Kapitel 54

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Cody

Es ist ein Kinderspiel, Maddies Papiere fälschen zu lassen, wenn man wir ist. In diesem Rathaus gehen Dinge vor sich, die will man als normaler Bürger gar nicht wissen. Wir brauchten einfach nur reinspazieren, Maddies Daten angeben, uns ein paar neue ausdenken und schon hielt ich ihr neues Leben in den Händen. Nach nicht mal zwanzig Minuten verlassen wir das Rathaus wieder und machen uns auf den Weg nachhause. Trevor fährt wie ein Irrer, um bloß schnell zurück zuhause zu sein. Langsam nimmt seine Fürsorge für Maddie Überhand, er ist regelrecht Paranoid, wenn es um ihre Sicherheit geht. Obwohl Caden bei ihr zuhause geblieben ist, macht es ihn verrückt nicht bei ihr zu sein und irgendwas daran gefällt mir.
Dylan räuspert sich auf der Rückbank, unterbricht damit meine Gedanken, die sich ohnehin bloß um diesen wunderschönen Engel kreisen, der zuhause auf mich wartet.
„Fahr rechts ran.", befiehlt er. Seine Stimme klingt angespannt, ist viel mehr ein Knurren, als ein richtiger Satz. „Schaut auf eure Handys.", fährt er fort, als Trevor anhält. Ich öffne die ungelesene Nachricht und mein Herz bleibt stehen. Auch Trevor weicht jegliche Farbe aus dem Gesicht. Wir haben alle die selbe Nachricht bekommen, das weiß ich ohne nachzufragen. Es ist nur ein einziges Wort und doch verändert es alles. Heute.
Trevor ignoriert Dylans versuchte Ansprache, er tritt aufs Gas und nimmt den Fuß nicht wieder runter. Nicht mal die roten Ampeln können ihn stoppen, auch nicht die Fahrradfahrer und Fußgänger. „Bleib jetzt ruhig, Mann! Es bringt auch nichts, wenn du jetzt jemanden überfährst. Wir haben doch einen Plan.", versuche ich ihn irgendwie zu beruhigen. Vergeblich. „Also müssen wir jetzt wohl wirklich sein verficktes Haus zerbomben.", knurrt Trevor, während er das Lenkrad so festhält, dass seine Knöchel schon weiß hervorstehen. „So sieht es aus, dabei werden genug unschuldige Leute draufgehen also reiß dich jetzt zusammen und fahr anständig." Dylan versucht Ruhe zu bewahren, obwohl ich genau weiß, was in seinem Kopf vor sich geht. Er macht sich Sorgen um Alissa, genau so wie ich, aber viel größer ist meine Sorg um Maddie. Wir haben uns geschworen sie zu beschützen, egal was kommt und daran werde ich mich halten und wenn ich selbst dabei draufgehen sollte, dann ist es eben so. Ich würde sie mit meinem Leben beschützen.

Eine halbe Stunde später halten wir vor dem Haus eines alten Kollegen, der uns schon grinsend erwartet. William grinst immer. Ich glaube, ich habe ihn noch nie ohne gesehen. Er ist der positivste Mensch, den ich kenne und wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich denken, er wäre der nette Opa von nebenan, der seine Rente in seinem Garten verbringt und Gemüse anpflanzt. „Habt ihr einen Anschlag geplant oder wollt ihr die Regierung stürzen?", fragt er lachend, als wir aussteigen und auf ihn zukommen. „Wir sind die Regierung, Will.", antwortet Trevor, welcher auf ihn zugeht und sich in eine kurze Umarmung ziehen lässt. „Natürlich seid ihr das. Wo habt ihr Caden gelassen?" „Passt auf unser Mädchen auf.", antwortet Dylan, der nun ebenfalls herzlich von William begrüßt wird. „So?" Er hebt die Augenbraue. „Nach diesem...was auch immer ihr vorhabt, will ich sie kennenlernen." „Kennenlernen? Wen? Ich dachte mit dem Thema andere Frauen sind wir fertig." Ich sehe auf, auf der Suche nach der Person, der diese Stimme gehört und blicke in zwei funkelnde braune Teddybär Augen. Margret, Williams Frau kommt auf uns zu und zieht uns ebenfalls alle drei in eine Umarmung, natürlich nicht ohne zu betonen, wie groß wir doch geworden seien. „Cody, mein Junge. Alles Gute zu Geburtstag! Das hätte ich ja fast vergessen.", spricht sie sanft. „Hätte ich gewusst, dass ihr heute kommt, hätte ich einen Kuchen gebacken." „Alles in Ordnung. Maddie hat mir einen Kuchen gebacken. Nicht so gut wie deiner, aber trotzdem akzeptabel." Margrets Augenbraue schnellt hoch, ihre dünnen Lippen verziehen sich zu einem Lächeln. „Maddie? Deine Freundin?" „Unsere Freundin.", mischt sich Trevor ein. William und sie sehen ich kurz an, das Lächeln bleibt bestehen. „Ach ja, einmal wieder jung sein.", trällert sie. William grinst nur und begleitet uns in ihr Haus, direkt runter in den Keller. „Darf ich erfahren, was ihr vorhabt oder wollt ihr euch selbst die Waffen aussuchen, die ihr meint zu brauchen?", fragt er vorsichtig. William vertraut uns, das tut er schon immer. Er hat nie an uns gezweifelt oder irgendeine unserer Aktionen hinterfragt. Nicht mal, als wir bei einem illegalen Autorennen seinen geliebten Mustang in Brand gesetzt haben. Ich weiß bis heute nicht, wie das passieren konnte aber William vertraut uns immer noch blind. „Wir erzählen es dir, wenn wir es überlebt haben.", antwortet Dylan. „Wir müssen an jemandem vorbei, der voraussichtlich sehr viele Männer und sehr viele Waffen besitzt und..." „Wir wollen ein Haus zerbomben und eine Person daraus holen. Lebend, versteht sich. Was empfiehlst du?", unterbricht Trevor angespannt. Seine Nervosität macht sich wieder bemerkbar und langsam färbt sie auf mich ab. „Wir haben nicht mehr viel Zeit. Spätestens in zwei Stunden müssen wir dort aufschlagen.", füge ich hinzu. William versteht meinen Wink mit dem Zaunpfahl und begibt sich auf die Suche. Keine zehn Minute später überreicht er Dylan und Trevor jeweils eine Tasche, Margret drückt mir eine Plastikdose in die Hand. „Zur Stärkung, damit ihr mir bloß nicht vom Fleisch fallt." Ich drücke Margret einmal fest an mich und genieße den Frieden, den sie mir vermittelt. Ed war zwar immer wie unser Vater, aber William und Margret wie unsere Großeltern und wenn ich mich recht erinnere, sind diese meist die Lieblinge der Kinder. „Passt auf euch auf, ja? Versprecht es mir.", schnieft Margret, die mittlerweile von William im Arm gehalten wird.

Trevor parkt das Auto nicht mal richtig, als er in die Einfahrt zu unserem Haus fährt. Er hält einfach an, zieht die Handbremse und macht sich auf den Weg ins Haus. Wir haben noch ziemlich genau eine Stunde, bis wir bei Ed sein müssen und haben noch nicht mal darüber geredet wie wir genau vorgehen wollen, damit das Ganze auch wirklich ein Erfolg wird. Wir haben nur eine einzige Chance und wenn wir die vermasseln, können wir uns gleich vor den nächsten Zug schmeißen.
Alle meine Alarmglocken beginnen zu klingeln, als ich die Hunde bellen höre. Ihre Pfoten kratzen an den Balkontüren entlang und hinterlassen ein schmerzendes Quietschen in meinen Ohren. Normalerweise lassen wir sie einfach im Wohnzimmer, wenn wir sie nicht mitnehmen können. Wie sind sie in den Garten gekommen?
Als ich das Haus betrete und beinahe über Cadens Körper stolpere, bleibt mir mein Herz stehen. Sein Gesicht ist bleich. Instinktiv checke ich seinen Puls, er lebt. Er ist nur bewusstlos. Was ist hier passiert? „Fuck!", brüllt Trevor von oben. Ich weiß ganz genau, was mich erwartet, wenn ich da jetzt hochgehe und das will ich verdammt nochmal nicht wahrhaben. Dylan schubst mich zur Seite. „Geh hoch. Ich kriege ihn irgendwie wieder wach." Ich befolge seine Anweisung, sprinte gefühlt nach oben und finde einen völlig aufgelösten Trevor, inmitten von Maddies Klamotten vor. Er schluchzt, presst sich die Hände vor die Augen, beachtet mich gar nicht. Nachdem ich jeden möglichen Aufenthaltsort abgesucht habe, lasse ich mich neben ihn fallen. „Sie ist weg, Cody. Ich habe schon wieder versagt. Sie ist verdammt noch mal einfach weg." Trevors Worte brechen mir das Herz, doch er hat Recht. Sie ist weg und ich habe nicht die leiseste Ahnung, wo sie sein könnte.
„Es sieht nicht nach einem Kampf aus.", murmelt Dylan. „Meinst du, sie ist freiwillig mitgegangen?", fragt Caden, der offensichtlich noch wackelig auf den Beinen ist, denn er stützt sich am Türrahmen ab.
„So ein Bullshit! Wieso sollte sie das tun? Sie liebt uns!" Trevors Trauer hat sich mittlerweile in Wut verwandelt. Alle fünf Minuten findet er einen neuen Gegenstand, den er gegen die Wand werfen kann, um seinen Frust rauszulassen. „Wenn du nicht willst, dass ich dir irgendein Beruhigungsmittel spritze, damit du dich endlich beruhigst, setz dich jetzt hin und halt deine Fresse.", brummt Caden, was Trevor nur mit seinem typischen Killerblick quittiert. „Die scheiß Smiley Wichser waren es nicht, sonst hätten wir hier irgendwo ein Zeichen. Haben wir sonst irgendwelche Feinde?", frage ich. „Wir haben fast nur Feinde, du Idiot." 1:0 für Caden. Wo er Recht hat, hat er Recht. „Ehrlich gesagt würde ich nicht viel auf das fehlende Zeichen geben, vielleicht wollen sie nicht, dass wir wissen, dass sie es waren. Ganz ausschließen würde ich sie nicht." Dylan ist die Ruhe in Person. Ich will gar nicht wissen, was er sich dafür alles einschmeißen musste. „Was machen wir mit Ed? Wir müssen in einer halben Stunde da sein. Mit Maddie." „Ganz einfach. Wir fahren dahin, nehmen trotzdem sein Haus auseinander, holen Alissa daraus und danach suchen wir Maddie. Wir können es natürlich auch mit Worten versuchen, aber wenn wir ihm erzählen, dass wir sie verloren haben, können wir Alissa auf jeden Fall vergessen." Cadens Plan klingt vielversprechend und schenkt mir zumindest ein kleines bisschen Hoffnung. Wir bleiben zu zweit zurück, während Dylan und Trevor alles Nötige ins Auto laden.
„Wir finden sie, okay? Ich verspreche es dir.", haucht Caden. Er legt mir seinen Arm um die Schulter und zieht mich in eine sanfte Umarmung, die meinen Damm brechen lässt. Heiße Tränen rinnen mir über die Wangen. Ich habe so schreckliche Angst um sie. „Und wenn wir jede Überwachungskamera in dieser Stadt überprüfen und jeden einzelnen Bürger befragen müssen. Wir werden sie finden." Ich antworte ihm nicht, das muss ich auch gar nicht, er weiß auch so, dass seine Worte mir unfassbar viel Hoffnung schenken. Cadens Lippen legen sich an meine Schläfe, hinterlassen ein wohliges Gefühl in Form eines Kusses. „Komm. Wir erledigen das und dann holen wir uns unser Mädchen zurück."

Our Girl - wir brauchen dichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt