Kapitel 37

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Wir saßen nach dem Fußballspiel noch zusammen im Park. Während ich an meinem Schokoeis leckte, schwebten Robin und Timothy auf Wolke Sieben. Sie hatten kein anderes Gesprächsthema, als das Probetraining, zu dem sie eingeladen worden waren. Irina und Mia war das, genau wie mir, zu langweilig. Sie spazierten in einigen Metern Entfernung über die Wiese und quatschten miteinander.

Ich hingegen machte mir immer noch Gedanken über das Gespräch mit William. Ich wollte einfach nicht wahrhaben, dass es keine Lösung gab. Doch meine Gedanken drehten sich immer nur im Kreis. Die einzige Lösung wäre, dass ich ein Vampir wurde, auch wenn das viele Nachteile mit sich bringen würde. 

Davon abgesehen wusste ich nicht mal genau, wie ich ein Vampir werden konnte und selbst wenn, Timothy würde es nicht zulassen. Das war alles so frustrierend. Die einzige Möglichkeit mehr herauszufinden, war ein weiteres Treffen mit William. Er konnte uns sicher mehr darüber sagen.

Als es dämmerte, machten wir uns alle auf den Nachhauseweg. Timothy musste in dieselbe Richtung wie ich. Ich saß hinten auf seinem Gepäckträger und hatte meine Arme um seinen Bauch geschlungen.

„Goldie?", nuschelte ich.

„Mhm?"

„Können wir vielleicht nochmal William treffen und ihn fragen, wie man ein Vampir wird?"

Mein Freund seufzte und hielt das Rad an. Er drehte sich zu mir und blickte mir ernst in die Augen: „Ich weiß, dass du dir Sorgen machst. Ich finde das genauso mies. Ich könnte heulen, wenn ich daran denke. Aber es bringt nichts. Es ist nun mal so. Und wie ich schon gesagt habe, es ist keine Alternative, dass du ein Vampir wirst. Das ist ein beschissenes Leben und du würdest damit genauso wenig glücklich werden." 

Betrübt wich ich seinem Blick aus und starrte auf den Boden.

„Kätzchen", schob er nun sanft hinterher, „du musst aufhören, ständig darüber nachzudenken. Du machst dich damit sonst kaputt." Ich antwortete nicht mehr darauf.

„Fahren wir jetzt weiter?", fragte ich stattdessen.

„Sei nicht wütend."

„Ich bin nicht wütend." Natürlich war ich es. Es nervte mich, dass er so schnell aufgab und es nicht mal in Betracht zog, William nochmal zu kontaktieren, oder vielleicht eine andere Lösung zu finden. Er wollte unser Schicksal einfach so hinnehmen. Aber ich würde das nicht. Während wir weiterfuhren, schmiedete ich einen Plan.


Auch montags in der Schule quatschten Timothy und Robin jede freie Minute über das Training. Sie waren nervös. Heute nach dem Unterricht würde eine von Robins Mums die beiden nach Ulm fahren und dort würde sich entscheiden, ob sie wirklich eine Chance hatten, in das Team zu kommen.

„Goldie, du packst das. Sie werden dich zu hundert Prozent in ihrem Team haben wollen", machte ich meinem Freund Mut, während ich ihn zum Abschied umarmte. Robin saß schon im Auto bei seiner Mum und nun löste sich auch Timothy von mir. Mit einem aufgeregten Grinsen im Gesicht, stieg er in den Kleinwagen ein und winkte mir noch zu, als sie wegfuhren.

Ich warf mein Longboard vor mich auf den Boden, als ich gerade Grace aus dem Schulhaus kommen sah.

„Grace!", rief ich ihr zu. Doch die großen schwarzen Kopfhörer auf ihren Ohren verhinderten, dass sie mich hörte.

Ich sprang auf mein Board und fuhr ihr entgegen. Erst als ich nur noch ein paar Meter vor ihr war, blickte sie auf. Ein Grinsen erschien auf ihrem Gesicht und sie zog sich die Lautsprecher vom Kopf.

„Hey, du. Alles gut?", fragte sie mich.

„Jap, alles gut. Beziehungsweise ich muss dich etwas fragen." Neugierig musterte sie mich. „Kannst du noch ein Treffen mit William organisieren?"

Sofort zog sie eine Augenbraue skeptisch nach oben: „Warum willst du dich nochmal mit ihm treffen?"

„Ich will fragen, wie man ein Vampir wird."

„Timmy hat mir schon von deiner Schnapsidee erzählt. Ich kann mich ihm nur anschließen: Du willst kein Vampir sein."

„Nein, will ich auch nicht. Aber vielleicht ergibt sich daraus ja irgendeine andere Möglichkeit. Bitte, Grace. Ich ertrag' den Gedanken nicht, dass ..."

„Am besten, redest du nochmal mit Timmy darüber."

„Der ist total stur. Er lässt sich nicht darauf ein. Komm schon Grace, hilf mir. Biiiiiiitte!", bettelte ich.

„Das heißt, du willst dich mit William treffen, ohne Timothy einzuweihen?" 

Schuldbewusst biss ich mir auf die Unterlippe und jammerte weiter: „Bitte, bitte, bitte, allerliebste Grace! Falls William eine Lösung hat, dann ist Timothy bestimmt auch froh darüber, dass ich nicht auf ihn gehört habe."

Sie seufzte: „Ich kann William mal schreiben. Ich weiß sowieso nicht, ob er bereit ist, dafür extra nochmal nach Deutschland zu kommen."

„Danke! Du bist die Beste!", quietschte ich und fiel ihr um den Hals.

„Aber gut finde ich das nicht", meinte sie ernst.

„I know!"


Abends kam Timothy noch zu mir. Ich war gespannt, was er vom Probetraining erzählen würde, doch als er in mein Zimmer trat, wirkte er ernüchtert. Von seinem breiten Grinsen war nichts mehr übrig. Ich erwartete, dass er mir gleich erzählen würde, dass es nicht geklappt hatte, doch als er sich zu mir aufs Bett setzte, sagte er mir das Gegenteil. Er durfte ins Team.

„Aber das ist doch gut!", meinte ich, „Ich bin echt stolz auf dich!"

„Danke, ja, ich hab mich auch erst gefreut, aber als uns der Trainer von dort aufgezählt hat, wozu wir alles verpflichtet wären, wurde mir ganz anders."

„Wie meinst du das?"

„Na ja, ich hätte dann dreimal die Woche ein verbindliches Training und jeden Samstag und Sonntag Spiele. Dafür müsste ich jedes Mal fünfundvierzig Minuten nach Ulm fahren und danach wieder zurück. Ich hab' das durchgerechnet und ich weiß nicht, ob ich wirklich so viel Zeit für ein Hobby opfern will. Oder besser gesagt, ich habe auch noch andere Hobbys, wie das Klavierspielen und auch für dich hätte ich viel weniger Zeit."

Betrübt schauten mich seine bernsteinfarbenen Augen an.

„Das wäre echt doof. Du kannst es dir ja nochmal überlegen, aber wenn du dich dafür entscheidest, werde ich dich auf jeden Fall unterstützen." Er lächelte dankbar. „Wann musst du dem Trainer dort Bescheid geben und wie sieht's bei Robin aus?"

„Ende der Woche. Robin ist dabei. Er hat direkt zugesagt, auch wenn er es natürlich noch mit seinen Mums besprechen muss."

„Okay, freut mich für ihn und du kannst es dir ja noch überlegen", meinte ich und zog ihn zu mir. Er legte seinen Kopf auf meinen Schoß und ich kraulte ihm durch die blonden Locken. In dem Moment vibrierte mein Handy. 

Grace schrieb: Tristan, William ist noch bis Mittwoch in Stuttgart. Wenn wir morgen nach der Schule fahren, können wir uns mit ihm treffen!


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Aiaiaiaiaiai, ob das so eine gute Idee ist, Timothy nicht einzuweihen? Auf jeden Fall ist es nicht gut, dass Tristan somit ein Geheimnis vor Timothy schafft. :(

Freue mich wie immer über Reads, Votes und eure Meinung in den Kommentaren!

Love ya, Elena <3

Tristan und Timothy 2 [BxB] - Wenn Eis und Bernstein eins werdenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt