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Mit einem Grinsen auf dem Gesicht sah ich von meinem Handydisplay auf und entschuldigte mich von Kika und Lily, die sich zwischenzeitlich zu uns gesellt hatte und ebenfalls die Freundin eines Fahrers war. Ich ging ein paar Schritte, bis ich außer Hörweite der anderen war und nahm den Anruf entgegen.

„Guten Abend, die Dame." Ich musste lachen als ich Landos Tonfall hörte, was ihm wohl ebenfalls ein belustigtes Schnauben entlockte. „Guten Abend, der Herr. Was verschafft mir so spät am Abend noch die Ehre?" „Ich war gerade bei einem Geschäftsessen und wollte fragen ob du Lust hättest noch was zu machen. Aber so wie es sich anhört, bist du schon beschäftigt." Er musste mit Sicherheit die Musik hören, die die Jungs mittlerweile laut aufgedreht hatten. „Ja, ich bin auf einer kleinen Party von einem Freund. Aber wenn ich gerade nicht mitten auf dem Meer festsitzen würde, wäre ich dabei gewesen." „Oho, eineYachtparty. Also hast du doch deinen Sugar Daddy mit einem großen Boot gefunden?" Ich konnte sein ansteckendes Lachen, welches sich schon richtig in mein Gedächtnis gebrannt hatte, durch die Leitung hören.
Es war unfassbar, wie sehr ich diese Menschen, den ich doch eigentlich kaum kannte, schon mochte. Die letzten Jahre hatte ich eine dicke Mauer um mich errichtet. Wahrscheinlich aus Angst Menschen zu schnell an mich ranzulassen und diese dann wieder zu verlieren. Neue Freunde brauchten eine Weile um wirklich, und nicht nur oberflächlich, zu mir durchzudringen und der eine Mann der es geschafft hatte meine Mauer zu bezwingen... Nun ja, das hatte nicht ganz so schön geendet.

„Hast du die nächsten Tage vielleicht mal Zeit. Ich schulde dir noch eine Lasagne. Und wir können dem ganzen Formel 1 Trouble etwas aus dem Weg gehen." Am anderen Ende der Leitung blieb es einen Moment lang still. „Ich muss die nächsten Tage relativ viel arbeiten. Kann ich dir vielleicht spontan Bescheid sagen?" „Klar, kein Problem. Ich denke ich werde über das Wochenende hier bleiben." „Du denkst?" „Ich hatte überlegt vielleicht nach Mailand zu gehen und mal nach dem Rechten zu sehen. Aber über das Wochenende arbeitet eh niemand." „Dann werde ich dafür sorgen, dass ich mir einen Abend freischaufle. Die ein oder andere Sache kann ich bestimmt schwänzen." Ich schmunzelte. „Das musst du nicht. Ich will nicht, dass du Probleme bei der Arbeit bekommst." „Quatsch. Das sind meistens nur Veranstaltungen mit ein paar reichen...äh...Kunden."
Lando hatte mir erzählt, dass er für McLaren hier in Monaco arbeitete. Unten in der Nähe des Hafens gab es einen Store, damit sich die Reichen und Schönen ihr neues Luxusauto gleich dort abholen konnten, wo sie auch damit gesehen wollen werden.
„Also, dann lasse ich die mal weiter Party machen. Und falls du wieder ein Taxi brauchst, weißt du ja wie du mich erreichen kannst."

Nachdem ich mich von Lando verabschiedet hatte lief ich wieder zu den Mädels, bei denen mittlerweile auch ihre Freunde und noch ein paar andere Leute saßen. Die meisten hatten sich zwar bei mir vorgestellt, aber mit Namen merken hatte ich es noch nie sonderlich. „Na, wer hat dir denn das dicke Lächeln ins Gesicht gezaubert.", fragte Kika als ich mich wieder neben sie setzte. Auf einen Schlag wurde ich rot, weil nun alle Blicke auf mir lagen, aber bevor ich auch nur darüber nachdenken konnte was ich sagen sollte, mischte sich Charles ein, der plötzlich ebenfalls aufgetaucht war. „Unsere liebe Chloé hat einen heimlichen Verehrer, von dem sie uns aber nichts erzählen will, weil sie Angst hat, dass Arthur und ich ihn verschrecken könnten." Ich schlug ihm auf den Arm, was den Rest der Runde zum lachen brachte. „Woher kennst du Charles eigentlich? Ihr scheint euch nahe zu stehen." Einer der Jungs, ich glaube er hieß Max, sah mich fragend an. „Wir sind praktisch zusammen aufgewachsen." Der Teil, dass mein Bruder sein Patenonkel war ließ ich aus. Das musste nicht jeder wissen. Vor allem weil hier in der Runde dann jeder Bescheid wüsste und auf die Fragen hatte ich keine Lust.
„Hätte man dich dann nicht schonmal bei einem Rennen sehen müssen?" Ich zuckte lediglich die Schultern. „Ich hatte die letzten Jahre wenig Zeit für Privates und ich bin auch nicht der größte Fan.", flunkerte ich etwas und sah der Reihe in die geschockten Gesichter der Fahrer, die aussahen als hätte ich sie alle persönlich beleidigt.

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Gestern Abend war ich zusammen mit Charles und Arthur zu meinem Apartment getorkelt. Die beiden hatten sich heute Nacht selbst bei mir einquartiert, weil ich am nächsten am Hafen wohnte und wir alle den ein oder anderen Drink zu viel hatten.
Es hatte einiges an Arbeit gekostet Charles, der friedlich vor sich hin schnarchend, zusammen mit Arthur auf meinem Sofa lag, wach zu bekommen. Dem Jungen sah man den Kater auf einen Kilometer Entfernung an. Wenn das mal keinen Ärger mit den Ferrari-Leuten gab.
Ich stellte ihm eine dampfende Tasse Kaffee und ein Glas und Aspirin vor die Nase und setzte mich ihm gegenüber hin, während Arthurs Schnarchen noch immer von der Couch aus bis zu uns durchdrang.

Ich hatte mit den schlimmsten Erwartungen und Befürchtungen die Yacht von Charles betreten, war aber im Endeffekt sogar froh darüber, mitgegangen zu sein. Mit den Mädels verstand ich mich richtig gut und auch die Jungs schienen ganz in Ordnung zu sein.
Ich glaube es war Charles Plan, mir die Formel 1 wieder näher zu bringen. Er würde mich zwar nie zu irgendetwas zwingen oder überreden, aber mir war klar, dass er wollte, dass ich wieder ein größerer Teil von seinem Leben wurde. Und da gehörten die Rennen nunmal irgendwie dazu. Ob live im Paddock oder nur vor dem Fernseher war egal. Er wollte nur auch mit mir wieder mehr darüber reden können. So wie wir auch früher über die Rennen diskutiert hatten. Nur mit dem Unterschied, dass er dieses Mal selbst in eine, der Autos saß.

„Charles?" „Hm?" Verschlafen sah er von seinem Kaffee auf. „Meinst du, du kannst mir noch einen Paddock-Pass für das Rennen besorgen?" Überrascht riss er die Augen auf und schien mit einem Mal stocknüchtern und hellwach zu sein. „Ist das gerade dein Ernst?" Entschlossen nickte ich. „Wenn nicht, kann ich auch von meinem Balkon aus zuschauen. Aber ich glaube es ist Zeit."

Was konnte denn schon schief gehen?

racing hearts - LN4Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt