Kapitel 16

30 5 4
                                    

Manchmal tat man Dinge, die man im Nachhinein bereute.  Das ist vollkommen menschlich und fast auch schon normal.

Dieses Mal hörte ich einfach auf meinen inneren Instinkt, weil mir gerade auch nichts anderes übrig blieb.

Ich fühle mich leer und verloren, als ich durch die verregneten Straßen fuhr und nicht wusste wo ich wirklich hin wollte.

Klar ich hätte nachhause gekonnt, mich zu Ethan ins Bett kuscheln können, aber irgendwie war doch genau dieses Zuhause der Ursprung alles Chaos.

Und besonders nach dem Besuch bei meinem Vater fühlte ich mich so zerrissen, dass ich es nicht ertragen konnte, dem Anwesen heute auch nur nahe zu kommen.

Vielleicht war es falsch. Aber für diesen einen Moment fühlte es sich richtig an.

Meine Hand zitterte, als sie an die dunkle Haustür klopfte.

Die Kälte war bis auf meine Knochen in mich hineingekrochen, weil es angefangen hatte stark zu regnen, als ich aus dem Auto ausstieg und meine Füße mich langsam zu diesem Wohnhaus brachten. Ich war nicht gerannt...ich hatte mir nicht mal eine Kapuze aufgezogen.

Aus diesem Grund stand ich nun tropfend im schmalen Hausflur und hoffte, dass ich diese Entscheidung nicht sofort bereuen würde, wenn die Haustür aufschwang.

Die leise Musik verstummte hinter dem Holz und ich hörte Schritte auf mich zu kommen.

Er war da.

Ob ich das jetzt gut fand oder nicht, wusste ich nicht. Weil beides irgendwie schön und schlecht zugleich sein konnte.

Die Haustür wurde aufgeschlossen und zwei mir viel zu bekannte braune Augen blickten mich an.

Ohne zu fragen öffnete Elijah die Tür gänzlich und schloss mich in die Arme. Ich war nass und kalt, aber er zog mich zurück in meine Blase, die ich die letzten Tage so sehnlichst vermisst hatte.

Sofort strömte der Geruch nach alten Büchern und Farbe mir entgegen, sowie Elijah After-Shave, was mich schmerzhaft schluchzten ließ.

Mein altes Ich, meine alten Träume, war mir gerade so nahe wie noch nie in den letzten Tagen.

,,Ich bin da. Ganz ruhig, Phia", murmelte er gegen meine Stirn und zog mich langsam hinter sich in die Wohnung, wobei er mich jedoch nicht losließ, als befürchtete er, dass ich es mir wieder anders überlegen könnte. Oder dass ich in seinen Armen zerfließen würde durch das Regenwasser, was über all an mir haftete.

,,Du bist hier. Bei mir. Dir passiert nichts", redete er weiter, während sich stumm Tränen ihren Weg über meine Wangen bahnten und sich mit den Regentropfen auf seinem Oberteil vermischten.

Vielleicht war es ein Fehler, aber ich brauchte gerade einfach jemand, der für mich da war und mich kurz aus der Realität entführen konnte.

Elijah ließ mir eine Wanne voll warmen dampfenden Wasser ein und legte mir trockene Klamotten bereit. Seitdem ich hier angekommen war, hatte ich kein einziges Wort zu ihm gesagt. Aber das war okay.

Meine tauben Glieder schälten sich aus den nassen Klamotten und stieg in die Wanne. Es war viel zu heiß, aber genau diesen Schmerz brauchte ich gerade, um am Leben zu bleiben. Um mich nicht gänzlich meine Nerven zu verlieren.

,,Brauchst du noch etwas? Ich wollte gleich Teewasser aufsetzen", sagte Elijah als er nochmal den Kopf in das viel zu kleine Badezimmer steckte und in meine leeren Augen sah. Ich schüttelte nu träge den Kopf, bevor ich einmal mit meinem Kopf unter Wasser tauchte und die Augen schloss.

***

,,Danke", waren meine ersten Worte, als mir Elijah eine Tasse Tee in die Hand drückte und mich besorgt musterte. Er lehnte gegen seinen Kühlschrank, während ich in einer dicken Decke gehüllt auf seinem Bett saß. Meine Finger spielten mit dem Faden an dem Teebeutel, als ich wieder zu reden begann: ,,Ich war meinen Vater besuchen."

Es auszusprechen machte es nicht besser. Nicht mal ansatzweise. Aber Elijah war der einzige, den ich kannte, der mich nicht mit Fragen überhäufen würde...sondern er war einfach nur da. Und genau das brauchte ich jetzt. Eine Schulter, an die ich mich anlehnen konnte.

Elijah kam langsam auf mich zu und setzte sich auf die Bettkante. ,,Du hättest da nicht allein hingehen müssen", setze er an und stellte seine Teetasse auf den Nachtisch, bevor er noch ein Stück näher zu mir kam und meine Hand ergriff. ,,Aber ich bin trotzdem froh, dass du her gekommen bist."

Ich schluckte und sah auf unsere Hände, die sich in einander verhakten. ,,Es tut mir leid, wenn ich dir irgendwelche Mühe mache...ich wusste nur nicht wo ich hin sollte...", erklärte ich und Elijah strich mit seinem warmen Daumen über meinen Handrücken.

,,Es ist alles gut. Du bist hier in Sicherheit. Ich bin da. Wir müssen nicht darüber reden, wir können auch einfach irgendeinen Film gucken und schweigen", schlug er vor und lächelte mich vorsichtig an. Innerlich spürte ich so etwas wie ein kurzes Aufblitzen von Schuldgefühlen. Ich hatte ihn über eine Woche ignoriert, nachdem ich ihn den Laufpass gegeben hatte, für etwas was nichts Festes war. Und saß ich wieder in seinem Bett und ließ mich bemitleiden...ich war armselig.

,,Hey...Phia, alles gut", murmelte Elijah und rückten neben mich, um mich an seine Brust zu drücken. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass ich wieder angefangen hatte zu weinen. Es war als wäre ein Damm in mir gebrochen, der die letzen Wochen drohte über zulaufen.

Wann hatte ich die Ereignisse verdauen können? Eigentlich gar nicht, ich hatte sie verdrängt und war nach vorne gesprintet, so als wären meine eignen Bedürfnisse nicht ansatzweise wichtig. Und Das Gefängnis hatte das Fass zum Überlaufen bekommen.

Elijah umschloss mein Gesicht mit beiden Händen und zwang mich somit, ihm direkt in die Augen zu sehen.

,,Ich bin wirklich froh, dass du da bist. Das war nicht so dahin gesagt. Mach dir jetzt keine Gedanken darüber, ob du mir zur Last fällst...denn so ist es nicht", sagte er mit fester Stimme und ich schluckte.

,,Danke...wirklich", flüsterte ich und sah ihm in die Augen.

Verflucht, was machte ich hier eigentlich?

Vor mir saß mein ehemaliger Dozent, der gerade mit aller Mühe versuchte meine zersprungene Seele zusammen zukehren und sie wieder zu kleben.

Und ich konnte ihm nicht das geben, was er verdient hat.

Jemand, der das hier alles wertschätzt und ihm die Liebe schenkt, die er mir gerade entgegen brachte. Ich war egoistisch.

Auch wenn mein Verstand mich tadelte, dies hier alles entgegen zunehmen, ließ ich es zu.

Ich ließ zu, dass Elijah seinen Laptop holte, um uns einen Film an zumachen.

Ich ließ es zu, dass wir uns zusammen unter eine Decke kuschelten und ich meinen Kopf auf seiner Brust bettete.

Ich ließ es zu, dass er mich kraulte und mir aufmunternde Worte ins Ohr flüsterte.

Es war ein Hilfe Schrei meines Herzens, was drauf und dran war sich in dem Chaos meines Lebens komplett zu verlieren.

Wie hättet ihr in Phias Situation gehandelt?

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.


Wie hättet ihr in Phias Situation gehandelt?

War es falsch zu Elijah zu fahren?

Wenn es euch gefallen hat, vergesst das ☆ nicht ^^

Royal - Das Vermächtnis Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt