t w e n t y e i g h t

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"Mein PR-Team bekommt wahrscheinlich gerade die Kriese." Ich saß neben Lando in einem abgesperrten Bereich des Flughafens und sah ihm dabei zu, wie er stirnrunzelnd auf seinem Handy herum tippte.
Überall auf Social Media waren Bilder von Lando zu finden. Eins wie er gerade ausholte, eins wie seine Faust im Gesicht des Typen in der Bar landete. Dann noch welche wie er ihn ansah als würde er ihn wirklich gleich umbringen wollen und mich anschließend in den Personalraum zog.

Helfen konnte man also nicht, aber sobald ein Promi auftauchte konnte man die Kamera draufhalten. Wie kaputt war die Welt eigentlich?

"Tut mir wirklich leid, Lan." Ruckartig sah er mich an und runzelte noch immer die Stirn. "Warum entschuldigst du dich denn jetzt?" "Naja, ohne mich wär das nicht passiert." Lando schüttelte den Kopf und legte seine Hände an meine Wangen. "Mir scheißegal was da durch die Medien geht und was irgendwelche Leute denken. Ich würde es jedes Mal wieder genauso machen. Du bauchst dich für absolut nichts entschuldigen. Verstanden?" Eindringlich saß er mich an und ließ erst von mir ab als ich ergeben nickte. Ein schlechtes Gewissen hatte ich dennoch. Das hätte alles nicht sein müssen, vor allem nicht jetzt vor seinem Heimrennen.

"Na, Rocky? Ich sehe unsere Boxeinheiten haben sich gelohnt." Lando sah den Mann der auf uns zu kam mit zusammengekniffenen Augen an. "Hey Chloé, schön dich wieder zu sehen." Jon lächelte mich breit an, während er seinen Schützling an den Schultern packte und etwas durchschüttelte. Lando hatte uns in Spielberg einander kurz im Hotel vorgestellt, aber viel Zeit zu reden hatten wir nicht.
"Nicht witzig, Jon. Die PR-Leute werden mich umbringen." "Hast du bis jetzt schon was von denen gehört?" Lando schüttelte den Kopf und sah zu Jon auf. "Dann ist es bestimmt halb so wild. Du weißt wie schnell die sonst auf der Matte stehen würden. Außerdem finde ich das Image gar nicht mal so schlecht. Du rettest sie vor einem übergriffigen Typen. Es gibt deutlich schlimmere Schlagzeilen." Der junge Brite schien kurz zu überlegen, nickte dann aber. Wenn man es so sah, hatte Jon schon recht.

Wir redeten noch ein paar Minuten, ehe wir von einem Shuttel abgeholt und zum Flugzeug gebracht wurden. Lando war der erste, der in den Privatjet von McLaren kletterte und hatte es sich bereits bequem gemacht, als ich auch an Board kam. Er zeigte auf den Sitz gegenüber von ihm und sah mich lächelnd an.
Jetzt tatsächlich auf dem Weg nach Silverstone zu sein, trieb meine Angst wieder etwas in die Höhe.

Mir war bewusst, dass ich diese Angst wahrscheinlich nie ganz los werden würde. Dafür war sie viel zu tief verankert und die Wunden würden nie ganz heilen.
Trotzdem merkte ich, wie es mir mit der ganzen Situation immer besser ging und darüber war ich unendlich froh. Wenn es nicht so wäre, würde es dir ganze Sache zwischen uns deutlich erschweren.

Als würde Lando schon wieder bemerken, dass mich etwas beschäftigte, fing er an herumzublödeln, Grimassen zu schneiden und Bilder von mir zu schießen.
"Schon mal darüber nachgedacht für deine eigenen Kleider zu modeln?" Lachend schüttelte ich den Kopf. "Das überlasse ich lieber den Profis." Daraufhin sprang der Brite von seinem Sitz auf und begann den schmalen Gang auf und ab zu stolzieren. "So wie mir etwa?" "Klar. Ich hab doch schon mal gesagt, dass ich die auf jeden Fall für meine erste Herrenkollektion buchen werde." Mit einem zufriedenen Grinsen nickte er, posierte noch ein letztes Mal und ließ sich dann wieder in seinen Sitz plumpsen. Sein Trainer beobachtete die Situation nur mit einem belustigten Kopfschütteln und konzentrierte sich dann wieder auf das iPad vor seiner Nase.

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Ich hatte so ziemlich den ganzen Tag im Hotelzimmer verbracht, während Lando von einem Termin zum nächsten hetzte. Immerhin war es sein Heimrennen, da wollte jeder ein Stück von ihm abhaben. Und dass sein Management alle Termine auf heute gelegt hatte, machte seinen Stress nicht geringer.
Ich hatte ehrlich gesagt nicht mal bemerkt, wie er sich heute morgen aus dem Zimmer geschlichen hatte. Aber als ich aufgewacht war, war seine Seite des Bettes leer und nur ein kleiner Zettel erinnerte noch an den jungen Briten.

racing hearts - LN4Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt