Kapitel 217

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„Und du meinst, das funktioniert wirklich?" Sascha schaute zu seinem Beifahrersitz, auf dem Benny saß, ehe sein Blick zu dem dunklen heruntergekommenen Ladengeschäft schaute, vor dem sie parkten. Sein Blick wanderte weiter. Also mit dem Wort anheimelnd würde Sascha die Gegend hier nicht umschreiben. Okay, die Hafengegend hatte sowieso nicht den besten Ruf......aber so im Dunklen wirkte sie irgendwie noch weniger vertrauenserweckend. Im Moment war er gerade ziemlich dankbar für die automatische Türverriegelung seines Autos. „Paul hat gesagt, er kommt. Also kommt er auch. Du bist nur viel zu schnell gefahren und deshalb ist er noch nicht hier." Benny schien felsenfest überzeugt von seinem Kumpel, obwohl sie bereits zehn Minuten hier warteten. Okay, mit dem zu schnell fahren hatte der Kleine vielleicht recht. Ja, er hatte es ziemlich eilig gehabt, hierher zu kommen. Hoffentlich hatte da nirgends eins von diesen mobilen Fotostudios gestanden. Quatsch, die hatten heute bestimmt auch Weihnachtsfeier. Und außerdem, wenn nicht, musste er eben bezahlen. Es gab ja wichtigeres, was ihm jeden Cent, den er zahlen musste, wert war. Schon alleine der Gedanke an Delphie ließ seinen Puls in die Höhe schnellen. Ihn hatte es echt volles Rohr erwischt. So aus dem nichts. Das war irgendwie wie in diesem alten Lied von Klaus Lage, das seine Oma immer hörte. Tausendmal berührt....ja, irgendwie war das bei ihm und Delphie genauso. Ein paar Scheinwerfer bogen um die Ecke. Na hoffentlich war das keine Polizeistreife, die gleich anhalten und ihn fragen würde, was er hier tat. Ehrlich gesagt, wüsste er nicht, was er antworten sollte. Erleichtert stellte er fest, dass es nur ein Privatfahrzeug war. Die Erleichterung verschwand aber sofort wieder, als das Fahrzeug neben ihm einparkte. Wer bitte trieb sich um diese Zeit hier herum? Bestimmt keine rechtschaffenen Bürger. Sein Blick wanderte zu Benny und zu Dani, der auf dem Rücksitz saß und gespannt auf das Geschäft vor ihnen starrte. Wie sollte Sascha seiner Tante und Franzi erklären, dass ihren Söhnen etwas passiert war, weil er sie in diese finstere Gegend mitgeschleppt hatte? Er fragte sich echt, wie er so verantwortungslos sein konnte, die beiden mitzunehmen. Okay, Benny hatte er für den Kontakt zu Paul gebraucht und er war ja auch schon fast volljährig.....aber Dani war ja gerade einmal dreizehn geworden. Sascha hätte hart bleiben müssen und nicht der Bettelei seines Cousins nachgeben dürfen. Das war einfach unverantwortlich ihn mitzunehmen. Ganz abgesehen davon, dass niemand wusste, wo sie gerade waren. „Das ist Paul und sein Opa Erwin." Benny riss die Beifahrertür auf und sprang aus dem Auto. „Autsch!", quietschte er plötzlich und rieb sich verschämt grinsend den Kopf. „Ich habe wohl den Türrahmen falsch eingeschätzt. Das gibt eine Beule." Sascha hoffte es, denn bei der Tollpatschigkeit von Benny, wäre auch ein Schädelbasisbruch im Bereich des möglichen. Da er aber schon auf Paul zustürmte und ihn mit irgendeinem abgefahrenen Handschlag begrüßte, schien ja alles in Ordnung zu sein. Sascha klappte seinen Sitz nach vorne und ließ seinen Cousin aussteigen, ehe er das Auto mit einem Piepsen verriegelte. Hoffentlich fand er es nachher noch im gleichen Zustand hier vor. „Hallo, schön, dass ich dir helfen kann. Du hast sowieso noch was gut bei mir", grinste ihn Paul verlegen an. Na das bezog sich dann ja wohl auf die Aktion in Bochum, bei der er und Delphie erwischt worden waren. „Ja, dat hat meinem Enkel wirklich leid getan, dat er Sie da mit reingezogen hat. Dat müssen sie ihm echt glauben." Ein älterer Herr reichte ihm die Hand. „Ich bin der Erwin und dat da is mein Laden." Er zog ein Schlüsselbund aus seiner Hosentasche und lief zur Eingangstür. Wenige Minuten später stand Sascha überrascht in einem Raum mit modernen Maschinen. Das hatte er bei dem äußeren Anschein nicht erwartet. „Dat is dat Heiligtum. Hier können wir alle Farben zusammen mischen, die du haben willst." Erwin deutete auf die Regale mit jeder Menge verschiedener Metalleimer. „Hast du denn schon einen Plan, wat du alles brauchst?" Hatte Sascha einen Plan? Irgendwie schon und auch wieder nicht. „Also ich würde es eher Idee, als Plan nennen", gab er deshalb auch zu. Er spürte, wie seine Wangen zu brennen begannen. Man, warum hatte er sich nicht wirklich erst einen Plan gemacht. Er wusste doch von Delphie, dass sie auch vorher immer eine Skizze anfertigte. Ja, dafür fehlte ihm nicht nur die Kreativität, sondern auch die künstlerische Fertigkeit, die er bei seiner Cousine so bewunderte. „Dann hau mal deine Idee raus." Paul schaute ihn neugierig an. Wahrscheinlich würde er sich gleich tot lachen, wenn er ihm erzählte, was ihm eingefallen war. Schließlich war er ja genauso ein Kreativkopf wie Delphie. Trotzdem begann er zu erzählen .....
„So, dann hätten wir das ganze Material beisammen." Opa Erwin reichte Sascha einen großen klappernden Stoffbeutel. „Wie viel bin ich Ihnen schuldig?" Sascha zog sein Portemonnaie aus seiner Hosentasche. Dank der schnell von Paul angefertigten Skizze, hatten sie den Materialbedarf doch noch zusammen bekommen. „Du bist mir nur schuldig, dass die süße Maus glücklich wird", zwinkerte Erwin ihm zu. „Steck dein Portemonnaie mal wieder weg." Sascha schüttelte den Kopf. Das konnte er doch so nicht annehmen. Der Mann war schließlich extra an einem Sonntag hier aufgetaucht und hatte für ihn seinen Laden geöffnet. „Doch, doch. Ich bin ein alter Romantiker. Und Pauls Freunde sind auch meine." „Das stimmt. Opa bringt Oma jeden Samstag Blumen mit nach Hause. Der ist tooootal romantisch", grinste Paul und ließ keinen Zweifel daran, dass er sich da eher weniger draus machte. „So, und wie hast du dir das jetzt morgen alles vorgestellt? Wie willst du Del zu der Sprayaktion nach Brackel bekommen?" Mist, da hatte er ja noch gar nicht drüber nachgedacht. Paul hatte recht, er musste sich ganz schnell etwas einfallen lassen. Aber was? „Ich kann Delphie ja nach Brackel locken", meldete sich Dani zu Wort. „Aber wie?" Sascha sah ihn zweifelnd an. „Lass das mal meine Sorge sein. Mir fällt da schon etwas ein", zwinkerte er Sascha überzeugt zu. Ja, vielleicht sollte.....nein, musste er sich da wirklich auf seinen kleinen Cousin verlassen.  Und ganz vielleicht war es doch gar nicht so verkehrt gewesen, dass er ihn mitgenommen hatte.

Schuss und Treffer Tanz mit dem Ball Fortsetzung   Teil 15  ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt