Kapitel 55

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Madelyn

Ich wache völlig verwirrt auf. Mein Kopf dröhnt, ich fühle mich als wäre ich überfahren worden. Was für ein scheiß Traum. „Guten Morgen Hermosa." Ich erschrecke. Mein Kopf zuckt zur Seite und ich sehe in zwei grüne Augen, die ich nicht zuordnen kann. „Wie geht es dir?" Seine Hand legt sich auf meine Stirn und als er mir näherkommt, fällt mir alles wieder ein. Sein Geruch weckt meine Erinnerungen. Brasilien. Koffer packen. Sex mit Trevor. Die Pistole. Danach ist alles schwarz. Es war kein Traum. Es ist wirklich passiert. „Wo bin ich? Wer bist du? Was ist passiert?" Panik steigt in mir auf. Mein Herz rast. Wenn ich hier bin, wo sind dann sie? Mein Puls steigt ins Unermessliche, in meinen Augen sammeln sich tränen. „Du bist in Sicherheit. Alles ist gut, beruhige dich." Hastig schlage ich seine Hand weg, als sie sich mir wieder nähert. „Ich will nachhause! Was soll die Scheiße?" Mein Schrei wird von seiner rauen Hand erstickt, die er mir fest auf den Mund presst. „Sei jetzt ruhig, dann bekommst du auch deine Antworten. Oder soll ich dich wieder schlafen legen?" Ich schüttele panisch den Kopf. „Ich bin ruhig, aber bitte..." Ein zufriedenes Lächeln legt sich auf seine Lippen. „Gut." Er zieht ein Handy aus seiner Hosentasche. Während er eine Nachricht tippt, sehe ich ihn mir genau an. Er ist groß, ungefähr so groß wie Caden würde ich schätzen. Vom Körperbau her ähnelt er eher Trevor. Seine Haare sind lockig und dunkel, ich glaube schwarz, könnte aber auch dunkelbraun sein. Eine riesige schwarze Schlange zieht sich über seinen rechten Arm, sein linker ist frei von Tattoos. An seinem Ohr glänzt ein silberner Ring, genauso wie an seiner Nase. Unter anderen Umständen würde ich ihn vielleicht attraktiv finden aber er hat mich von meinen Männern getrennt und dafür hasse ich ihn aus tiefster Seele. „Aufstehen und mitkommen." Als ich aufstehe, stelle ich erleichtert fest, dass ich noch die selben Klamotten trage, die ich getragen habe, als er mich entführt hat. „Was tust du da?", zische ich, als er hinter mich tritt und mir ein Tuch über die Augen legt. Sofort tauchen die Erinnerungen an die Nacht in ihrem Spielzimmer vor meinem geistigen Auge auf. Das Blut schießt mir in die Wangen, mein Magen kribbelt und ich verfluche mich selbst innerlich dafür, dass sich die Hitze in meinem Schoß sammelt. Ich wurde entführt, habe keine Ahnung wo ich bin und wie ich zurück nachhause komme und trotzdem schaffen diese Männer es, mich feucht werden zu lassen. „Sicherheitsmaßnahme. Wir wollen doch verhindern, dass du uns wieder entwischst, hm?" Sein Akzent, den ich bei anderen wahrscheinlich als unfassbar sexy empfinden würde, geht mir gewaltig auf die Nerven. Er packt mich an den Schultern und schiebt mich gerade aus vor sich hin. „Schön langsam, wir wollen ja nicht, dass du stolperst und dir dein schönes Gesicht ruinierst." „Wohin bringst du mich?" Er zögert, bevor er antwortet. „Frag mich, was du willst, aber ich werde dir sicherlich nichts über diesen Vorfall hier erzählen, Hermosa."
„Wieso nennst du mich so?"
„Das heißt Hübsche auf Spanisch."
„Du bist Spanier?"
„Mexikaner."
„Ah." Ich überlege kurz, was ich als nächstes fragen soll. „Wie viel Uhr ist es?"
„Zwanzig nach Acht." Zwanzig nach Acht. Das bedeutet, ich muss schon seit mindestens vier Stunden hier sein. „Jetzt hast du mir doch etwas darüber erzählt.", grinse ich. Vier Stunden. Alles wird gut, Maddie. Ihnen ist nichts passiert. Sie werden dich finden. Sie sind sicher schon auf dem Weg hierher.
„Halt jetzt die Klappe. Wir sind da."

Ich blinzele ein paar Mal, um meine Augen an das helle Licht zu gewöhnen, als mir das Tuch abgenommen wird. Ich sehe mich ein paar Sekunden lang um. Der Raum könnte als Wohnzimmer durchgehen. Die Wände sind relativ hell gehalten, eine schwarze lange Couch steht mit gegenüber. Ein Kronleuchter, der mit Sicherheit mehr gekostet hat, als die gesamte Wohnung in der ich aufgewachsen bin, hängt von der Decke und erleuchtet den Raum. „Ah, Madelyn. Schön dich zu sehen." Der Klang dieser dunklen unbekannten Stimme bereitet mir Gänsehaut und lässt mich zusammen zucken. „Setz dich doch." Ohne mich umzudrehen und nachzusehen, wer sich hinter mir befindet, steuere ich auf die Couch zu und lasse mich darauf nieder. Der Besitzer der Stimme nimmt auf dem großen Sessel mir gegenüber Platz, sodass ich ihm direkt in die Augen sehen kann. Sein äußeres Erscheinungsbild macht mir zugegebenermaßen ein bisschen Angst, es schreit förmlich die Worte Zuhälter und Kriminell. Er trägt ein graues Langarmshirt, welches mindestens drei Nummern zu klein ist und deshalb deutlich seine muskulösen Arme präsentiert. Seine Glatze ist vollständig tätowiert, ebenso wie sein Hals, was ihn definitiv noch gefährlicher aussehen lässt. Alles ist gut Madelyn, sie werden dich retten. „Was willst du von mir?", frage ich abwertend, ohne ihm direkt in die Augen zu sehen, das macht mich nervös und ich darf keine Schwäche zeigen. Das ist etwas, was ich schon früh gelernt habe und ich glaube, es ist auch das Einzige, wofür ich meiner Mutter dankbar bin. Sein faltiges Gesicht zieht sich zusammen, als er lächelt und mich seine perlweißen Zähne sehen lässt. Man muss kein Arzt sein um zu sehen, dass das auf jeden Fall nicht seine echten Zähne sind, aber der Mann ist offensichtlich reich. Vielleicht hätte er das Geld lieber für ein paar Botox-Behandlungen ausgeben sollen, denn durch seine Falten würde ich ihn mindestens auf Anfang, wenn nicht sogar Mitte Fünfzig schätzen. „Ich wusste gar nicht, dass wir schon beim Du sind. Hat deine Mutter dir keinen Respekt mitgegeben?" Seine Stimme ist voller Spott, natürlich, er sitzt schließlich am längeren Hebel. „Oh entschuldige bitte. In meiner Welt beruht Respekt auf Gegenseitigkeit und, korrigiere mich bitte, wenn ich falsch liege, ich finde es nicht gerade respektvoll mich zu entführen und hier festzuhalten." Sein Grinsen wird breiter, irgendwie angsteinflößender. „Sei vorsichtig. Wo anders würdest du für dein loses Mundwerk bestraft werden." Ich schlucke, als meine Erinnerungen wieder zu meinen Männern und ihren Bestrafungsmethoden schweifen. Instinktiv presse ich meine Schenkel zusammen und grabe meine Nägel hinein, um mich bloß nicht ablenken zu lassen.

Our Girl - wir brauchen dichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt