Kapitel 26

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Der Regen prasselte leise gegen die Fensterscheibe, was neben dem leisen Klang, was das Glas von sich gab, wenn der Pinsel daran ausgewaschen wurde, das einzige Geräusch war, was den Raum erfühlte. Aber das war genau richtig so.

Es roch nach frischer Farbe und den frischen Blumen, die vor mir in einer Vase standen. Es roch nach zuhause kommen. Der Sturm in meinem inneren war nur noch ein leichter Wind, der mich mit neuer Inspiration füllte.

Die feine Spitze des Pinsels glitt über die Leinwand, während ich mit meinen Gedanken ganz wo anders war. Endlich wieder in meiner eigenen kleinen Welt, die ich mir die Jahre über erschaffen hatte, wenn mir meine Umgebung zu laut wurde. So laut, dass ich es nicht mehr aushielt.

Die letzten Tage hatte ich damit verbracht Ordnung in mein Atelier zu schaffen und mir Bilder herauszusuchen, die geeignet wären für eine Ausstellung. Ich hatte vor Monaten schon einmal eine Auswahl getroffen, da ich mit dem Gedanken gespielt hatte, auszustellen...aber da kam etwas dazwischen.

Nun war die Auswahl kleiner. Vielleicht war ich selbstkritischer gewesen. Vielleicht war ich aber vor ein paar Monaten noch jemand anderes.

Ein leises Klopfen löste mich aus meinen Gedanken. Ich legte meinen Pinsel ab und strich meine, mit Farbe bedeckten Hände, an meinem weißen T-Shirt ab, was mir viel zu groß war.

,,Ich dachte, dass ich dich hier finde", ertönte die Stimme meines Vaters, als er den Raum betrat und zu mir herab sah. Es war Samstag, trotz dessen trug er eine dunkle Stoffhose und einen grauen Rollkragenpullover, so als müsste er noch schnell zu einem Meeting mit Geschäftspartnern.

,,Die Frage ist, wieso hast du mich gesucht?", hinterfragte ich und lächelte ihn an. Ich saß auf dem Boden meines Ateliers im Schneidersitz vor einer kleinen Staffelei, die mir mein Vater zum siebzehnten Geburtstag geschenkt hatte. Wieso auch immer, hatte ich es mir angewöhnt beim Malen auf dem Boden zu sitzen. Mein Rücken würde es mir irgendwann danken.

,,Ich wollte einfach mal nach dir sehen", erklärte er, schloss die Tür hinter sich und zog sich einen Hocker heran, um sich zu setzen. Seit Thanksgiving hatten wir nicht viel Zeit alleine verbrachte, schließlich war man hier in diesem Anwesen nie wirklich alleine. Meist waren Ethan und ich zusammen von der Arbeit gekommen und da es an der Arbeit durch den Deal mit den Washington Commanders stressig genug war, freuten wir uns auf einen schlichten Abend im Bett mit Netflix, weshalb nicht sonderlich viel Zeit für Qualitytime gab.

Ganz zu schweigen, dass es immer noch seltsam war. Irgendwie anders als sonst. Und das nicht nur wegen der Tatsache, dass immer noch ein metallischer Ring an dem Bein meines Vaters hing, welcher in regelmäßigen Abständen ein GPS-Signal an die Polizei absonderte.

Für einen langen Augenblick hing eine bleierne Stille im Raum, die mich sofort nervös machte. Eigentlich lagen so viele Fragen auf meinen Lippen, aber ich bekam keinen einzigen Ton heraus.

,,Ich hab gehört, dass du mit dem Gedanken spielst, auszustellen", fing mein Vater an und sah sich dabei in meinem Atelier um. Jedes Mal aufs Neue, wenn jemand in mein Atelier trat und meine Bilder ansah, fühlte es sich so an, als würde derjenige einen tiefen Blick in meine Seele bekommen.

Zwischen mir und Dad gab es einen tiefen Abgrund...der es irgendwie unangenehm machte, dass er hier saß und meine Bilder ansah.

,,Anscheinend kann man in diesem Haus auch wirklich nichts geheimhalten", entgegnete ich, was meinen Vater zum Schmunzeln brachte. ,,Nein nicht wirklich...aber ich finde die Idee sehr schön. Ich fand es schade, dass die letzte Ausstellung abgesagt werden musste...", erklärte er und ich verzog etwas gequält das Gesicht.

,,Es war das Beste so...schließlich brauchte die Firma meine gesamte Aufmerksamkeit", meinte ich und mein Vater sah etwas traurig auf mich herab, so als hätten meine Worte einen wunden Punkt getroffen.

Royal - Das Vermächtnis Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt