When It Rains It Pours

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Der nächste Tag brach an, ohne dass Cassia Tom zu Gesicht bekam. Er verbarrikadierte sich in seinem Zimmer, wo man ihn hier und da Gitarre spielen hörte. Bill hatte wohl mit ihm gesprochen, jedoch war Tom felsenfest davon überzeugt, dass er am Arsch war. Im Netz kursierten tausende Kommentare und Videos, wo eine Menge Menschen sich die Freiheit nahmen, die Band anzugreifen. Bill behielt recht, Tom war schuldig für die Meisten, auch wenn noch nichts bewiesen war. Im Podcast der Zwillinge war diesmal Georg mit dabei, da Tom nicht aus seinem Raum kommen wollte und zusammen versicherten die beiden, dass der Gitarrist mit diesen Vorwürfen nichts zu tun hatte und man die Sache schnell klären würde. Daraufhin beruhigte sich die Lage ein wenig, denn die Fans hielten fest zur Band.

So stand Cassia am späten Nachmittag an der Supermarktkasse und schielte nach draußen, wo Georg stand und auf sie wartete. Sie waren zusammen einkaufen gefahren, da die Schwarzhaarige die gedrückte Stimmung im Haus belastete und sie seit Tagen ihr Zimmer nicht verlassen hatte. Genauer gesagt, hatte der Bassist sich heute dazu bereiterklärt, ihr ein wenig die Gegend zu zeigen und über die Ablenkung war sie sehr dankbar. Georg bewegte sich vor der Tür des Supermarktes und ging an sein Handy, wo offenbar jemand anrief. Er bewegte sich zur Seite und außerhalb von Cassias Blickfeld. Diese linste auf die Zeitung des heutigen Tages, wo sie eine Seitenmeldung über Tom fand und darüber das berühmte Foto auf dem Parkplatz des Bowlingcenters. Natürlich wusste die Presse, dass sie in Los Angeles war und laut Georg konnte es nur noch wenige Tage dauern, bis jemand ihren Namen herausbekam.
Cassia lächelte die Verkäuferin an und reichte ihr ein paar Scheine, während sie die Einkäufe verstaute. Sie wusste nicht, wie selten die Zwillinge einkaufen gingen, scheinbar bestellten sie sich wirklich jeden Abend essen und sie hatte sich bereits angewöhnt, lieber zu kochen. Denn das Fast Food in Amerika bekam ihr nicht besonders und tatsächlich aßen Bill und Tom auch gerne bei ihr mit, weswegen sie mittlerweile automatisch für mehr Personen kochte. Das lag ihr wegen der Versorgung von Elisa und ihrer Mutter schon im Blut, auch wenn sie jetzt zum ersten Mal das Geld für bessere Lebensmittel hatte und daher gern einkaufen ging.

Die Schwarzhaarige verließ das Geschäft und winkte Georg zu, der ein paar Schritte von ihr entfernt telefonierte. „Bill", formte er mit den Lippen und Cassia hielt mit dem Einkaufswagen neben ihm und fummelte den Autoschlüssel aus seiner Jackentasche. „Ich lade schon mal ein", meinte sie leise und er nickte, bevor er wieder konzentriert Bill zuhörte.
Cassia unterdessen lief zu ihrem Parkplatz, wo Georg Toms Auto abgestellt hatte, da er natürlich sein eigenes nicht mit nach Amerika brachte und öffnete den Mercedes. Sie zog eine Kiste aus dem Kofferraum und verstaute ihre Lebensmittel. Sie war so in ihren Gedanken gefangen, dass sie gar nicht mitbekam, wie jemand sich neben sie stellte. Erst als sie den Blick hob, erkannte sie eine Frau im Hosenanzug, die sich an Toms Auto lehnte und sie freundlich angrinste. Vor Schreck zuckte Cassia so heftig zusammen, dass sie eine Packung Mozzarella und Nudeln fallen ließ.
„Himmel! Sie haben mich zu Tode erschreckt!", schimpfte die Schwarzhaarige und bückte sich, um die Sachen aufzuheben. Die Frau entschuldigte sich nicht und begann erst zu reden, als Cassia sich fragend aufrichtete. „Kann ich Ihnen behilflich sein?"
„Ich bin sicher, dass Sie das können", meinte die Frau mit unnatürlich hoher Stimme. „Ich bin vom Nachrichtensender-"
„Oh, das reicht mir schon", wimmelte Cassia brüsk ab. „Nein, ich gebe Ihnen kein Interview, nein, ich nehme zu keinen Vorwürfen Stellung und nein, Ihr Geld will ich auch nicht."
„Sie und Tom Kaulitz – kann ich dazu eine Stellungnahme haben?", fragte die Frau, als hätte Cassia gar nichts gesagt. Diese schnaubte abfällig. „Nein, ich fürchte nicht."
„Es gibt allerlei Klatsch über Sie beide", meinte die Journalistin interessiert. „Ich habe mich gefragt, ob Sie nicht in eigenem Interesse handeln würden und sich zu einem Gespräch mit mir bereiterklären. Darin können Sie Ihren Partner verteidigen."
„Ich muss ihn nicht verteidigen, er hat nämlich nichts getan", wehrte Cassia ab und biss sich auf die Lippen, während sie sich betont uninteressiert abwandte und wieder ihre Einkäufe einräumte. Die Frau ließ jedoch nicht locker.

„Es wäre in Ihrem Interesse, Miss. Ich kann Ihnen und Ihrem Partner eine Chance geben, sich an die Öffentlichkeit zu begeben und die Wahrheit zu sagen."
Als Cassia nichts erwiderte, schob die Reporterin ihr eine Karte unter die Nase. „Immerhin wird er von Menschen angeklagt, die sehr weit über Ihrer Gehaltsklasse stehen."
„Entschuldigung?", fragte die Schwarzhaarige verdattert, da sie sich nicht entsinnen konnte, wann man sie zuletzt so unverschämt angesprochen hatte. „Was wollen Sie mir damit sagen?"

„Sie sind Cassia Curie", betonte die Journalistin gedehnt und die Angesprochene spürte, wie ihr Herz zu rasen begann. „Sie sind eine aus Frankreich stammende Frau mit einem Vater als Anwalt und sie waren über Jahre hinweg die Praktikantin bei Universal, wobei sie auch die Freundin der Band waren und niemand wusste davon. Sie haben eine Schwester, die seit Ihrer Ankunft in Los Angeles in einer WG und seit einigen Tagen in einem teuren Haus in Frankreich wohnt."
„Woher?", stockte Cassia der Atem. „Woher können Sie das wissen?"
„Weil jemand anderes schlau genug war, den Preis für Informationen zu kennen und mein Sender erklärte sich bereit, diesen zu zahlen."
„Aber wer würde-"
„Sie sind derzeit ein heiß diskutiertes Thema, immerhin waren sie auf der Party von Miles und wurden dort gesehen, wie Ihr Freund Sie von der Tanzfläche gezerrt hat. Einer der Anwälte von Jessica Ives plädiert darauf, Sie für unzulänglich zu sprechen und das würde bedeuten, Ihnen würde eine Aussage vor Gericht verweigert werden."
„Moment", unterbrach die Schwarzhaarige, der langsam etwas dämmerte. Sie schloss die Augen und atmete tief durch.

„Meine Mutter, nicht wahr?", flüsterte sie dann mit dünner Stimme, auf dem Gesicht ihres Gegenübers erschien ein zufriedenes Lächeln. „Man sagte mir schon, dass Sie sehr schnell von Begriff sind."
„Meine Mutter hat mit Ihnen geredet und dafür Geld bekommen!", wiederholte Cassia und mit einem Mal ergriff sie Zorn. Was hatte sie auch Besseres von ihrer Erzeugerin zu erwarten! Das war unterirdisch!
„Haben Sie und Ihre Mutter kein gutes Verhältnis, Miss Curie? Möchten Sie darüber sprechen?" „Nein, ich will, dass Sie verschwinden!", zischte Cassia der Reporterin zu, die ihre schillernd blonden Haare zurückwarf. „Ich verstehe, dass Sie aufgewühlt sind."
„Sie schnüffeln im Leben einer anderen Person herum und sagen mir, dass Sie irgendetwas verstehen? Sie hatten kein Recht dazu!"
„Die Pressefreiheit besagt, dass wir jederzeit mit Ihrer Mutter Kontakt aufnehmen und sie um ein Interview bitten dürfen", erklärte die Frau mit immer noch nervig hoher Stimme. „Außerdem hat sie sich sofort dazu bereiterklärt – daher haben wir gegen keine Statuten verstoßen."
„Ach ja?", fragte Cassia leise. „Was ist mit Rufmord?"
„Rufmord?", lachte die Frau erheitert. „Gegen Sie etwa? Wir haben bisher keine Artikel herausgebracht, die Ihnen geschadet haben und außerdem habe ich Ihnen lediglich mitgeteilt, was ich über Sie weiß. Das ist meine Aufgabe als Journalistin. Des Weiteren steht mein Angebot noch, wenn Tom und Sie mir ein Gegeninterview geben möchten. Ihre Mutter erwähnte bereits, dass sie offenbar der Überzeugung ist, dass Mr. Kaulitz Sie erpresst."

„Hey!", unterbrach eine laute Stimme und Georg schob sich plötzlich zwischen die beiden. Cassia schoss der Gedanke durch den Kopf, dass ihr Vater wahrscheinlich wegen Angriffen dieser Art verboten hatte, dass sie das Haus verließen. Er würde sie einen Kopf kürzer machen, dass sie sich nicht daranhielt, aber an einem kurzen Einkauf hatte niemand etwas auszusetzen gehabt und niemals wäre Cassia auf die Idee gekommen, es könnte sie jemand ansprechen. Sie hatten also ihren Namen und auch die Geschichte, die ihrer Mutter erzählt hatte. Gegen eine Summe, von der sie weiteren Alkohol und Zigaretten kaufen konnte, hatte sie nicht nein sagen können und damit einfach so die Privatsphäre ihrer Tochter verkauft. Die Dunkelhaarige erwischte sich dabei, wie sie sich nicht einmal wundern konnte, doch wütend war sie trotzdem. Ihre Erzeugerin machte auch vor gar nichts Halt, nicht einmal vor dem Wohlergehen ihrer Kinder, das für eine Mutter über allem stehen sollte!

Georg schielte über seine Schulter zu Cassia. „Räum das weg und steig ein", befahl er leise und sie gehorchte augenblicklich. „Mr. Listing, was haben Sie zu den Vorwürfen zu sagen, dass Ihr Bandkollege angeblich Frauen misshandelt?", fragte die Reporterin, als wären sie nicht unterbrochen worden und das war derart unverschämt, dass Cassia sich einmischen wollte, es jedoch bei Georg Blick bleiben ließ. Sie warf die restlichen Sachen einfach in den Kofferraum und schon drehte der Bassist sich um und hielt ihr die Beifahrertür des Wagens auf, wo sie einstieg und sich anschnallte.
„Kein Kommentar", sagte er mit neutraler Stimme zu der Frau, die nun eine Kamera in der Hand hielt und an ihm vorbei in den Wagen fotografierte. „Hören Sie auf damit!", forderte Cassia laut und Georg stieg in den Wagen. „Wir melden es dem Sender und der Polizei, schnall dich an", zischte er und die Schwarzhaarige langte hinter sich nach dem Sicherheitsgurt. Noch währenddessen ertönte zweimal das Geräusch einer fotografierenden Kamera, bevor Georg einfach aufs Gas trat und vom Parkplatz auf die Straße bretterte.
„Was zum Teufel war das?", japste Cassia entgeistert und schaute durch den Rückspiegel. „Sie kannte meinen Namen und den meiner Schwester und meines Vaters! Meine Mutter hat denen ein Interview gegeben, Georg!"
„Dagegen können wir nichts mehr machen. Schreib deinem Vater, er soll den Sender kontaktieren und die Veröffentlichung des Interviews hinauszögern. Außerdem kannst du in Deutschland Anzeige gegen deine Mutter erstatten, aber hier in Amerika gelten andere Regeln. Hier hast du kein wirkliches Recht auf Privatsphäre. Wieso hast du überhaupt mit ihr geredet? Du hättest einfach nichts sagen müssen!"
„Dass sie morgen schreiben, ich hätte sogar zu viel Angst vor Tom, um den Mund aufzumachen?", fragte Cassia ebenso wütend und schaute aus dem Fenster. „Ich habe die Wahrheit gesagt, dass es nichts zu verteidigen gibt, weil er nichts getan hat!" „Und damit hattest du dich auf das Gespräch eingelassen und sie hatte dich an der Angel, um dir danach das mit deiner Mutter zu erzählen und deinen Schock auszunutzen, um dich aus der Reserve zu locken!"

Cassia schwieg betreten, weil Georg recht hatte. Ihre Maske war gefallen, als die Reporterin ihre Mutter erwähnt hatte, beziehungsweise dann, als Cassia dahintergekommen war, woher die Frau wusste, wer sie war.

„Tut mir leid", entschuldigte sich Georg plötzlich. „Es war nicht okay, dich jetzt auch noch anzugehen. Solche Menschen machen mich wütend, sie schreiben und reden über Dinge, die sie nicht verstehen und machen öffentliche Personen zunichte."
„Wenn sie wüssten, was damals zwischen Tom und mir war", hauchte Cassia und krallte sich so fest in den Sitz, dass ihre Finger schmerzten. „Dann wären wir noch mehr am Arsch."
„Was war denn zwischen dir und Tom", meinte Georg schulterzuckend. „Du sagtest, ihr habt nie gefickt." „Aber so einiges, was dem nahekommt", murmelte die Schwarzhaarige und plötzlich bemerkte sie einen Schatten auf Georgs Gesicht. „Hey, alles klar?"
„Sicher", brummte der Bassist unwillig und brauste die Einfahrt hinauf, während Cassias Vater sie bereits über WhatsApp zur Schnecke machte, wie sie es wagen konnte, mit der Presse zu reden. Woher wusste er davon so schnell? Spionierte er ihr nach?

„Tja, wir können uns wohl auf ein Interview gefasst machen, in dem alle Vorwürfe der angeblichen Opfer bestätigt sein werden", murmelte die Schwarzhaarige, als Georg auf den Hof fuhr. Er seufzte. „Das war nicht deine schuld, das war eine von der schlauen Sorte und die bekommen oft etwas aus einem raus, ohne dass man es will. Dennoch wird es die Sache nicht gerade leichter machen. Üb am besten deine Geschichte nochmal durch."
„Das muss ich nicht", meinte Cassia leise. „Immerhin erinnere ich mich an alles und Tom bestimmt auch."
Sie zögerte einen Moment, bevor sie Georgs Arm ergriff. Er hatte gerade aussteigen wollen und hielt nun überrascht inne. „Georg...was wäre, wenn Tom und ich wieder etwas miteinander anfangen würden und es diesmal...richtig ist", murmelte sie und der Bassist verengte die Augen. „Bitte sag mir nicht, dass du mir das erzählst, weil schon mehr als der Kuss passiert ist", meinte er leise und sie schluckte. „Ich erwarte nicht, dass du das verstehst-"
„Nein Cassia! Ich verstehe es nicht! Er hat dir so sehr wehgetan und anfangs dachte ich, dass du ihm bei jeder Gelegenheit am liebsten die Augen ausgekratzt hättest", sagte Georg heftig und musterte sie kritisch. „Wenn ich wüsste, dass es euch beiden nur um den Sex geht... dann würde ich euch das Gönnen, wirklich. Wenn es dazu beitragen würde, dass ihr euch nicht ständig fast umbringt, dann könntet ihr von mir aus den ganzen Tag vögeln."
„Georg", murmelte Cassia, der es fast ein wenig unangenehm war, wie er das herausposaunte, doch der Angesprochene war noch nicht fertig. Er lehnte sich näher zu ihr und senkte die Stimme. „Aber es wird nichts besser machen, verstehst du", sagte er eindringlich. „Danach wird es dir noch schlechter gehen als vorher und Tom ist... er war nach deiner Abreise vor sieben Jahren so am Ende und dennoch weiß ich seine Beweggründe."

„Du weißt bestimmt auch, dass ich in ihn verliebt war", murmelte die Schwarzhaarige und Georg fuhr zusammen. „Nun... wir haben es vermutet", wich er aus und unter ihrem Blick gab er nach. „Gut, wir wussten es. Dass du mehr für ihn empfindest und genau ab diesem Moment, wo ihr damit auch offener umgegangen seid, hat Bill schon damit begonnen, seinem Bruder ins Gewissen zu reden. Dass er dich nicht verletzen soll und ihr das bleiben lassen müsst, bevor es noch Probleme gibt. Und sieh an..."
„Bill hatte recht", beendete Cassia seinen Satz. „Tom hat mir wehgetan und es wäre besser gewesen, wenn wir es gar nicht angefangen hätten."
„Hör mir zu", verlangte Georg ruhig. „Ich habe keine Ahnung, was gerade wieder zwischen euch entsteht, aber die Spannungen merkt man schon, wenn man mit euch in einem Raum ist. Mein Rat an dich, Cassia, ist das du damit vorsichtig sein musst. Ich will nicht, dass es nochmal den Bach runter geht und die anderen auch nicht. Momentan braucht Tom dich und nach dem Prozess solltet ihr darüber ernsthaft und ehrlich sprechen. Bis dahin... weck nichts, was du nicht kontrollieren kannst, okay?"

Cassia schluckte tief. Sie ahnte, dass Georg die Richtung vermutete, die sie und Tom eingeschlagen hatten und er nur nichts weiter dazu sagte, weil er sie nicht aufregen und sich nicht einmischen wollte. Immerhin waren der Gitarrist und er noch immer befreundet und daher stellte Georg sich nicht gegen Tom. Das verlangte sie auch gar nicht. Trotzdem hatte er recht... vor dem Prozess war es gefährlich was sie trieben und das konnte böse ins Auge gehen. Und trotzdem dachte Cassia ständig an den Moment zurück, an dem sie sich in die Augen gesehen hatten, als Tom sie gefingert hatte und an den Ausbruch und das Kuscheln danach. Der Teufelskreis drohte sich zu wiederholen und dennoch rannte sie erneut mit dem Kopf voraus ins Verderben. Tom hatte sie schon immer durcheinandergebracht, aber das war ein völlig neues Level. Sie war nicht mehr ganz bei Sinnen.

„Ich werde es versuchen", antwortete sie Georg schließlich, der nicht ganz überzeugt aussah. „Ich wünschte, ich könnte es ihm übelnehmen", meinte er plötzlich mit düsterer Stimme. Cassia schaute ihn überrascht an. Nicht zum ersten Mal kam ihr der Gedanke, dass Georg etwas wusste, von dem sie keine Ahnung hatte und Tom ihn umbringen würde, wenn er ihr davon erzählte.
„Was würdest du Tom gern übelnehmen?", fragte die Schwarzhaarige leise und achtete auf jede Regung in Georgs Gesicht. „Dass er dich angefasst hat, natürlich. Aber wer kanns ihm verübeln", redete dieser nachdenklich. „Allein der Anblick, wenn du kommst, ist... göttlich."

Cassia fuhr erschrocken zusammen und starrte Georg an. „Wie bitte?", piepste sie, „Woher weißt du denn, wie ich aussehe, wenn ich komme?"
Er grinste matt. „Wenn du wüsstest, Cassia, was ich alles weiß. Dann wärst du nicht nach Los Angeles gekommen, glaub mir. Jetzt gehen wir rein, bevor dein Vater uns den Wagen anzündet."
„Georg", sagte die Schwarzhaarige säuerlich, ihre Kehle schnürte sich zu. „Wovon zum Teufel redest du?"
„Wenn du nicht willst, dass Tom mich schlachtet, dann vergiss das wieder, Cassia", meinte der Bassist ruhig. „Ich wollte dich nur ärgern." Er öffnete die Tür des Wagens und stieg aus. Cassia blieb einige Momente lang starr sitzen, dann folgte sie Georg, half ihm mit den Lebensmitteln und sie betraten das Haus, wo sie mitten in einen Streit hineinliefen.
Tom und Bill standen beide in der Küche und brüllten sich an. Die Schwarzhaarige versuchte auszumachen, wer den Streit angefangen hatte, doch es war nicht herauszuhören. Bill warf Tom vor, dass er sich selbst in diese Situation gebracht hatte und nun alle seine schlechte Laune ertragen mussten, obwohl niemand etwas dafürkonnte. Wodurch Tom zurückbrüllte, dass er seine Laune an niemandem auslassen müsste, wenn man ihn zur Abwechslung mal in Ruhe lassen würde.

„Leute!", warf Georg angesäuert ein. „Kommt mal runter, wir haben euch etwas zu erzählen! Cassia wurde von einer Journalistin angesprochen-!"
„Kannst du dir sparen", unterbrach diese murmelnd. „Die sind in ihrer eigenen Welt, die hören uns nicht zu." Sie stellte die zwei großen Tüten auf die Küchenzeile und räumte wortlos die Sachen ein, wobei sie das Geschrei im Hintergrund zu ignorieren versuchte. Früher hatte sie oft probiert, Streit zwischen den Brüdern zu schlichten, aber meistens war es tatsächlich besser, wenn man sie schreien ließ und sich nicht einmischte. Denn meistens beruhigten sie sich dann am ehesten wieder.

„Und mit Cassia fängst du schon wieder den gleichen Scheiß wie damals an, als wir sie wegen dir verloren haben! Fingerst sie, während wir alle weg sind, küsst sie und tust danach so, als wären wir dir alle egal! Denkst du auch mal an andere, Tom?", schrie Bill seinem Bruder entgegen, die Schwarzhaarige schloss den Kühlschrank. Sie hatte sich schon gefragt, wann ihr Name fallen würde und es überraschte sie nicht im Geringsten, dass Bill seinem Bruder wohl an der Nasenspitze angesehen hatte, dass etwas zwischen ihm und Cassia passiert sein musste.
„Cassia und ich gehen dich einen Scheißdreck an!", zischte Tom angespannt zurück, woraufhin der Sänger kalt lachte. „Ganz bestimmt geht mich das etwas an! Du fummelst nur wieder an ihr herum und am Ende haben wir wieder dasselbe Szenario!"
„Hey Leute, beruhigt euch", mischte sich unerwartet Gustav ein, der gerade hereinkam und seine Kopfhörer aus den Ohren zog. „Euch hört man sogar durch meine Musik." „Selbst auf dem Mars hört man die noch", kommentierte Georg, der sich gerade völlig desinteressiert ein Sandwich schmierte. Cassia schaute zu den Brüdern, die beide noch immer stritten und entdeckte auf der Kommode neben der Tür einen Motorradhelm. Sofort schaltete ihr Gehirn.
„Tom", unterbrach sie laut und zuerst reagierten beide nicht. „Tom!"
Endlich schaute der Gitarrist zu ihr, Bill drehte sich um und knurrte: „Cassia, das ist gerade ganz schlecht!"
„Lass uns Motorrad fahren gehen", schlug Cassia vor und hielt Tom den Helm hin. Dieser schaute sie verdutzt an und im Raum wurde es still. Dann nahm er ihr den Helm ab.


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