„Die Entwürfe sind unglaublich." Lando sah fasziniert auf meinen Skizzenblock, der noch auf dem kleinen, runden Tisch auf meinem Balkon lag und nahm ihn behutsam in die Hand, so als könnte er irgendetwas daran kaputt machen.
Ich lächelte leicht als mein Blick ebenfalls auf das Papier fiel und ich die geschwungenen Linien des Kleides darauf betrachtete.
Für die Kleidung in meinen Shops, die die man auch im Alltag tragen konnte, hatte ich mittlerweile zwei Designer, die mir vieles abnahmen. Aber an meine geliebten Kleider, mit denen alles begonnen hatte, lies ich niemanden ran. Wenn ich es einrichten konnte nähte ich sie sogar selbst, was aber in letzter Zeit auch zunehmend schwerer wurde.
„Danke. Das war ein Kleid für die Oscars dieses Jahr. Und das hier für die Met Gala Anfang des Monats.", erzählte ich stolz, als Lando die einzelnen Seiten ansah.
„Du bist wirklich unglaublich talentiert. Bei deiner nächsten Modenschau will ich einen Platz in der ersten Reihe." Grinsend richtete sein Blick sich auf mich und mein Atem stockte für einen Moment. Ich hatte gar nicht bemerkt wie nahe wir uns gekommen sind, während wir beide auf die Skizzen gesehen hatten. „Ich denke das lässt sich einrichten." Mehr als ein Flüstern brachte ich nicht zustande.
Auch er schien sich der Situation in der wir gerade waren, bewusst zu werden. Er schluckte einmal schwer und seine Augen huschten immer wieder kurz zu meinen Lippen. Ich war mir sicher, es wäre zu einem Kuss gekommen und ich wäre absolut bereit dazu gewesen.Wenn in diesem Moment nicht sein Handy geklingelt hätte.
Er stöhnte frustriert. „Da muss ich kurz ran, sorry." Ich lächelte lediglich „Schon okay, ich schau schonmal nach der Lasagne." Ich schlüpfte durch den schmalen Spalt der Gläsernen Balkontüre und lief in die Küche, um ihm etwas Privatsphäre zu geben.
Mein Herz schlug mir noch immer bis zum Hals und mein Atem ging nur stoßweiße.
Ich stützte mich an meiner Küchentheke ab, senkte den Kopf und versuchte mich zu beruhigen.Was hatte dieser Junge nur mit mir angestellt?
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Ich wachte auf, weil mein linker Arm eingeschlafen war. Verwirrt sah ich mich um, bis ich merkte, dass ich noch auf meinem Sofa lag. Der Fernseher flimmerte noch immer vor sich hin und durch die Fensterfront konnte ich erkennen, dass langsam die ersten Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke brachen und mich im Gesicht kitzelten.
Ich wollte mich gerade aufsetzten um noch ein paar Stunden ins Bett zu gehen, aber ich wurde von etwas daran gehindert. Und dieses Etwas war der Arm von Lando, der um meine Taille geschlungen war. Der Junge Mann gab im Schlaf ein paar mürrische Laute von sich als ich mich versuchte aus seinem Griff zu lösen und zog mich nur noch enger an sich. Mist, er war stark.Während ich also so da lag, unfähig aufzustehen und noch immer mit einem eingeschlafenen Arm, dachte ich an die letzten Stunden zurück und überlegte wie es soweit kommen konnte. Nach dem Fast-Kuss hatten wir Lasagne gegessen und uns über Gott und die Welt unterhalten. Er erzählte mir etwas von seiner Kindheit in England und seinen Geschwistern, ich erzählte ihm, dass mich erst der Tod meines Bruders dazu gebracht hatte nach Italien zu gehen und schlussendlich auch Modedesign zu studieren.
Ich glaube Lando hatte glücklicherweise gar nicht richtig auf dem Schirm, wer ich war. Wüsste er meinen Nachnamen und würde eins und eins zusammensetzten, könnte er gut darauf kommen, dass Jules mein Bruder war.
Irgendwann würde ich es sagen, nur eben noch nicht jetzt.Nach dem Essen saßen wir noch etwas auf meinem Balkon und beobachteten das Treiben auf den Straßen unter uns, bis es dann doch irgendwann etwas frisch wurde. Anstatt zu gehen, hatte Lando es sich allerdings auf meinem Sofa bequem gemacht und stöberte kurz danach durch das Angebot von Netflix.
Irgendwann mussten wir wohl eingeschlafen sein und, obwohl wir davor einen kleinen Sicherheitsabstand hatten, war ich jetzt an ihn gekuschelt aufgewacht.
Ich versuchte mich etwas in seinen Armen zu drehen und sah auf sein friedliches Gesicht. Auf seinen Lippen schien ein leichtes Lächeln zu liegen und eine braune Locke hing ihm wirr in die Stirn. Sein ruhiger Atem und der gleichmäßige Herzschlag, den ich unter meinen Fingern spüren konnte, beruhigten mich. Ich war kurz davor wieder wegzunicken, als Landos Handy wieder einmal die Stille durchbrach.
Murrend, mit noch immer geschlossenen Augen und ohne mich loszulassen, tastete er danach. „Was?" Oh Gott bei dieser Morgenstimme konnte man schwach werden.
Wieder versuchte ich mich etwas aufzurichten und schaffte es dieses Mal sogar. Ich fuhr mir durch die zerzausten Haare und sah Lando in die Augen. Ich konnte nicht wirklich deuten, was in seinem Blick lag, aber dem frechen Grinsen nach zu urteilen, hatte er kein Problem mit unserer Schlafsituation gehabt.
Entspannt hörte er der Person am anderen Ende der Leitung zu, riss aber nur Sekunden später geschockt die Augen auf, sprang vom Sofa und schien mit einem Schlag hellwach zu sein. „Fuck!" Ohne ein weiteres Wort legte er auf und flitzte durch meine Wohnung um seine Sachen zusammen zu sammeln.
Verwirrt und definitiv noch nicht ganz auf der Höhe stand auch ich auf und sah ihm dabei zu wie er in seine Schuhe schlüpfte. „Ich hab gestern nicht geplant einzuschlafen." Er wuschelte sich kurz durch die Haare. „Eigentlich müsste ich schon seit fünf Minuten in einer Besprechung sitzen." Entschuldigend sah er mich an und war schon beinahe aus der Haustüre verschwunden, streckte aber nochmal seinen Kopf rein.
„Unseren ersten Morgen zusammen hab ich mir anders vorgestellt. Ich mach's wieder gut, versprochen!"Verdutzt blieb ich in meinem Eingangsbereich stehen und starrte bestimmt noch fünf Minuten auf die Tür durch die der junge Mann gerade verschwunden war. Seine Worte sickerten nur langsam in mein Gehirn ein, aber als ich realisiert hatte was er gesagt hatte, bildete sich ein fettes Grinsen in meinem Gesicht. Er hatte sich schon mal unseren ersten gemeinsamen Morgen vorgestellt?
Mit so einer guten Laune war ich tatsächlich schon länger nicht mehr in den Tag gestartet. Eigentlich war ich ein Morgenmuffel wie er im Buche stand und vor meiner ersten Tasse Kaffee war ich für gewöhnlich für nichts zu gebrauchen.
Voller Motivation und mit meinem Frühstück und dem Skizzenblock bewaffnet setzte ich mich auf den Balkon und machte mich an die Arbeit. Ich hatte noch ein paar Aufträge zu erledigen und Emilia, meine Assistentin, hatte mir gestern auch noch eine Anfrage weitergeleitet die interessant klang.
Es dauerte nicht all zu lange, bis unter mir die ersten Motorengeräusche lauter wurden. Ich spähte über das Geländer meines Balkons und sah ein paar Rennautos an mir vorbei flitzen. Sah nach Formel 3 aus, wenn ich das nach all den Jahren noch richtig beurteilen konnte. Manche Menschen würden vermutlich töten für den Ausblick der sich mir gerade bot. Ich konnte einfach aus meiner Wohnung heraus dem Renngeschehen zuschauen.
Noch ging mein Puls nicht in die Höhe während ich immer wieder nach unten sah. Das würde sich wahrscheinlich erst bei der Königsklasse ändern. Aber vielleicht war es tatsächlich nicht mal die schlechteste Idee das letzte Training und das Qualifying von hier oben zu beobachten.So konnte ich morgen immer noch kneifen, wenn es mir jetzt schon zu viel wurde.
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racing hearts - LN4
FanfictionNach dem Unfall ihres Bruders hatte Chloé es erfolgreich geschafft der Welt der Formel 1 jahrelang den Rücken zu kehren. Zumindest bis zu dem Tag an dem plötzlich dieser Unbekannte junge Mann vor ihr steht, der ihr Herz zum rasen bringen wird.