Es war ungewöhnlich still im Zimmer, obwohl bereits alle wach waren. Allerdings wollte keine ein Wort sagen, geschweige den etwas denken. Der Schock und der Schmerz der vergangenen Nacht lagen noch immer erdrückend über ihnen. Nia hielt die Stille nicht mehr aus und stand auf. Lucy sah zu ihr.
"Was hast du vor Nia?"
Nia schüttelte den Kopf und sah aus dem Fenster in den Wald.
"Ich muss hier raus. Auch wenn es nur für eine Minute ist. Ich will nur noch einmal den Wind in meinen Haaren spüren. Ein allerletztes Mal." Sie wandte sich ihrer Schwester zu. "Verstehst du, was ich meine?"
Lucy nickte, sah sie aber traurig an.
"Egal wie sehr du bettelst. Sie werden es dir nie erlauben. Also lass es sein, Nia."
Doch Nia wollte nicht einfach so aufgeben. Sie ging zur Tür und alle anderen sahen ihr geschockt nach. Vorsichtig klopfte sie, ehe sie noch einmal etwas kräftiger gegen die Holztür schlug.
"Ist da einer? Bitte, ich hab ne Frage!"
Sie wartete. Atemlos, unsicher, nur auf ihren Herzschlag achtend. Plötzlich wurde die Tür aufgerissen und der Junge mit den braunen Locken stand vor ihr. Wie war schon wieder sein Name? Sie dachte kurz nach, aber er viel ihr nicht ein.
"Was willst du, Kleine?", wollte er von ihr wissen.
Nia schluckte kurz und spürte die abwartenden Blicke der anderen Mädchen auf sich.
"Wen muss ich bestechen, wenn ich nur für eine Minute raus will?"
Ihre Stimme war fester als sie dachte und sie hatte etwas selbstbewusstes. Der Junge - genau, Pacho war sein Name, fiel es ihr wieder ein - zog eine Augenbraue hoch und fing an laut zu lachen.
"Du willst raus?! Wieso sollten wir dich raus lassen?"
Nia schnaubte wütend und antwortete etwas zu laut: "Für wie dumm hältst du mich? Ich hab nicht vor wegzulaufen! Bevor ich ..."
Aus dem Augenwinkel sah sie, wie eine Tür geöffnet wurde und Red stand im Raum.
"Was ist hier los?"
Pacho drehte sich zu ihm mit einem breiten grinsen im Gesicht.
"Die Kleine hier will für ne Minute raus. Aber ..."
Red sah ihn durchdringend an und zuckte mit den Schultern.
"Dann lass sie. Behalt sie einfach im Auge und wenn sie abhaut, bist du daran schuld."
Pacho sah ihn nicht weniger geschockt an als Nia und hinter ihr begann ein leises Flüstern.
"Aber wieso?", wollte Pacho von seinem Boss wissen.
Red machte einen Schritt auf ihn zu und packte ihn am Kragen.
"Ich tu jetzt einfach einmal so, also ob du das Recht hättest mir diese Frage zu stellen. Im Gegensatz zu den anderen hatte sie den Mut zu fragen und sie scheint nicht dumm zu sein." Er wandte seinen Blick Nia zu. "Und sowieso. Wenn ihr hinten raus geht, behalte ich euch im Augen und ich hab keine Skrupel dich zu erschiessen, falls du versuchst abzuhauen!" Er liess Pacho los und öffnete die Tür Richtung Küche. "Los jetzt! Bevor ich es mir anders überlege!"
Sie wollte raus. Sie wollte wirklich noch einmal den Wind in ihren Haaren spüren, aber dass es ihr erlaubt wird, hätte sie nie gedacht. Da sie sich nicht von selber rührte, packte Pacho sie am Arm und zog sie durch die Küche nach Draussen. Red stand im Türrahmen.
"Zwei Minuten. Keine Sekunde mehr.", dann machte er auf dem Absatz kehrt und sie sah ihn nicht mehr.
-
DU LIEST GERADE
MONSTERS - Let The Game Begin
Mystery / Thriller«Eine letzte Träne lief Nia über die Wange und sie wischte sie nicht weg, sondern lies sie trocknen. Es war nicht einfach die letzte Träne für die nächste Stunde oder den ganzen Tag. Nein ... Es war die letzte Träne für eine weitaus längere Zeit. Es...