Kapitel 205

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„Fini, kannst du bitte noch die Platte mit den Plätzchen zum Buffet tragen!" Jasmin reichte ihrer Tochter den großen Porzellanteller, auf dem sich die selbstgebackenen Weihnachtskekse stapelten. „Die sind uns gestern echt gut gelungen." Ja, am gestrigen Nachmittag hatte sie zusammen mit ihrer großen Tochter, Lulu und Dani gebacken. Es war so lustig gewesen. Das Kichern hatte die Küche erfüllt. Nach einer kleinen Mehlschlacht hatten die  Geschwister sich beim Dekorieren fast duelliert. Zum Schluss hatte jedenfalls jede der drei Nasen bunten Zuckerguss an der Nasenspitze gehabt. So hatte Jasi sich das schon immer gewünscht und nun war es Wirklichkeit geworden.   „Ein Wunder, dass überhaupt welche übrig geblieben sind, so wie Lulu die weggefuttert hat." Delphie nickte nur zustimmend und nahm ihr die Platte ab. Jasmin schaute ihrer Tochter sorgenvoll hinterher. Was war nur mit ihr los? Seit der Veranstaltung für das Einzigartig war sie total verändert. Sie war irgendwie maulfaul und in sich gekehrt. Hatte das Ganze sie doch in ein tiefes emotionales Loch gerissen? So wie sie es befürchtet hatte? Ja, Jasi hatte von Anfang an die Sorge, dass bei ihrer Tochter durch das Tanzen wieder alte Wunden aufrissen, die alle gerade so schön abgeheilt waren. Sie war doch so positiv gewesen. Verflucht, warum hatte sie nicht doch mehr insistiert und dafür gesorgt, dass Delphie den Auftritt nur auf die Kinder beschränkte? Sie als Mutter hätte den Überblick bewahren müssen. Aber da halfen jetzt alle Vorwürfe auch nicht mehr. Sie musste sich ganz schnell etwas einfallen lassen, um ihrer Tochter zu helfen. Und diesmal würde sie sich auch nicht davor scheuen, wenn nötig auch psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen. „Was schaust du den so besorgt?" Leokardia, ihre älteste Tochter musterte sie und folgte dann ihrem Blick. „Ist was mit Fini?" Jasi zuckte mit ihren Schultern. „Ich weiß nicht, sie ist irgendwie so ruhig." Leokardia begann zu grinsen. „Das ist doch kein Wunder nach dem, was sie da letzte Woche auf die Beine gestellt hat. Das muss ja auch erst einmal sacken." Ja okay, das war möglich, aber..... „Soll ich mal so von Schwester zu Schwester mit ihr reden?" Auch wenn das vielleicht irgendwie feige war, nickte Jasi. Die beiden hatten so einen guten Draht zueinander entwickelt. Vielleicht war es nicht verkehrt, wenn Leo da erst einmal vortastete, bevor sie  aus einer Mücke einen Elefanten machte. „Hast du noch etwas, was zum Buffet muss? Dann nehme ich das gleich mal in Angriff." Jasi drückte ihrer Tochter eine Schale mit Marzipankartoffeln in die Hand. „Man, jetzt guck nicht so. Ich klär das." Mit einem Zwinkern verschwand Leo aus der Küche und Jasi schickte all ihre Hoffnung mit. Nein, Fini brauchte wirklich nicht schon wieder Probleme, wo sie doch gerade ihre Pläne für die berufliche Zukunft gemacht hatte. 
„Na,Fini was geht ab?" Leokardia war zu ihrer Schwester an das Buffet getreten. „Graffitis schon mal nicht", kam die emotionslose Antwort. Normal wäre zumindest ein Kichern gewesen.„Du siehst echt süß aus in dem Weihnachtspulli." Ja, der Pulli mit dem Weihnachtsbaum darauf, an dem lauter kleine Lichter bunt leuchteten stand ihr echt super. Zumindest darauf erwartete sich Leokardia ein geschmeicheltes Grinsen von ihrer Schwester. Wieder Fehlanzeige! Okay, hier war wirklich etwas im Busch. Da hatte ihre Mutter recht. Die Frage war nur was. Aber das würde Leokardia gleich herausfinden. „Was ist los mit dir?" Okay, das war nicht besonders subtil. Aber für Subtilität hatten sie gerade keine Zeit, denn es war nur eine Frage der Zeit bis die ersten Gäste klingelten und bis dahin wollte Leokardia das geklärt haben. „Was soll mit mir los sein?" Delphine schaute ihre Schwester mit Schulterzucken an. Ja, was war mit ihr los? Vielleicht war sie ein ganz kleines bisschen enttäuscht, dass Sascha ihr nicht einmal zu ihrem erfolgreichen Auftritt gratuliert hatte. Er hatte lieber mit dieser dämlichen Kuh mit der knubbeligen Hakennase zusammen geklebt. Alle anderen hatten sie gefeiert und er hatte sie nicht einmal eines Blickes gewürdigt. Das hatte sie nicht erwartet. Ja, was hatte sie erwartet? Vielleicht, dass er ihr sagte, wie stolz er auf das war, was sie da gestemmt hatte. Sie hatte sich so gewünscht, dass er nur einmal zu ihr kam, sie umarmte und ihr sagte, wie stolz er auf sie war. Aber das war scheinbar zu viel erwartet. Sie war halt nur seine kleine Cousine. Nicht mehr und nicht weniger. Trotzdem.... „Bringt Sascha heute wieder diese olle Zicke vom BVB mit?", platzte es aus ihr heraus. Was für eine überflüssige Frage. Natürlich würde er seine Freundin mitbringen. Was schaute sie Leokardia denn so dumm an? „Du meinst Nina?" Delphine nickte. Gab es in dem Verein etwa noch mehr olle Zicken? „Warum sollte er die denn mitbringen?" Man, stand Leokardia echt so auf dem Schlauch? „Na, weil es seine Freundin ist." Wo hatte ihre Schwester bitte ihre Augen, wenn sie das noch nicht mitbekommen hatte. „Wie kommst du denn darauf?" Leokardia fing an zu lachen. Was war daran bitte so komisch. „Na, warum sollte sie sonst ihren Pullover in seinem Auto vergessen?"  „Da gibt es eine Menge Gründe für." Leokardia lachte. „Was ist daran so komisch?", knurrte Delphine. „Vielleicht, dass du da so drauf reagierst." Leokardia zog ihre Augenbrauen hoch. „Könnte es sein, dass da jemand vielleicht in Saschi verschossen ist?" Es klingelte an der Tür. Erleichtert atmete Delphine auf, denn das bewahrte sie davor, eine Antwort geben zu müssen. „Ich gehe dann mal aufmachen." „Nichts da. Da findet sich schon jemand anderes. Wir beiden gehen jetzt in dein Zimmer und reden mal eine Runde Klartext." Delphine ließ ihren Kopf hängen. Na super! Das hatte ihr ja gerade auch noch gefehlt. „An Weihnachten ist nämlich keine Zeit für Liebeskummer", zwinkerte ihr ihre Schwester zu und zog mit ihr die Treppe hinauf. So sehr sie Leokardia auch liebte, im Moment wünschte sie sie und ihre gute Laune zum Mond.

Schuss und Treffer Tanz mit dem Ball Fortsetzung   Teil 15  ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt