SIEBZEHN

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Nia hatte den Kopf gegen die Fensterscheibe des Autos gelehnt und beobachtete wie die Landschaft an ihr vorbei zog. Was sie nicht bemerkte, war wie Red sie heimlich aus dem Augenwinkel betrachtete, während er gleichzeitig versuchte sich auf die Strasse zu konzentrieren.

Einige Meter vor ihnen fuhr der Laster mit den anderen Mädchen und Nia fragte sich andauernd, ob mit Lucy und den anderen alles in Ordnung war. Sie wandte ihren Kopf zu Red, der auf der Stelle seinen Blick wieder auf die Strasse richtete.

"Wie lange fahren wir  noch?"

Red sah nicht zu ihr, er starrte bloss auf die Strasse.

"So lange wir noch fahren."

Nia verdrehte die Augen und am liebsten hätte sie ihn geschlagen, aber sie tat es nicht.

"Sehr witzig. Wie viele Stunden, Minuten, Sekunden?"

Red verkniff sich ein Grinsen.

"Noch etwa eine dreiviertel Stunde. Dann sollten wir dort sein."

Sie nickte und lehnte ihren Kopf wieder gegen die Fensterscheibe. Die Landschaft zog an ihnen vorbei und Nia hätte nichts lieber getan, als sie festzuhalten, aber es entglitt ihr alles.

Bereits die ganze Fahrt hindurch verfolgte sie Bilder aus ihrer Kindheit. Wie Lucy und sie im Haus herum gerannt waren und dabei gelacht hatten. Sie waren so laut, dass ihre Mutter sie aufgehalten hatte und sagte, sie sollen leiser sein, doch kurz darauf war sie mit ihnen durchs Haus gerannt.

Ihr Vater der ihr aufgeschürftes Knie küsste, nachdem sie zum hundertsten Mal vom Rad gefallen waren. Sie dachte daran, wie Sheila und sie sich am ersten Schultag kennen gelernt hatten und auf der Stelle Freundinnen wurden. Sie erinnerte sich an all die Träume, die sie hatte und an all das, was sie noch erreichen wollten.

Doch das alles waren nur bloss noch Erinnerungen. Nichts würde je wieder so sein wie es einmal war. Sie würde nie wieder die sein, die sei einmal war. Die Vergangenheit war jetzt wirklich die Vergangenheit.

Red neben ihr wagte es nicht mehr sie anzusehen. Er hasste es in ihrer Nähe so schwach zu sein, doch noch weniger wollte er sie nicht bei sich haben. Auf einmal hörte er sein Handy klingeln und ging ohne zu zögern ran.

"Was gibt's?"

"Ihre Schwester ist am Durchdrehen. Denkt, wir hätten sie zurück gelassen."

Red schnaubte verächtlich und warf einen Seitenblick auf Nia. Diese verfolgte neugierig das Gespräch und man konnte ihr ansehen, dass sie unbedingt mit ihrer Schwester sprechen wollte. Hören wollte, dass es ihr gut ging.

"Hol sie ans Telefon, Pacho."

Pacho sagte zwar nichts, aber man spürte das er zögerte, doch dann hörte man einige Schritte und dann Lucys Stimme.

"Nia? Nia, bist du da?"

Red grinste leicht.

"Nein, aber die sitzt neben mir. Willst du sie sprechen?"

Lucy antwortete ohne zu zögern.

"Ja!"

Red verdrehte die Augen, reichte aber Nia das Telefon. Sie griff gleich danach und drückte sich den Hörer ans Ohr.

"Lucy? Geht's euch gut?"

Lucy atmete erleichtert aus.

"Gott, sei Dank. Ja, uns geht's gut. Ich dachte, die hätten dich dort gelassen!"

Nia lachte leicht und sah aus dem Augenwinkel zu Red.

"Nein, haben sie nicht. Und selbst wenn sie mir erlaubt hätten zu bleiben. Ich wäre dennoch mit gekommen. Ich lass dich nicht zurück."

MONSTERS - Let The Game BeginWo Geschichten leben. Entdecke jetzt