16 - 950 Pfund

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[Louis]

Der Tag mit Harry verging wie im Flug. Wir spielten viel mit Grace und kümmerten uns gemeinsam um sie, ich brachte ihm vieles bei was den Alltag mit Kind und den Umgang mit ihr betraf.
Harry saugte alles Wissen auf wie ein Schwamm und als wir abends gemeinsam im Bett lagen, Grace zwischen uns, erklärte er mir all die Dinge, die er gelernt hatte, noch einmal.

Als er fertig mit seinen Erzählungen war, musste ich lachen. „Schreibst du jetzt einen Elternratgeber?"
Harry schmunzelte. „Genau. Er wird heißen: Wie unterstütze ich meinen schwulen Partner bei der Kindererziehung."
Wir mussten beide lachen und ich schüttelte amüsiert den Kopf. „Das wird ein Bestseller." sagte ich, er nickte zufrieden. „Will ich doch schwer hoffen."
Schmunzelnd sah ich zu Grace und strich ihr über den Bauch. „Mittlerweile kennt sie dich vermutlich besser als Stacey." sagte ich.
„Was einerseits traurig ist, andererseits macht es mich stolz, dass sie mich so mag."
„Das tut sie wirklich." antwortete ich bestätigend und küsste seine Wange. „Und jetzt teilst du sogar das Bett mit uns beiden. Was sollen wir denn denken, außer, dass du für immer bleibst?" Harry drehte sich auf die Seite und sah mich an. „Warum solltest du etwas anderes denken?"

„Tu ich nicht." antwortete ich schnell und er lächelte. „Na dann ist doch alles klar."
Ich nickte. „Sollte es vorbei sein irgendwann, verliere nicht nur ich dich."
Harry nickte ernst. „Und ich verliere nicht nur dich." sprach er sanft und sah Grace an. „Wie kann man sie nicht lieben?" flüsterte er und ein Lächeln stahl sich auf sein Gesicht.
„Eine Frage, die ich dir nicht beantworten kann." gab ich zu und schloss die Augen.
„Lou?"
Ich lachte. „Haz?"
„Fährst du mit mir in den Urlaub? Euch meine ich...Du und Grace."
Ich öffnete die Augen wieder und sah ihn an. „Wann können wir los?"

Harry lachte leise. „Theoretisch übermorgen. Ich habe morgen ein Interview mit BBC, aber danach habe ich wieder eine Woche frei." sagte er scherzend.
„Okay" sagte ich schlicht.
„Warte, was?" Harry sah mich an. „Ist das dein Ernst?"
„Haz, ich habe keine Verpflichtungen. Stacey ist es sowieso egal offensichtlich. Wieso also nicht? Ich muss mich zeitnah um das Sorgerecht kümmern, ein paar ruhige Tage woanders davor, das wäre doch schön!" erklärte ich ihm und zwinkerte ihm zu. „Hauptsache, irgendwo ruhig und warm."
Der Lockenkopf strahlte mich so sehr an, dass ich mich beinahe noch einmal in ihn verliebte. Ich grinste. „Also Urlaub?"
„Urlaub!"
Er küsste mich, dann schloss er die Augen und atmete tief durch.
„Ich würde dich ja umarmen, aber dein Kind hält meine Hand fest." murmelte er und ich sah zu Grace, die Harry's Zeigefinger in festem Griff hatte und dabei selig schlief. Ich lächelte sanft. „So fängt's an. Und schon bald lieg ich im Kinderbett."
„Naja, immerhin passt du bestimmt rein."
„Arsch." murmelte ich, lachte aber dennoch und schloss ebenfalls die Augen. „Schlaf gut, Hazza."
Ich hörte ihm förmlich an, dass er grinste. „Schlaf gut, Louboo."
„Ach du meine Güte..." murmelte ich und schüttelte den Kopf. „Du brauchst Schlaf. Bis morgen."
Ich hörte sein Lachen noch, dann wurde es ruhig im Schlafzimmer und nur wenige Minuten später driftete ich in einen tiefen Schlaf ab.

Als ich morgens aufwachte, lag Grace auf Harry's Brust und er hatte die Hand schützend um sie gelegt. Sie sah mich an und strahlte förmlich, dann quietschte sie auf.
Harry sah zu ihr und dann zu mir. „Guten Morgen!"
Ich grinste. „Guten Morgen Baby."
Er küsste mich, dann stand ich auf und schnappte mir Grace von seiner Brust und hob sie hoch. „Was wird das?" fragte er mich und ich musste lachen.
„Frühstück für das Monsterchen."

Ich ging in die Küche und Harry folgte mir. „Nenn sie nicht so. Sie ist eher ein Engelchen." Ich sah zu ihm, während ich die Flasche machte und grinste.
„Verteidigst du gerade meine Tochter?"
Er nickte. „Natürlich. Immer."
Ich lachte kopfschüttelnd. „Das wird furchtbar für mich, wenn sie erstmal älter ist."
Harry küsste meine Wange. „Wer plant denn da vor?" fragte er grinsend, dann sah er auf seine Uhr. „Ich gehe mich jetzt fertig machen, ich muss gleich los."
Ich lächelte ihn an und nickte, dann verschwand er im Bad.

Ich machte in der Zwischenzeit Grace fertig für den Tag, nachdem ich sie gefüttert hatte und setzte mich mit ihr im Wohnzimmer auf den Boden und spielte mit ihr.
Harry kam zu uns und war vollständig bekleidet. Ich sah ihn an. „Musst du los?"
Er nickte, hockte sich vor mich und küsste mich sanft. „Ich bin in drei Stunden wieder da. Dann planen wir den Urlaub, ja?"
Ich lächelte und nickte. Das klang super und ich freute mich darauf.
„Viel Spaß!" rief ich ihm noch nach, da war er bereits aus der Tür.
Lächelnd sah ich zu Grace. „Da waren's nur noch zwei."
Die Kleine quietschte und krallte sich lachend in meinen Pullover.

***

Eine Stunde später war Grace tief und fest eingeschlafen und ich hatte mir vorgenommen, die Vorräte zu überprüfen und eventuell mit ihr noch einkaufen zu gehen, solange sie nicht wach war.
Also ging ich an den Babyschrank, so nannte ich ihn jedenfalls. Es sah leerer aus als gedacht, ich müsste definitiv Milchpulver kaufen.
Ich wusste, der Alltag hatte mich wieder und ich hoffte, dass keine Paparazzi da waren. Doch es hatte online bereits die Runde gemacht, dass Harry vor meinem Apartment gesichtet wurde, weshalb ich ihm schrieb, dass er sich ein wenig vorsehen sollte. Sicherlich wimmelte es unten bereits vor den Journalisten.
Seine Antwort kam prompt.

H: Ich bin vorbereitet. Danke, Baby.

Ich lächelte, dann ging ich zu meinem Safe und gab den Zahlencode ein. Ich hatte immer Bargeld hinterlegt, um im Notfall etwas da zu haben. Meistens nutzte ich es auch für Einkäufe für Grace, so konnte ich im Blick behalten, wie viel so ein Kind kostete.
Und ich musste zugeben, es war mehr als ich gedacht hätte.
Ich griff in die Schatulle, doch sie war leer. Erschrocken suchte ich den ganzen Inhalt des kleinen Safe durch, doch von dem Geld fehlte jede Spur.
Ich wusste hundertprozentig, dass darin noch 950 Pfund sein mussten, denn ich führte akribisch eine Liste, seit Stacey bei mir wohnte. Nun wurde mir schlagartig eine Sache klar: Sie hatte mich bestohlen.

Ich wurde wütend. Gerade lief das Fass in mir über. Ich war so dumm gewesen, ihr Verhalten die ganze Zeit zu tolerieren, doch in mir kochte es förmlich, als mir wirklich bewusst wurde, dass Stacey mir Geld gestohlen hatte. Ich hatte keine Ahnung, woher sie den Code wusste, doch es konnte nur sie gewesen sein.
Schnell nahm ich mein Handy und rief sie an. Zu meiner Überraschung nahm sie den Anruf an.
„Hallo?"
„Hast du Geld aus meinem Safe genommen?" fuhr ich sie direkt an.
„Louis?"
„Wer sonst?! Stacey, hast du Geld genommen?"
Sie seufzte. „Das solltest du gar nicht merken. Ich hätte es Ende der Woche zurück gelegt."

„Bist du geisteskrank??! Wie kommst du dazu mir Geld zu klauen? Spinnst du jetzt völlig?" schrie ich beinahe und versuchte, mich zu kontrollieren.
„Louis, sorry! Ich geb's dir doch wieder! Jetzt entspann dich mal, du bist doch kein armer Schlucker!"
Ich schnaubte. „Ich will mein Geld wieder! Und du kannst schon mal nach Wohnungen suchen! Wenn du zurück kommst, schmeiß ich dich raus!" rief ich, legte auf und warf das Handy auf den Küchentisch.
Ihren prompten Rückruf ignorierte ich.
Meine Emotionen kochten über und plötzlich brannte eine Sicherung durch.

Mit schnellen Schritten ging ich in ihr Gästezimmer und öffnete die Schränke, zog alles daraus hervor und warf es wutentbrannt auf einen Haufen in der Mitte. Stacey konnte ihre Sachen aus dem Kleidercontainer fischen, wenn sie wieder kam, so viel war sicher.
Ich flippte förmlich aus, alle ihre Schränke entleerte ich und fluchte dabei unaufhörlich. Was bildete sie sich ein? Ungefragt Geld nehmen? Vermutlich versoff sie es gerade an einer Poolbar mit irgendeinem Geldsack oder einer ihrer magersüchtigen Freundinnen.
Ich war fertig mit ihr, endgültig. Sie sollte sich zum Teufel scheren und ich würde sämtliche Anwälte in England einschalten, um das alleinige Sorgerecht für Grace durchzuboxen, und wenn es mein ganzes Leben dauern würde.

In meiner Wut ging mir beim Werfen aus Versehen eine Dokumentenmappe auf und die Zettel flogen durch den Raum. Es hatte fast etwas Poetisches, wie sie andächtig auf den Boden glitten, beinahe hätte ich aufgelacht. Fluchend sammelte ich die Zettel ein und warf sie auf einen Stapel, bis mir ein Brief auffiel, der an sie und mich gemeinsam adressiert war. Er war von dem Labor des Krankenhauses, von dem wir den Vaterschaftstest hatten durchführen lassen. Ich wurde stutzig, denn er sah identisch aus zu dem Brief, den sie mir gegeben hatte kurz nach der Geburt. Sogar das Datum und das Aktenzeichen waren gleich.
Ich nahm ihn in die Hand und las ihn mir durch. Als ich jedoch realisierte, was darin stand, gefror mir das Blut in meinen Adern.

DNA Sequenzen stimmen nicht überein, die Vaterschaft ist zu 100% ausgeschlossen.

Ich sackte auf die Knie und starrte das Blatt in meiner Hand an. Grace war nicht meine Tochter. Ich war nicht ihr Vater.

How To Love Your Enemy | Larry StylinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt