8 - So lange ihr wollt

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[Louis]

„Du bist dir sicher, ja? Du möchtest wirklich nicht mit?" fragte mich Harry, der mit gepackter Tasche im Flur stand.
Ich nickte leicht. „Es tut mir leid..."
„Muss es nicht, Lou. Ich fühle mich nur nicht wohl dabei, dich allein zu lassen." gab er zu und musterte mich, sein Ausdruck war nach wie vor besorgt, es hatte sich auch seit gestern nichts daran geändert.

„Ich bin ja bei Lottie. Morgen fahre ich nach London zurück. Mach dir keine Gedanken." antwortete ich ihm, um ihn zu beruhigen. Er wirkte nicht überzeugt und nach wie vor beunruhigt.
Aber zu Anne zu fahren, kam mir zu viel vor. Ich wollte auf keinem Fall irgendjemandem zur Last fallen und bei Harry's Mutter mit einem Kind aufzutauchen, erschien mir nach einer immensen Last.
„Du rufst mich aber an, wenn etwas ist ja? Auch wenn du nur reden möchtest. Ruf immer an, egal wann."
Ich lächelte ihn an. „Versprochen."

Harry nickte und verließ das Haus. Ich lehnte mich gegen den Türrahmen und beobachtete, wie die Liebe meines Lebens von mir weg ging. Mein Herz wurde wieder ganz schwer.
Als er sich zu mir umdrehte, zog ich die Augenbrauen leicht zusammen.
Er stellte die Tasche neben dem Wagen ab, lief auf mich zu und legte die Hand an meine Wange. Augenblicke danach legte er seine Lippen auf meine und küsste mich zärtlich.
Ohne nachzudenken erwiderte ich sofort und schloss die Augen.
„Bitte verschwinde nicht wieder..." wisperte er gegen meine Lippen, bevor er sich wieder umdrehte, zurück zum Wagen ging und los fuhr, nachdem er eingestiegen war.

Ich sah ihm nach und schluckte, schon wieder standen mir die Tränen in den Augen, deshalb schloss ich schnell die Tür. Hinter mir stand Lottie und sah mich ernst an.
„Wieso nur lässt du ihn gehen?" fragte sie mich. „Weil ich ihn nicht verdient habe." gab ich ehrlich zu und es war wirklich, was ich dachte. Ich verdiente diese Liebe nicht, ich hatte alles vermasselt.

„Du liebst ihn, er liebt dich. Mein Gott Lou, lass doch endlich Glück zu! Du verdienst alle Liebe auf der Welt und wenn du sie von Harry bekommst, dann umso besser!" rief sie aus und sah mich bittend an.
„Du musst nicht so leben! Gracey muss nicht so leben!"

„Was meinst du damit?" fragte ich sie.
Lottie seufzte und schüttelte den Kopf. „Denkst du nicht, er würde dir helfen und das mit dir gemeinsam machen?"
„Das kann ich nicht verlangen." sagte ich sofort. Lottie nickte. „Das musst du auch gar nicht. Das macht er von allein."
„Du weißt nicht, wovon du redest..." sagte ich und ging in die Küche, nahm mir ein Glas Wasser und prüfte den Monitor des Babyfons. Grace schlief tief und fest.
Meine Schwester kam mir hinterher.

„Ach nein? Er ist hier aufgetaucht, völlig durch den Wind, krank vor Sorge, dass du dir was angetan hast, Louis!! Als ich ihm gesagt habe, dass du oben bist, ist er in Tränen ausgebrochen, er war erleichtert! Er hatte eine scheiß Angst um dich!" Sie wurde lauter und sah mich an, sie wirkte selbst aufgewühlt.
„Wir alle lieben dich und wir sind alle krank vor Sorge! Ich will nicht noch jemanden verlieren, Louis! Ich hab doch Mom schon verloren!" Sie fing an zu weinen, sah mich weiter an. „Du brauchst Hilfe, du gehst doch kaputt wenn du weiter so mit Stacey lebst!"

Als sie aufschluchzte, überbrückte ich den Raum zwischen uns und zog sie in meine Arme, drückte sie an mich. „Hör auf zu weinen. Ich werde mir nichts antun, Lottie..." sagte ich und sie schlang die Arme fester um mich.
Ihre Emotionen kochten offensichtlich über und ich fragte mich, wie lange sie dies schon zurück hielt.
Ich strich ihr über den Rücken, bis sie sich beruhigt hatte, dann sah sie zu mir hoch und ich wischte ihr die verlaufene Wimperntusche von der Wange.
„Das wird alles wieder, Lottie." flüsterte ich und sie nickte.
„Fahr zu ihm, Lou. Tu dir selbst den Gefallen."

Unschlüssig sah ich sie an und seufzte dann beinahe schon verzweifelt auf.
„Louis!" sagte sie ungehalten und ich sah sie an. „Du hast Sehnsucht nach dem Mann! Hol ihn dir verdammt noch mal!"
Unwillkürlich musste ich schmunzeln und sah sie an. „Was?" fragte sie mich gereizt.
„Du bist eine fantastische kleine Schwester. Danke, dass du mir immer die Meinung geigst, Lottie." sagte ich und umarmte sie.
Sie erwiderte und nickte, küsste meine Wange. „Und jetzt hau endlich ab!" murmelte sie.

***

Nur drei Stunden später hielt ich auf der Straße vor Anne's Haus und war ein nervliches Wrack. Es regnete in Strömen und natürlich hatte ich die Regenfolie vergessen, so konnte ich Grace also auch nicht schützen.
„Scheiße..." murmelte ich und war für einen Moment unschlüssig, was ich tun sollte.
Meine Tochter quengelte und ich seufzte leise, dann stieg ich aus dem Wagen, zog meine Jacke aus und öffnete die Tür, entsicherte den Kindersitz, legte meine Jacke schützend über über Grace und den Sitz, nahm sie heraus und lief eilig zum Hauseingang.
Innerhalb von Sekunden war ich durchnässt und das Shirt klebte an mir.
Ich drückte die Klingel und wartete nervös.

Die Tür ging auf und Anne steckte den Kopf heraus, als sie mich erkannte, riss sie die Augen auf. „Meine Güte, komm rein!" rief sie erschrocken und machte mir den Weg frei.
Ich trat ein und nahm die Jacke sofort von Grace weg, sah Anne an.
„Es tut mir leid dass ich einfach so reinplatze, Anne. Aber...Ich..." Plötzlich war ich sprachlos und sah sie unsicher an.
„Hör auf dich zu entschuldigen! Mein Gott, du bist ja klitschnass!" Sie sah Grace an. „Und du bist auch da, du kleine Maus!"

„I-ich musste die Jacke über Grace...Ich hab den Regenschutz vergessen." erklärte ich mich entschuldigend, doch Anne winkte sofort ab. „Ich hole dir ein Handtuch!"
Sie lief los. „Harry!" rief sie aufgeregt und ich hörte die Treppenstufen knarzen.
Wie ein begossener Pudel stand ich im Flur, Harry kam die Treppe runter und seine Augen wurden groß, als er mich sah.
„Lou..."

Mit einem Mal kamen mir sofort die Tränen geschossen und ich schluchzte auf. „Ich will einfach nur bei dir sein. Bitte lass mich bei dir sein, auch wenn ich es nicht verdiene, Haz, bitte. Es tut mir leid, so leid..." Ich wollte weiterreden, doch er überbrückte den Abstand zwischen uns und zog mich in seine Arme, presste seine Lippen auf meine und küsste mich fest.
Zittrig erwiderte ich sofort und legte die Arme um ihn.
„Mein Lou..." hauchte er gegen meine Lippen und ich konnte sehen, dass auch er Tränen in den Augen hatte.
„Kann ich bitte bei dir bleiben? Nur für heute, bitte?" fragte ich weinerlich und er nickte. „So lange ihr wollt, Lou."

So lagen wir uns in den Armen, bis Anne zurück in den Flur kam. Ich löste mich von Harry und sie kam zu mir und legte das Handtuch um meine Schultern, sah mich prüfend an und runzelte die Stirn.
„Du bist ja nur noch Haut und Knochen!" hauchte sie erschrocken.
Ich wurde rot und sah auf den Boden, dann zu Grace. „Ich muss sie rausholen, Moment..." Schnell wandte ich mich ab.

„Ich mache das." sagte Harry und blickte mich fragend an, als würde er auf meine Erlaubnis warten. Ich nickte ihm zu. „Okay..."
Er hockte sich hin und nahm Grace aus dem Kindersitz und in seine Arme. Sie gluckste zufrieden und sah ihn mit großen Augen an. Ich beobachtete das Ganze und ließ die beiden nicht aus den Augen. Es berührte mich, dass er so selbstverständlich mit ihr umging.

„Das Essen ist noch warm! Na komm!" Anne zog mich in die Küche, doch ich stoppte sie.
„M-Moment, meine Sachen sind noch im Auto, ich bin ganz nass."
Ich wollte hinaus gehen, aus der Situation flüchten, doch Harry unterbrach mich dabei.
„Ich gebe dir einen Pulli von mir. Komm mit hoch, dann kannst du dich umziehen." bat er mich.
„Ich mache nebenbei das Essen fertig!" sagte Anne und verschwand in der Küche.

Ich ergab mich und folgte Harry nach oben, wo er mir eine Jogginghose und einen Hoodie gab. Ich war dankbar, dass er mir einen Moment Ruhe geschenkt hatte, bevor ich mich Anne stellen musste. Er setzte sich auf das Bett und Grace saß bei ihm auf dem Schoß.
Unsicher begann ich mich auszuziehen. So in Unterwäsche vor ihm zu stehen, war ungewohnt und ich schämte mich, denn ich sah nicht mehr so aus, wie damals. Nichts daran konnte er anziehend finden.
Schnell zog ich mir die Kleidung an, sah zu ihm, erkannte den besorgten Blick.
„Du siehst mich immer an, als wäre ich ein Opfer..." flüsterte ich, weshalb er aufstand und zu mir kam, die Hand an meine Wange legte und mich eindringlich ansah.
„Den Eindruck will ich dir nicht vermitteln. Ich finde dich wunderschön. Ich mache mir nur Sorgen." erklärte er mir leise.

Ich sah hoch zu ihm und dann zu Grace, als diese die Arme nach mir ausstreckte.
Sofort nahm ich sie ihm ab, sah Harry entschuldigend an.
„Und das meine ich mit, das würde ich dir nie zumuten wollen." murmelte ich und küsste Gracey's Wange, sah Harry nicht mehr an und verließ das Zimmer um nach unten zu gehen. Er würde mich teilen müssen, mit dem Kind dass ich mit Stacey hatte. Ich war mir sicher, dass er das nicht wollen würde. Meine übliche Unsicherheit war zurück und ich fragte mich, was ich hier eigentlich tat.

How To Love Your Enemy | Larry StylinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt