Madelyn
Trevor sieht mich an, als hätte er einen Geist gesehen, als ich meine Augen wieder öffne. Sein Gesicht ist blass, seine Augen starren bloß in meine. Was auch immer er da auf meine Zunge gelegt hat, hindert mich daran, ihn zu fragen was los ist und außerdem trocknet es meinen Hals aus. Bevor ich weiter grübeln kann zieht er mich fest in seine Arme und erdrückt mich beinahe. Was ist los mit ihm? Ich schnappe nach Luft und greife direkt zu meinem Wasserglas, als sich dieses schrecklich eklige Zeug in meinem Mund endlich aufgelöst hat. Es schmeckt zwar nach nichts, aber diese Konsistenz und das Gefühl auf meiner Zunge fühlen sich unfassbar ekelhaft an. „Was hast du denn?", frage ich Trevor, halte ihm vorsichtshalber mein Wasserglas vor die Nase. Dankbar nimmt er es mir ab und leert es mit einem Zug. Seine Pupillen werden immer größer, ich glaube er hat Drogen genommen. Andere Drogen als das Gras, was wir vorhin geraucht haben. Jetzt fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Er hat mir ebenfalls welche gegeben. Ich kenne das von meiner Schwester, sie hat das auch immer genommen und ist danach völlig abgedreht. Oh lieber Gott im Himmel, bitte lass mich nicht so enden wie Tanya an dem Abend, als sie dachte sie könne fliegen und aus dem Fenster springen wollte. Ihr Freund Mike und ich mussten sie mit aller Kraft davon abhalten und dann so lange in einem Zimmer ohne Fenster einsperren, bis ihr Trip vorbei war. Es war die Hölle. Vor allem, als Mike angefangen hat mich anzubaggern und nicht mehr damit aufgehört hat, bis sie sich schlussendlich drei Monate später getrennt haben. Ich will nicht an meine Schwester oder ihren Ex denken. Ich will mit meinen Gedanken hier sein. Bei Trevor. „Tut mir leid, Madelyn. Ich weiß nicht, wieso ich..." Seine Stimme zittert, er scheint völlig neben sich zu stehen. „Sch. Ist schon gut." Ich lege ihm meinen Zeigefinger auf die Lippen. „Irgendwann ist immer das erste Mal oder?"
„Ich glaube nicht, dass ich der richtige für irgendein erstes Mal bin, Baby."
„Ich kann mir niemanden vorstellen, mit dem ich diesen Moment lieber teilen möchte, als mit dir, Trevor."
Meine Worte scheinen irgendwas in ihm zu bewegen, denn auf seinen Lippen bildet sich ein kleines Lächeln. Seine Haltung entspannt sich wieder ein wenig und auch seine normale Hautfarbe kommt wieder zum Vorschein. In mir macht sich ein Gefühl von Wärme breit. Meine Augen hängen an seinen Lippen, ich kann es einfach nicht lassen. Ich will so sehr, dass er mich küsst, dass es fast schon weh tut. „Ich kann nicht.", flüstert er so dicht an meinen Lippen, dass sie meine streifen. „Tut mir leid, Maddie." Ich antworte nichts, bin immer noch so fasziniert von seinen Lippen. Alles an ihnen ist unfassbar schön. Ich würde sie noch stundenlang betrachten, wenn meine Wahrnehmung sich nicht komplett vernebeln würde. Ich starre immer noch auf dieselbe Stelle, erkenne aber kaum mehr etwas. Kleine bunte Punkte schieben sich in mein Sichtfeld, in meinem Kopf macht sich ein komisches Pochen breit. Durch den plötzlichen Druck auf meinen Ohren verstehe ich kaum, was Trevor sagt. Er sagt meinen Namen, mehr verstehe ich nicht. Es fühlt sich alles so komisch aber gleichzeitig auch gut an, irgendwie entspannend. „Was passiert mit mir?", frage ich kichernd. Wieso kichere ich? Das ist alles andere als lustig. Mir wird ein Glas Wasser an die Lippen gehalten, welches ich dankend leere, kurz darauf liegt etwas kaltes und nasses an meiner Stirn. Ein paar Sekunden später verschwindet der Druck aus meinen Ohren und die bunten Punkte lösen sich endlich auf, ich kann wieder normal sehen. „Besser?", fragt Trevor. Seine Stimme klingt anders als sonst. Vielleicht besorgt? Ich nicke und grinse ihn an. „Du bist so schön, mein Gott. Das ist nicht zu ertragen." Warum habe ich das gerade gesagt? Ich meine ja, es ist die Wahrheit aber ich hatte nicht vor, so mit der Tür ins Haus zu fallen. „Mal sehen, ob du das morgen immer noch sagst.", murmelt er, während er mir weiter mit dem Waschlappen über die Stirn tupft. „Lass das." Ich fange seine Hand ab, nehme ihm den Waschlappen aus der Hand und schleudere ihn in irgendeine Richtung, keine Ahnung wo er landet. „Möchtest du dir eigentlich wieder etwas anziehen?", fragt Trevor grinsend, meinen Körper musternd. „Wieso?" Ich verschränke wie ein beleidigtes Kind die Arme vor der Brust. „Findest du mich nackt etwa nicht schön?" Ich weiß, dass die Frage völliger Quatsch ist, schließlich hat er mir vorhin noch bewiesen, wie schön er mich findet. Vorhin...Wie lang ist das eigentlich her? Gott, ich habe kein Zeitgefühl mehr. Trevors Kopf versinkt in meiner Halsbeuge, verteilt zarte Küsse, beißt mich sanft und bringt mich um den Verstand. „Ich könnte das für immer tun.", murmle ich benommen. Zu seinen Küssen kommen jetzt noch seine Hände dazu, die meine Brüste massieren und mich damit direkt in den siebten Himmel katapultieren. Wieso kann er das so gut? Nein. Ich will mir bitte nicht schon wieder vorstellen, bei wie vielen Frauen er das schon getan hat. Bitte liebes Gewissen, lass mich nur einmal mit ihm Spaß haben ohne mir diese dumme Frage zu stellen. Anders als gedacht lässt mein Gewissen mich wirklich mit der Frage in Ruhe, dafür spüre ich plötzlich das Gefühl von Leere in mir. Eine tiefe Sehnsucht bohrt sich in mein Herz und ich habe keine Ahnung, was hier schon wieder mit mir passiert. „Wieso weinst du?" Trevors Stimme drängt sich in meine Gedanken, wofür ich ihm mehr als dankbar bin. Ich weine? Wieso merke ich nicht, dass ich weine? „Was hast du mir gegeben? Ich bin so verwirrt und so..." Ich halte inne, weiß selbst nicht so genau wieso. „So unendlich traurig aber gleichzeitig habe ich auch so Lust auf Sex. Was zur Hölle ist das?", jammere ich.
Er grinst. Ist das sein ernst? „Alles wird gut, Baby. Das ist ganz normal." Seine Arme ziehen mich wieder zu sich und sofort fühl ich mich pudelwohl. „Bei zwei von drei Dingen kann ich dir behilflich sein und die Verwirrung verschwindet irgendwann von alleine." Meine Lippen lächeln, obwohl mir danach gar nicht zumute ist. Diese verdammte Sehnsucht durchbohrt mein Herz wie ein Pfeil. „Trevor du bist wirklich toll, wirklich, wirklich, hoch und heilig versprochen, aber ich glaube..." Ich beginne unkontrolliert zu schluchzen, Tränen laufen mir wie ein Wasserfall über die Wangen. „Was ist es, Baby? Erzähl es mir." Seine Stimme schenkt mir ein bisschen Sicherheit also nehme ich meinen letzten Rest Mut zusammen und erzähle ihm, was in mir vorgeht. „Ich vermisse die Anderen...versteh mich bitte nicht falsch, du bist toll und sexy und heiß und..." Sein Zeigefinger auf meinen Lippen unterbricht meinen Redefluss. „SchSch. Es ist okay, dass du sie vermisst. Ich vermisse sie auch, Prinzessin. Wollen wir nach ihnen schauen gehen?"
Eifrig nicke ich und springe sofort auf, falle allerdings wieder zurück aufs Bett. Meine Beine haben kaum Kraft zum Stehen. „Möchtest du dir vorher etwas anziehen?", fragt er, bevor er ebenfalls aufsteht und mich auf seinen Arm nimmt. Ich schüttele den Kopf, sie haben mich sowieso alle schon so gesehen. Alle außer Dylan. Oh Gott, dann wird es aber Zeit. „Hast du mich so auch getragen, als du mich im Wald gefunden hast?", frage ich grinsend. Mittlerweile finde ich es toll, dass Trevor mein Retter war, das verbindet uns irgendwie. Glaube ich. „Ja, so ungefähr." Auch er grinst und ich glaube ich bin im Himmel. So ein schöner Mann kann nur aus dem Himmel kommen. Auf dem Weg nach unten betrachte ich seine Tattoos am Hals, fahre sie mit meinen Fingern nach und stoppe am Kragen seines Shirts. Plötzlich fallen mir seine Narben wieder ein und mir steigen unwillkürlich Tränen in die Augen. Nein, Madelyn. Du wirst jetzt nicht weinen, reiß dich ein einziges Mal zusammen! Nur einmal, bitte. „Trevor?", flüstere ich. „Ja, Prinzessin?"
„Deine sind auch wunderschön."
Verwirrung macht sich auf seinem Gesicht breit. „Du hast gesagt meine Narben seien wunderschön, weißt du noch?" Er nickt. „Deine sind es auch."
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Our Girl - wir brauchen dich
Romance„Du glaubst uns zu kennen, Madelyn. Doch das tust du nicht. Das wirst du niemals." - Vier Männer. Ein Mädchen. Zu viele Fragen. Zu wenig Antworten.