt haben. Oh sie ist wirklich gerissen" Es klang fast so, als würde er sie bewundert.
Mir fiel der Wein ein, der schon auf mich in der Küche gewartet hatte, als ich aus der Dusche kam und wie dringend sie mit mir anstoßen wollte. Es war das einzige was ich getrunken hatte, seit ich hier war. Sie hatte es tatsächlich getan, es ergab Sinn. Die plötzliche Müdigkeit, dann dieses Gefühl der Taubheit und dann nichts mehr. Sie hatte mich unter Drogen gesetzt, um vor mir zu fliehen.
Wie unglücklich war sie wirklich gewesen?
Wie verzweifelt war sie gewesen, um so weit zu gehen?„Dein Handy ist noch hier?" fragte Massimo mitten hinein in meine dunklen Gedanken. Statt einer Antwort hielt ich es ihm hin. „Interessant, sie hat es nicht mitgenommen und auch niemanden angerufen. Deine Kleine ist schlau, Boss. Sie wusste das wie das nachverfolgen könnten. Deshalb hat sie auch deinen Wagen nicht angerührt. Sie muss also zu Fuß unterwegs sein oder jemand hat sie abgeholt, wobei ich nicht wüsste, wie sie jemanden hier her bestellt haben soll" überlegte Massimo laut, während ich noch immer handlungsunfähig den Brief anstarrte.
Sie hatte mich verlassen.
Sie war weg.
Sie war irgendwo da draußen, vollkommen allein.„Gib mir meine Handy" fuhr ich Massimo an, der regelrecht zusammenzuckte, weil es das erste war, dass ich seit Minuten von mir gab. „Was hast du vor?" fragte er während er es mir reichte. „Was denkst du denn?? Amalia ist ganz allein irgendwo da draußen, während die halbe Insel Jagd auf sie macht. Wir müssen sie finden, bevor sie es tun" erklärte ich ihm gereizt, während ich bereits Tommasos Nummer wählte.
„Hast du den Brief nicht gelesen Boss? Sie will nicht, dass du sie suchst" erklärte er mir ruhig, er schien sich überhaupt keine Sorgen um sie zu machen.
„Es ist mir scheißegal was sie will. Sie ist in Lebensgefahr, dass weißt du genau so gut wie ich. Ich werde sie nicht einfach gehen lassen. Nicht so. Ich hole sie mir zurück, egal was es mich kostet" brüllte ich ihn an. Noch bevor er antworten konnte, nahm Tommaso den Anruf entgegen und ich schrie auch ihm an. Ich bellte Befehle, machte ihm sprichwörtlich Feuer unterm Arsch, bis er jeden verfügbaren Mann rief, um nach ihr zu suchen. Sie hatte oberste Priorität. Alles andere war egal.Als ich alles geklärt hatte, schnappte ich mir den Schlüssel für meinen Wagen und zog mich an.
„Wo willst du hin?" fragte Massimo irritiert. „Glaubst du wirklich, ich sitzte hier und drehe Däumchen während die Frau die ich liebe allein durch Palermo irrt?" Ich lief zur Tür, Massimo war dicht hinter mir. „Lass mich fahren, du bist immer noch high von dem Zeug, das sie dir eingeflößt hat." bot er an, doch ich wollte ihm nicht zuhören.
„Nein, du fährst ins Rouge. Es ist unwahrscheinlich, das sie dort auftaucht, aber nicht unmöglich. Leg dich auf die Lauer und warte. Ich melde mich"
Mit durchdrehenden Reifen schoss ich vom Hof hinaus in die Nacht. Ich musste sie finden und zwar schnell. Wenn ihr was passieren würde, würde ich es mir nie verzeihen.
Ich würde sie finden.
Ich musste es.Die Uhr in meine Wagen zeigte bereits halb 12 an, als mein Handy klingelte. Endlich eine Nachricht, jemand hatte sie gefunden. Es musste so sein, jeder meiner Männer suchte sie. Sie mussten sie gefunden haben. Deshalb riefen sie an.
Als ich Massimos Name auf dem Display lass, stutzte ich dennoch. Ich hatte ihn für den Fall der Fälle zum Rouge geschickt, für den unwahrscheinlichen Fall das sie dort hin kommt, aber eigentlich rechnete ich nicht damit.
Amalia war in ihrem Brief sehr deutlich gewesen.
Sie wollte weg, weg von mir und meiner Welt.
Sie hatte genug von alle dem.
Warum kam sie jetzt doch zurück?
Ausgerechnet zum Rouge?
Bereute sie ihre überstürzte Flucht vielleicht?
Hatte sie Angst?Mit klopfendem Herzen nahm ich den Anruf an, Massimos Stimme ertönte über die Lautsprecher meines Wagens. „Wo bist du gerade Boss?"
Er klang angespannt. „In der Nähe des Bahnhofs, warum?" Es entstand eine Pause, während der ich nervös aufs Lenkrad trommelte. Ich wollte Massimo gerade anbrüllen, warum er nicht antwortete, als seine Stimme erneut das Auto füllte. „Es geht um...fuck wie soll ich dir das sagen?" Ich hörte ihn schwer atmen, ehe er weiter sprach „Ich bin vorm Rouge, wie du es mir befohlen hast und hier...Es gab eine Schießerei vor dem Club. Jemand fuhr vorbei und schoss, bevor ich wusste was abgeht war der Wagen verschwunden. Der Schütze...er hat ein Mädchen getroffen...Fuck Boss, ich glaube...sie ist es. Es ist Amalia"
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Palermo at Midnight
RomanceStatt für ihren Abschluss zu lernen zieht Amalia „Millie" Bernardi lieber jede Nacht durch die Clubs der italienischen Hauptstadt. Nach einer Partynacht, die komplett aus dem Ruder gerät, zieht ihre Mutter die Reißleine. Sie schickt ihre rebellisch...