Kapitel 39

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Während wir zusammen in den Park liefen, Timothy schob sein Rad dabei, sprach er kein Wort mit mir. So wütend hatte ich meinen Freund wirklich noch nie erlebt. Sein Körper war angespannt und sein Blick strafte mich mit Enttäuschung. 

Erst als wir uns zusammen auf eine Parkbank setzten, fand er seine Stimme wieder. „Warum machst du das hinter meinem Rücken?"

„Weil du nichts mehr davon hören wolltest", murmelte ich schuldbewusst.

„Wenn ich daran denke, wie William dich angeschaut hat. Als wärst du etwas zu Essen. Die Aktion war viel zu gefährlich. Du hast dein Leben aufs Spiel gesetzt!" 

Wenn er wüsste, wie recht er damit hatte, aber das wollte ich ihm später erzählen. Gerade war er viel zu aufgebracht und die Tatsache, dass William mich angegriffen hatte, würde nur noch Öl ins Feuer kippen.

„Dafür habe ich jetzt Antworten", meinte ich und deutete ein Lächeln an.

Er erwiderte es nicht. „Die Antworten hätten uns auch nichts gebracht, wenn du jetzt tot wärst!"

Jetzt wurde ich auch sauer. „Willst du jetzt wissen, was ich erfahren habe, oder nicht?"

„Erzähl."

Ich wiederholte, was ich durch William herausgefunden hatte. Von dem Bund durch die Blutsbrüderschaft, die spezielle Verbindung, die dadurch entstand und davon, dass dieses Ritual den menschlichen Organismus auf den Virus vorbereiten würde. 

Timothy hatte sich inzwischen wieder entspannt und hörte neugierig zu, was ich erzählte. Bis ich zu der Stelle kam, dass ich Vampirblut trinken und dann sterben müsste, um mich zu verwandeln. Sofort war er wieder auf Hundertachtzig.

„Das kannst du dir direkt wieder abschminken! Ich vertraue dem Typen nicht. Dem sind Menschen nichts wert. Nachher hat er gelogen und du verwandelst dich gar nicht, sondern wärst einfach nur ..."

„Ich werde doch sowieso irgendwann sterben."

„Ja, aber jetzt doch noch nicht!"

ARGH!

Ich wollte gerade etwas erwidern, als mein Smartphone vibrierte und auch Timothys Klingelton ertönte. Verwundert zogen wir beide unser Smartphone aus der Tasche. Robin schrieb in der Boys-Gruppe: SOS! Ihr müsst bitte sofort vorbeikommen. Ich hab' ein verdammt großes Problem!

Timothy und ich schauten uns nur verwundert an und ohne zu zögern, standen wir auf. Ich setzte mich hinten auf seinen Gepäckträger und er fuhr los.

Wir bogen in die Straße ein, in der Robin wohnte, als aus der entgegengesetzten Richtung Henry angeradelt kam.

„Weißt du, was los ist?", fragte ich ihn besorgt, als wir vor dem Mehrfamilienhaus zum Stehen kamen. Sein Gesicht war gerötet und er schob sich die verrutschte Brille die Nase nach oben.

„Nee, keine Ahnung, aber hört sich ernst an."

Keine Sekunde nachdem wir geklingelt hatten, ertönte der Summer. Robin war kreidebleich, als er uns die Wohnungstür öffnete. Schnell lotste er uns vorbei am Wohnzimmer in sein Zimmer. 

Timothy und ich setzten uns aufs Bett, während Henry sich in den Fußball-Sitzsack fallen ließ. Robin blieb einfach wie angewurzelt im Zimmer stehen. Nervös knetete er seine Hände. Besorgt schauten wir ihn alle an. Verdammt, was ist los mit ihm?

Er war total aufgewühlt und rückte nicht raus mit der Sprache. Dann zog er irgendwann seinen Schreibtischstuhl vom Tisch und setzte sich darauf. Stumm vergrub er sein Gesicht in den Händen. Ich wusste nicht, ob er sogar weinte, aber auch so wurde ersichtlich, wie verzweifelt er war. 

Henry wälzte sich aus dem Sitzsack, ging zu Robin und legte seine Arme um seinen besten Freund. Der bewegte sich nicht. Sein Gesicht war immer noch versteckt in den Handflächen. 

Besorgt und unsere Diskussion von vorhin vergessen, tastete ich nach Timothys Hand, die neben mir lag. Unseren Freund so verzweifelt zu sehen, tat weh. Timothy erwiderte meine Berührung und streichelte sanft über meinen Handrücken. 

Dann endlich senkte Robin seine Hände. Er lehnte seinen Kopf an Henry, der immer noch neben ihm stand und seine Hand beruhigend auf Robins Schulter liegen ließ. 

Er seufzte und dann sprach er endlich aus, was ihn so sehr bedrückte: „Fuck! Jungs, Mia hat mir geschrieben ..." Er stockte und wieder hielt er sich die Hände vors Gesicht. 

Shit, sie hat bestimmt Schluss gemacht ...

„Sie ist schwanger ...", flüsterte er kaum hörbar. What!?

Ohne etwas zu sagen, starrten wir ihn alle fassungslos an. Für den Bruchteil einer Sekunde war ich froh, dass Timothy und mir das nicht passieren konnte. Doch dann dachte ich wieder an Robin. Fuck! Ich wusste nicht, was ich sagen sollte.

„Ihr wisst schon, dass es so etwas wie Kondome gibt?"

„Nicht hilfreich, Henry", seufzte Robin. Doch Henrys flapsige Bemerkung bewirkte wenigstens, dass Robin seine Hände wieder vom Gesicht nahm. Den Kopf immer noch an Henry angelehnt, der keinen Zentimeter von seinem besten Freund wich.

Verzweifelt blickte Robin in die Runde: „Verdammt! Was mach' ich denn jetzt?"

„Hast du schon mit Mia geredet?", fragte Timothy ihn.

„Nein. Sie hat mir das geschrieben und als ich versucht hab' sie anzurufen, hat sie mich weggedrückt. Dann hat sie mir geschrieben, dass Irina bei ihr ist und sie sich später bei mir meldet." Mutlos schaute er uns an. „Fuck, meine Mums bringen mich um. Ich bin so dumm! Und das mit dem Fußballteam in Ulm kann ich jetzt auch an den Nagel hängen."

„Denkst du denn, Mia will es behalten?", fragte Henry vorsichtig.

„Ich hab' keinen Plan. Ich werde sie auf jeden Fall unterstützen, egal, wie sie sich entscheidet. Aber ich will ihr auch nicht das Gefühl geben, dass sie das allein entscheiden muss, aber dafür müsste sie erst mal mit mir reden."

Er war echt verzweifelt. Armer Robin ... und arme Mia!

In dem Moment vibrierte mein Handy. Irina schrieb und fragte, ob ich zufällig gerade bei Robin wäre. Ich schrieb ihr zurück, dass ich Bescheid wusste. Sie antwortete: Mia ist komplett aufgelöst. Aber ich glaube, es wäre besser, wenn Robin jetzt nochmal mit ihr redet. Sie müssen das beide unbedingt gemeinsam besprechen.

Wir begleiteten Robin bis zu Mias Haus. Ich schrieb Irina, dass wir da waren. Kurz darauf erschien sie in der Haustür und umarmte Robin mit einem mitfühlenden Blick, der daraufhin im Haus verschwand.

„Wie geht's Mia?", fragte ich Irina, als sie bei uns ankam.

„Ziemlich beschissen."

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Oje, armer Robin und arme Mia. Die beiden haben jetzt wohl eine wichtige und schwere Entscheidung zu treffen. Aber schön, dass ihre Freund*innen ihnen beistehen.

Und was glaubt ihr, wie es bei Timothy und Tristan weiter geht? Das Ritual ist ja definitiv nicht ohne Gefahren...

Freue mich wie immer über eure Reads, Votes und eure Meinung in den Kommentaren!

Love ya, Elena <3

Tristan und Timothy 2 [BxB] - Wenn Eis und Bernstein eins werdenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt