Stein der Zukunft (5)

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Eine Viertelstunde später sahen sie von weitem die glitzernde, wellige Oberfläche des Sees und Marian atmete aus. ,,Gleich ist es vorüber!".
Da die Stimmen jetzt noch lauter geworden waren als vorher.

Alle drei traten an einen hohen Felsvorsprung, der über der Mitte des Sees war und die Prinzessin ging an die Spitze.

Vorher war sie fest entschlossen gewesen, den Stein zu versenken, doch jetzt bekam sie Zweifel.
,,Muss das wirklich sein?", fragte sie zögernd und drehte sich zu Derke um.
Dieser sah sie fassungslos an. ,,Natürlich! Diese Sache muss ein Ende haben!".

Sie drehte sich wieder zu dem See und streckte langsam die Hand nach dem Stein aus, um ihn über den See zu halten und ihn hineinfallen zu lassen.

,,Komm schon, worauf wartest du denn noch?", fragte Robin, obwohl er den Grund schon wusste.
Die Macht des Steins hatte wieder ihre Finger im Spiel.

Marian atmete tief durch und öffnete langsam die Hand, die über dem Wasser schwebte...

,,STOPP!!!!".






























Alle drei fuhren herum und Marian rief geschockt: ,,Prinz John?! Was machst du denn hier?!".

Der Prinz ging nicht auf ihre Frage ein und rannte auf sie zu. ,,Werf nicht den Stein ins Wasser!!!".

Er hätte sie fast erreicht, doch Robin hielt ihn zurück.

Derke sagte drängend: ,,Los, lass den Stein fallen, sonst wird es hier noch ungemütlicher, als es schon ist!".

Marian nickte und öffnete ihre Hand. Mit einem lauten Platsch fiel der Stein ins Wasser und begann, langsam zu sinken.

,,Nein!", schrie Prinz John, bevor er sich losriss und mit einem wilden Blick auf Marian zurannte.
Bevor irgendjemand reagieren konnte, warf er sich gegen seine Cousine.

Marian schrie erschrocken auf, als sie rückwärts stolperte und aus mehreren Metern direkt in das Wasser fiel.




,,MARIAN!!", schrie Robin entsetzt und rannte an die Spitze des Felsens, doch sie war schon nicht mehr zu sehen.

,,Warum hast du das getan?!", fragte er den Prinzen fassungslos.
Dieser grinste nur böse mit einem verrückten Grinsen und blau schillernden Augen, bevor er wegrannte und auf das Pferd sprang, was er mitgenommen hatte.



Das eiskalte Wasser schlug über ihr zusammen wie ihr riesiges Entsetzen über die Tat ihres Cousins.
Wie hatte er ihr das antun können?!

Marian schüttelte ihren Kopf, bevor sie sich anschickte, wieder nach oben an die Wasseroberfläche zu schwimmen.

,,Nein! Bleib stehen! Lass mich nicht hier zurück! Ich habe dir so viele tolle Dinge gezeigt und habe noch viel mehr davon!".

Wie ferngesteuert blieb Marian in ihrer Bewegung stehen und wendete den Kopf nach unten.

Sie sah den leuchtenden Stein, wie er immer tiefer sank und plötzlich unwiderstehlicher zu sein schien als je zuvor.

Sie fasste einen Entschluss und begann, ihm nachzuschwimmen. 
Mit kräftigen Stößen glitt sie immer weiter tiefer in den See und ihre Augen blitzten noch bläulicher und entschlossener als sonst.

Doch plötzlich entriss sich ihr Geist der Macht des Steins und sie drehte sich verwirrt um, um nach oben zu schwimmen.

Sie erschrak, als sie sah, wie weit unten sie in dem See war und als sie bemerkte, dass sie fast keine Luft mehr hatte.

Verzweifelt tat Marian ein paar Züge nach oben, doch ihre Kleidung zog sie nach unten und ihre Lungen hatten keine Luft mehr.

Nach einem kurzen Kampf des Überlebens schloß sie erschöpft die Augen und überließ sich ihrem Schicksal.

Und so erfüllte sich die Vision, in der sie bewusstlos immer tiefer in dem See sank.





Robin sah besorgt nach unten in den See, doch ausgerechnet heute war das Wasser trüb und er konnte überhaupt nichts erkennen.

Nachdem mehrere Minuten vergangen waren und nichts von Marian zu sehen war, nahm er Anlauf, holte so viel Luft, wie er bekommen konnte und sprang mit einem Kopfsprung tief in das graue Wasser des Kristallsees.

Er sah sich mit zu Schlitzen verrenkten Augen um und zuckte kurz darauf entsetzt zusammen, als er Marian's leblosen Körper weit unter sich entdeckte, der immer tiefer sank.

Schnell wie der Blitz tauchte er zu ihr herunter und fasste sie erst am Handgelenk an, um sie zu sich hochzuziehen und schlang ihr dann den Arm um die Taille.

Dann tauchte er wieder nach oben und betete nebenbei, das er noch genug Luft haben würde und nicht auch ohnmächtig werden würde.






Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichte Robin die Wasseroberfläche und schnappte begierig nach Luft.

,,Hast du sie?", fragte Derke vom Felsvorsprung aus.

Robin nickte schwach.

,,Dann bring sie schnell her!".

Robin legte Marian's Kopf auf seine Schulter, während er mühsam zurück zum Ufer schwamm.

Als er endlich angekommen war, hievte er die Prinzessin an Land und warf sich dann außer Atem neben sie.

,,Gut gemacht!", lobte Derke ihn, als er neben seinem Kopf stand und strich liebevoll über Robin's nasses Haar. ,,Ich werde schauen, ob sich jemand findet, der euch helfen kann!".

Robin nickte noch einmal und hustete dann etwas Wasser aus.

Inzwischen war auch Marian wach geworden und drehte sich auf die Seite, um sehr viel Wasser auszuhusten und auszuwürgen.

Dann ließ sie sich wieder mit geschlossenen Augen auf den Rücken fallen. Ihr Brustkorb hob und senkte sich heftig und ihr liefen Ströme von Wasser über das Gesicht.

Robin richtete sich auf und beugte sich besorgt über sie. ,,Geht es dir gut?", fragte er, während er ihr eine nasse Strähne aus dem Gesicht strich.

,,Du ... Du hast ... Du hast mir das Leben gerettet", keuchte sie und hob erschöpft eine Hand, die sie ihm dankbar auf die Wange legte.
Er versuchte, zu lächeln. ,,Natürlich!".

Sie lächelte schwach zurück und fuhr ihm durch das Haar.

In dem Moment sah er, ihr Retter, so süß und wundervoll aus, das Marian nicht anders konnte und ihn zu sich herunterzog, um ihn zu küssen.

Das überraschte ihn zwar sehr, aber nur nach einer Sekunde beugte er sich noch etwas weiter herunter, um sie zurückzuküssen. 

Zur gleichen Zeit startete ein starker Regen, der beide noch mehr durchnässte, als sie sowieso waren.

Doch beide lachten nur und küssten sich noch etwas mehr.

Nach ein paar Minuten ließen sie sich los und Robin richtete sich lachend auf. ,,Wenn ich das gewusst hätte, dann hätte ich dir schon viel früher das Leben gerettet!".







Auf dem Heimweg hatten sie schon alle Erinnerungen an den Stein vergessen, doch die Szene unter Wasser und ihren Kuss würden sie nie vergessen!








Ende

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