Ich bin nicht ich

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Mit angespanntem Gesichtsausdruck saß Cassia dreißig Minuten später am Tisch im Esszimmer zwischen Tom und Georg und ihrem Vater gegenüber. Dieser trug einen perfekt sitzenden Anzug, der wahrscheinlich mehrere hundert Euro gekostet hatte und blätterte in seinen Unterlagen. Er hatte einen ganzen Ordner bei sich und neben ihm stand eine junge, sehr attraktive Frau, die er nur als seine Sekretärin vorgestellt hatte und sie so liebreizend lächelte, als wäre sie die glücklichste Frau der ganzen Welt. Dabei hatte ihr Chef sie nicht einmal mit Namen vorgestellt, was Cassia ziemlich unverschämt von ihrem Vater fand. Aber was sagte er immer? Er interessiere sich nicht für die Kleinigkeiten, die kleine Leute beschäftigen.

„Ich bin ein wenig früher als geplant hergekommen", begann ihr Vater schließlich zu sprechen. „Weil die Belange doch um einiges komplexer geworden sind, woran meine Tochter nicht unschuldig ist." Er warf der Schwarzhaarigen einen scharfen Blick zu, die trotzig das Kinn reckte. Plötzlich spürte sie Toms Hand auf ihrem Oberschenkel unter dem Tisch.
„Daran trage ich die Hauptschuld, Herr Curie", sagte der Gitarrist. „Ich bin Cassia schon mehr als einmal zu nahegetreten."
„Du musst mich nicht verteidigen", meinte diese stur und funkelte ihren Vater an, der sich weiter nach vorne lehnte und die Hände faltete. „Das ist mir bekannt, Herr Kaulitz. Wäre ja nicht das erste Mal, dass Sie meine Tochter für Ihre Gelüste ausnutzen. Das beweist sich auch an der Tatsache, dass Cassia Ihre erste Wahl war, was die Alibifreundin angeht. Sehr schlau, mich dadurch auch ins Boot zu ziehen, da ich praktischerweise auch Anwalt bin, nicht wahr? Meine Tochter als Druckmittel zu nutzen, kam da gerade recht, da sie noch nie in der Lage war, Ihnen etwas abzuschlagen."
„Papa!", warf Cassia entsetzt ein, Bill runzelte die Stirn. „So unrecht hat er damit nicht", meinte er der Richtigkeit halber, doch die Schwarzhaarige war dennoch wütend. „Trotzdem braucht er nicht zu reden, als wäre ich ein kleines Kind und nicht mindestens genauso darin verwickelt!"
„Ganz ruhig", hörte sie Tom leise murmeln und erwischte seinen Blick. Er schüttelte kaum merklich den Kopf und Cassia kniff die Lippen aufeinander.

„Weswegen ich eigentlich hier bin", fuhr ihr Vater fort, als hätte es keinerlei Unterbrechung gegeben. „ist die Anklage gegen Sie, Herr Kaulitz, bei denen Ihnen unter anderem Missbrauch und Erpressung zur Last gelegt werden." Er zog ein Blatt aus seinem Ordner hervor und begann zu lesen.
„Tom Kaulitz, geboren am 1. September 1989 in Leipzig, wird sexuelle Gewalt, sowie Erpressung in mehreren Fällen vorgeworfen. Die Hauptklägerin Jessica Ives war mit dem Täter nicht in einer Beziehung, als dieser ihr gegenüber Gewalt ausübte. Danach schüchterte der Täter sie ein, dass sie nie darüber reden dürfe, da er ihr sonst das Leben zur Hölle machen würde. Die zweite Anklägerin, Miss Elena Moon, bezeichnet sich als Opfer der Erpressung, da sie von der Gewalt an Miss Ives gewusst hat und der Täter ihr ebenfalls drohte, nichts zu verraten. Addison Summers wirft dem Täter Nötigung und gewalttätiges Verhalten vor. Die Nebenklägerinnen Miss Eve Brooks und Elizabeth Taylor ziehen die Anzeige zurück."

Er ließ das Blatt sinken und bemerkte Toms überraschten Blick. Cassia war ebenfalls verwirrt. „Moment, zwei der angeblichen Opfer ziehen zurück? Weswegen?"
„Weil ihre Anwälte sie wohl darauf hingewiesen haben, dass es von deren Seite keine Beweise gibt und bei Falschaussagen gerichtliche Konsequenzen drohen", erklärte ihr Vater ruhig. „Darüber hinaus habe ich in meinen Mails mit den Anwälten der beiden Damen darauf hingewiesen, dass Tom Kaulitz für beide Abende, an denen er angeblich ihnen gegenüber gewalttätig geworden sein soll, ein Alibi hatte."
„Achso?", fragte Bill verdutzt. „Unser früherer Anwalt sagte, dass das Alibi nicht glaubhaft war." „Ihr früherer Anwalt war auch nicht ich", betonte Cassias Vater gedehnt. „Ich habe ihm ein neues Alibi verschafft, indem ich eurer Geschichte, dass Tom sich auf einem Motorradausflug befand, ein bisschen abgeändert und um Person ergänzt habe. Dabei handelte es sich um Heidi Klum, die bereit war, das Alibi zu bestätigen. Unter anderem, weil Sie beide am Abend tatsächlich zusammen waren. Es geht hier nur um zwei Stunden Zeitunterschied und die Anwälte dieser beiden Gören sind Stümper. Sie wissen, dass ihre Seite keine Chance hätte und wollen sich die Blamage ersparen, wegen Falschaussagen am Ende noch eine Gegenanzeige zu kassieren."
„Warst du deswegen neulich bei Heidi?", wollte Cassia leise an Tom gewandt wissen, der angespannt nickte. „Dein Vater meinte, er hätte Kontakt zu ihr aufgenommen und sie wollte das mit mir bereden. Sie wäre an dem Tag eigentlich mitgekommen, aber ihre Tochter war krank."

Cassia schaute zu ihrem Vater, der gerade konzentriert den Zettel las, den er in der Hand hielt. Er mochte ein Arsch sein, aber als Anwalt war er fantastisch. Das konnte sie nicht leugnen.
„Ich wurde zum Prozess jetzt vorgeladen", meinte sie und Nino Curie hob den Kopf. „Das habe ich vermutet. Es ist aber noch kein Prozess, sondern eine Anhörung. Wir möchte eine Einigung erzielen und das geht nur mit einem Vergleich. Ein Richter hört sich beide Seiten an und dann beraten sich die Anwälte, wie man am besten eine Lösung findet. Es sei denn, der Richter ist überzeugt von der Unschuld einer Seite, dann wird der Gegenseite direkt klargemacht, dass kein gerichtlicher Prozess zu ihren Gunsten entscheiden würde. Ich fürchte, wenn wir die Medien umgehen wollen, bleibt uns nichts anderes übrig, als eine Teilforderung anzunehmen. Am besten wäre eine Einigung mit Geld."
„Aber würde die Öffentlichkeit dann nicht denken, Tom hat ihnen Schweigegeld bezahlt, um die Tat zu verschleiert?", fragte Georg berechtigterweise und Cassias Vater lächelte matt. „Deswegen werde ich als Ihr Anwalt auf eine Schweigepflichtserklärung bestehen. Wenn eine über den Prozess spricht oder erneut eine Anzeige vorbringt, erhalten Sie eine Schadensersatzforderung wegen Verstoßes gegen diese Schweigepflicht. Das dürfte sie abschrecken. Ich denke mit fünf Millionen Dollar Strafgeld kann man jede Menge Geduld kaufen."
„Also wenn sie beschließen an die Öffentlichkeit zu gehen, müssen sie der Band fünf Millionen zahlen?", fragte Cassia entgeistert, Tom schnaubte. „Jessys Vater gehört ein Ölunternehmen und Addison hat ein Treuhandvermögen. Für die ist das gar nichts, vielleicht eine Monatsrechnung von ihren ganzen Einkäufen."
„Ekelhafte Weiber", murmelte Bill verächtlich. „Die wollen nur Aufmerksamkeit, Cassia. Jessica ist nur wütend, weil Tom Heidi kennengelernt hat und danach nichts mehr von ihr wissen wollte und Elena war zu dem Zeitpunkt minderjährig und ist sauer, dass er nicht auf sie angesprungen ist. Denen geht es nicht um Geld, sie wollen einfach nur Probleme machen. Mit dem Vermögen von den beiden hast du ziemlich schnell Langeweile."
„Aber aus Langeweile zeigt man doch niemanden an!", zischte Cassia und er zuckte hilflos die Schultern. „Wie gesagt, denen geht es mehr um ihr eigenes Recht und darum, dass sie die Opferrolle hervorragend spielen. Wer glaubt schon direkt an die Unschuld eines Mannes, wenn es um sexuelle Gewalt geht? Die meisten sind auf der Seite der Frau, auch wenn noch nichts bewiesen ist."
Und das war nicht mal gelogen, musste Cassia sich eingestehen. Ihr Vater nahm einen Schluck aus seiner Kaffeetasse.

„Am besten wäre es natürlich, wenn man Tom direkt freispricht, aber dafür kann ich nicht garantieren. Das hängt alles von meiner Tochter und ihrem Schauspiel ab." Er blickte zwischen Cassia und Tom hin und her, sein Lächeln wurde zynisch. „Wobei ich nicht weiß, wie viel davon noch geschauspielert ist."

Die Schwarzhaarige senkte den Blick. „Das bedeutet, ich werde bei dieser Anhörung in einem Raum mit allen sitzen und-"
„Und man wird dich aufrufen und dir Fragen stellen", meinte ihr Vater nickend und ergriff ein weiteres Blatt aus seiner Mappe. „Der Richter ist ein fairer Mann, meine Leute haben ihn ein bisschen überprüft und er wird dich anhören. Du erzählst ihm alles, was du über Tom weißt und mit dem man seine Unschuld unterstützen könnte. Beispielsweise, dass er dir gegenüber nie Gewalt angewendet hat, auch keine sexuelle Bedrängung da war, dass er das auch mit anderen Frauen nie gemacht hat. Zuallererst wäre es sinnvoll, wenn du ausführlich davon berichtest, wo und wann ihr euch kennengelernt habt."
„Erzähl denen, wann wir uns angefreundet haben", machte Bill weiter und lehnte sich in Cassias Richtung. „Erzähl einfach alles, das irgendwie weiterhilft."
„Und was ist mit dem, was hinter den Kulissen abging?", wollte die Schwarzhaarige wissen. „Soll ich davon erzählen?"

Es war ihr Vater, der ihr antwortete. „Zu Beginn waren wir unsicher, aber da auch sexuelle Gewalt angeklagt wird, wäre es sinnvoller, von der Affäre zu erzählen. Zumindest soweit es nötig ist. Es ist besser, wenn sie es erfahren, bevor im Nachhinein etwas rauskommt. Erzähl keine Lügen, denn Richter sind nicht dumm und riechen das meistens meilenweit. Wenn du lügst, wird er dich in die Mangel nehmen und ein falscher Satz wäre fatal. Du sollst verliebt sein, aber nicht dumm. Erzähl es nicht, als wärst du überglücklich und so verliebt, dass du nicht mehr klar denken kannst. Du bist seine Freundin und willst ihm aus diesem Fall raushelfen, indem du transparent und ruhig die Wahrheit erläuterst", bläute er ihr ein, Cassia schluckte und nickte schließlich. „Okay, bis dahin habe ich's kapiert..."

„Wie sicher ist es, dass sie nicht an die Öffentlichkeit gehen?", fragte Gustav ruhig und Nino Curie zuckte die Schultern. „Das wäre zum Nachteil von uns allen..., wenn sie sich des Sieges sicher sind und tatsächlich öffentlich vor Gericht ziehen, können wir nichts tun. Es ist ein gutes Zeichen, dass sie es noch nicht getan haben."
„Übrigens, schaut euch das mal an", meinte Georg und legte eine Zeitschrift in die Mitte des Tisches. Cassia erkannte sich selbst in dem weißen Sommerkleid, welches sie vor wenigen Tagen in der Stadt getragen hatte. Georg war neben ihr und hielt sein Eis in der Hand, Tom hielt ihre Hand und lachte gerade über etwas, das sie wohl erzählt hatte. Darunter prangte in Großbuchstaben ein Titel, dass Tom die Scheidung zu Heidi offiziell gemacht hätte und ob diese mysteriöse Frau Schuld daran wäre.
Die Schwarzhaarige lehnte sich zurück. „Das wolltet ihr doch, oder? Immerhin wird geredet." „Es ist gut, dass du kein Instagram oder sonstige sozialen Netzwerke benutzt", murmelte Georg und Bill nickte sofort. „Du wärst überrascht, wie viel Hass man so abbekommen kann."
„Oh, die hassen mich also?", fragte Cassia sarkastisch. „Warum? Weil ich Tom habe und sie eifersüchtig sind?"
„Ja", antwortete Gustav ihr. „Kommt uns bekannt vor, nicht wahr?"
Er spielte auf die Zeit an, in der Cassia und Tom offensichtlicher mit ihrer Beziehung umgegangen waren und das alle aus der Band sie vor dem Hass gewarnt hatten. Manche Fans konnten unberechenbar werden.

„Im Übrigen, Cassia", murmelte ihr Vater und schaute sie über den Tisch hinweg an. „Es gibt eine Neuigkeit, die dich eventuell bald erreichen könnte, ich habe es bei meiner Landung erfahren. Heute Nacht gab es einen Polizeieinsatz in der WG deiner Halbschwester."
Die Dunkelhaarige riss die Augen auf. „Wie bitte? Geht es Elisa gut?" Sie sprang vom Stuhl hoch und schnappte ihr Handy.
„Soweit ich weiß", sagte ihr Vater gelangweilt, als würde ihn das gar nicht interessieren. „Aber viel wichtiger ist, der Grund für den Einsatz war ein Einbruch. Mein Kollege hat eine Tochter nur ein Haus weiter, sie hat die Polizei gerufen. Es wurde eingebrochen und offenbar Handys und Geld gestohlen, die Täter sind entkommen. Sie haben außerdem ein Feuer in der Küche gelegt, die Wohnung ist bis auf Weiteres nicht bewohnbar."
„Aber- wie geht es allen?", fragte Cassia erneut und er seufzte. „Es geht allen gut, Elisa hat eine meiner Wohnungen in Frankreich bekommen, sie studiert ab nächstem Monat Philosophie und Biologie an einer Hochschule."
„Moment", unterbrach die Schwarzhaarige verdutzt. „Elisa wohnt in einer Wohnung von DIR? Seit wann kümmert sie dich?"
„Sie konnte nirgendwo hin und da ihre Mutter mittlerweile polizeibekannt ist und ihr die Vormundschaft aberkannt wurde, erhielt ich einen Anruf vom Amt, ob ich bereit bin, die Verantwortung zu übernehmen, da ihr... Erzeuger nicht auffindbar ist und deine Mutter sich weigert, jemandem mitzuteilen, wer er ist", erklärte ihr Vater und Cassia warf Tom einen Blick zu. Dieser nickte langsam. „Ich sagte dir, ich würde mich darum kümmern und dein Vater ist der nächste Verwandte, den deine Schwester hat. Andernfalls hätte ich eine Pflegefamilie für sie suchen lassen und das hätte gedauert. Es war die einfachste Lösung."
„Ich dachte, Elisa sei dir zuwider", meinte Cassia an ihren Vater gewandt, der ergeben seufzte. „Mir ist bekannt, dass du ein sehr eigensinniges Wesen hast, liebe Tochter und daher weiß ich, dass du zweifellos nie wieder ein Wort mit mir gewechselt hättest, wenn ich deiner Halbschwester nicht helfen würde. Ganz davon abgesehen, dass du meine Kanzlei wahrscheinlich abgebrannt hättest." Bei diesen Worten lachte Tom neben Cassia leise auf.
„Außerdem", redete deren Vater weiter „muss ich Elisa zugestehen, dass sie intelligent ist und hohes Potenzial hat. Sie hat den Studienplatz von mir erhalten und ich bin sicher, dass sie mir dafür eines Tages dankbar sein wird." „Natürlich", verdrehte Cassia die Augen. „Du hoffst, dass du etwas davon hast!"

„Cassia", unterbrach Bill rüde und seine Augen blitzten. „Er hat deine Schwester kurzfristig bei sich aufgenommen und ihr den Platz an einer Hochschule verschafft. Findest du nicht, du könntest etwas dankbar sein?"
Es dauerte eine Weile, bis auch Georg, Tom und Gustav die Schwarzhaarige fragend musterten, die schließlich den Kopf in den Nacken legte und tief durchatmete. Es war einfach zu viel passiert, als dass sie ihrem Vater eine gute Tat abnahm. Immerhin hatte er sie auch jahrelang mit ihrer Mutter alleine gelassen und sich einen Dreck um sie und Elisa geschert.
„Danke Papa", brachte sie schließlich hervor, dieser nickte geschäftlich und auch ein wenig zufrieden. Dann jedoch wurde sein Gesichtsausdruck dunkler, weswegen Cassia sich hinsetze und wachsam wurde. „Was ist noch?"
„Sie haben eine Nachricht hinterlassen", erklärte er und öffnete seine Mappe erneut. „Die Einbrecher haben wohl gewusst, was sie taten und das Haus war auch kein Zufall."
Er legte ein Foto vor Cassia und Tom auf den Tisch, bei dessen Anblick die Schwarzhaarige unter dem Tisch nach seiner Hand griff. Sie umklammerte seine Finger.

„Oh mein Gott", brachte Bill hervor. Auf dem Foto war die Wand eines Wohnzimmers zu sehen und dort stand in roter Farbe: „Grüße an deine Schwester."
„Die haben Elisa bedroht", stellte Cassia entsetzt fest. „Wir müssen irgendetwas tun!" „Die Polizei sucht nach den Tätern und gerade ist deine Halbschwester in einem anderen Land und geht auf eine neue Hochschule, so schnell wird sie keiner finden", erklärte ihr Vater langsam. „Außerdem habe ich gestattet, dass sie meinen Nachnamen dort verwendet."
„Aber was wollen sie von ihr?", fragte die Schwarzhaarige, Toms Daumen streichelte ihren Handrücken. „Elisa hat doch keinem etwas angetan."

„Ich vermute, dass das entweder im Auftrag der Damen geschah, die uns gerade Probleme machen und eine Warnung an dich sein sollen, Cassia... oder, dass es ein paar verrückte Fans waren, die sich ein bisschen wichtigmachen möchten", erklärte Nino Curie mit neutraler Stimme. „Ich halte Erstes für wahrscheinlicher."
„Ihr solltet euch etwas ansehen", unterbrach Bill plötzlich, der sein Handy anstarrte und kalkweiß geworden war. „Bill, was ist?", zischte Tom, der sofort auf Angriff war. Der Sänger reichte Cassia sein Handy und diese starrte auf den Bildschirm.

Jessica Ives, Erbin des Ölkonzern Ives, erhebt schwere Vorwürfe gegen Tom Kaulitz und die Band Tokio Hotel.
Misshandelt Tokio Hotel Gitarrist Tom Kaulitz auch seine neue Freundin?


Darunter war ein Foto von dem Parkplatz des Bowling Centers, bei dem Tom gerade nach Cassia griff und ein Bild darunter sah sie die Szene aus dem Hotel, wo er sich gerade über sie beugte.

„Das wars dann wohl mit der Geheimhaltung", stotterte die Schwarzhaarige entgeistert, die ihrem Vater das Smartphone hinhielt. Er schaute zwei Sekunden den Bildschirm an und begann zu fluchen. „Melanie, rufen Sie in der Kanzlei an! Ich brauche alle Daten zu dieser Zeitschrift und wie die an das Foto gekommen sind! Ich will alles, den Besitzer des Bildes, den Fotografen, selbst den Laden, wo die Kamera gekauft wurde! Alles!"
Seine Sekretärin nickte aufgeschreckt und eilte davon, Cassias Vater stand auf. „Ihr verlasst das Haus nicht, bis ich das geklärt habe, keine Social-Media-Aktivitäten und geht nicht ans Telefon!"
Er schnappte seine Aktentasche. Die Schwarzhaarige schaute neben sich zu Tom, der versteift auf seinem Stuhl saß. „Tom", murmelte sie vorsichtig. „Die werden trotzdem nicht gewinnen."
„Aber wir haben trotzdem eine vernichtende Schlagzeile", antwortete dieser gepresst, Cassia legte ihre Hand auf seine Schulter. „Die Anzeige wird im Nichts verschwinden und die Frauen dafür geradestehen, dass sie dir sowas vorwerfen. Ihr seid in weniger als zwei Wochen wieder raus aus der Sache und der Ruf wiederhergestellt."
„So schnell erholt sich ein Ruf nicht, es gibt immer Leute, die weiterhin daran glauben werden, was diese Frauen sagen!", zischte der Gitarrist und wandte den Kopf, um sie anzusehen. „Du solltest abreisen."
Das kam so unerwartet, dass Cassia verdutzt die Stirn runzelte. „Wie bitte? Genau für diesen Prozess hast du mich hergeholt, Tom!"
„Aber nicht, wenn deine Familie jetzt deswegen angegriffen wird. Deswegen hau ab und bete, dass sie dich schnell vergessen."
Die Schwarzhaarige straffte die Schultern. „Nein, das werde ich bestimmt nicht machen! Ich habe keine Angst vor denen!" „Hier geht es nicht um Angst!", fauchte Tom sie an. „Sondern darum, dass ich dich bis zum Hals mit in die Scheiße ziehe, wenn du nicht abreist."
„Das war ein Risiko, das ich eingehen musste, als ich nach Los Angeles geflogen bin! Du schickst mich nicht nochmal einfach nach Hause, Tom! Hol den Sicherheitsdienst, wie beim ersten Mal, wenn es dir nicht passt, aber ich bleibe!", knurrte Cassia zurück, der Gitarrist stand auf.
„Du bist so ein verdammter Dickkopf!"
„Ich lerne ja auch von den Besten!"

„Hey hey", beruhigte Gustav, da Cassia und Tom immer lauter wurden. „Kommt wieder runter, das hilft uns auch nicht weiter. Tom, sie wusste, was sie tut. Jetzt lasst uns besprechen, wie es weitergeht."

Tom schaute seinen Bandkollegen an und wandte dann seine Augen wieder auf Cassia, die ihn wütend anfunkelte. „Fahr nach Hause", sagte er eindringlich, sie verschränkte die Arme vor der Brust. „Vergiss es!"
„Fahr nach Hause, Cassia, ich meine es ernst!"
„Nein. Du kannst mich mal, Kaulitz!"

Weiter kam sie nicht. Schon im nächsten Moment hatte Tom mit den Händen ihr Gesicht gepackt und seine Lippen pressten sich hungrig auf ihre. Es war kein sanfter Kuss, er strotzte vor Wut und Angst.
Schon in der nächsten Sekunde ließ der Gitarrist von ihr ab und atmete schwer. „Ich werde dein Untergang sein, wann merkst du das endlich", murmelte er noch, dann ließ er sie und die anderen drei Männer stehen.
„Tom!", rief Bill ihm hinterher und sprang vom Stuhl hoch, um seinem Bruder zu folgen. Gustav massierte sich die Schläfen und Georg ergriff Cassia am Arm, als diese den Zwillingen folgen wollte. „Lass ihn gehen, Cassia", meinte der Bassist ruhig. „Das war gerade alles ein bisschen viel auf einmal."
„Wem sagst du das", brummte Gustav. „Damit ist Tom keinesfalls der Einzige." „Aber ihm wird das alles vorgeworfen und jetzt hat er Cassia hier, die er davor schützen will und gleichzeitig ist sie vielleicht der letzte Ausweg", meinte Georg nur und strich der Schwarzhaarigen über den Rücken. „Komm, gehen wir raus und sitzen in die Sonne. Tom wird wiederkommen, wenn er und Bill geredet haben. Bill ist der Einzige, der in diesem Zustand an Tom rankommt und das weißt du auch. Lass ihnen die Zeit, wenn er sich beruhigt hat, kommt er wieder."

„Wenn du meinst", murmelte Cassia widerwillig und ließ sich von Georg mitziehen. Gustav folgte ihnen, ebenso hörten sie irgendwann Toms unverständliches Geschrei. Die Schwarzhaarige googelte Toms Namen und sofort erschienen dutzende Beiträge aller möglichen Zeitschriften und Zeitungen darüber, dass der Gitarrist sie misshandelte und sie in Gefahr war.
„Sie haben nicht gesagt, welche Vorwürfe sie vorbringen", sagte Cassia zu Georg, der ihr gerade Wein einschenkte. „Nein", antwortete er zögerlich. „Das ist ein gutes Zeichen, auch wenn es kaum nötig ist, es extra zu erwähnen. Die Presse schlachtete das aus, solange halten wir die Füße still."
„Wenn das so leicht wäre", murmelte Cassia mit Blick auf den roten Wein.


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