„Und wie geht's Irina?", fragte Timothy, als ich ihn zur Tür hereinließ.
„Es geht, aber sie hat es ihrer Familie gesagt. Ich hoffe, das ist ein erster Schritt zu ihrer Heilung."
„Bestimmt, ich bin stolz auf dich, Kätzchen."
Wir gingen nach oben in mein Zimmer und legten uns ins Bett. Ich kuschelte mich in seinen Arm und genoss seine Anwesenheit. Sanft streichelte er mir über die Stirn, als er plötzlich die Ruhe unterbrach.
„Hast du die Nadel hier?", fragte er.
Erstaunt schaute ich auf und nickte Richtung Nachtkästchen. „Wir müssen das heute nicht machen, wenn du nicht willst", meinte ich, konnte mein Grinsen aber nicht mehr unterdrücken.
„Doch, ich will", sagte er.
Ich richtete mich auf und nahm die Nadel in die Hand.
"Und jetzt?", fragte ich hastig. Mein Herz pochte wie wild.
"Ich muss mich erst darauf einstellen. Ich gebe dir Bescheid, sobald ich bereit bin, okay?" Er sah mich ernst an und ich schluckte sichtbar.
Wir setzten uns gegenüber, beide im Schneidersitz. Timothy schloss seine Augen und atmete tief durch. Er war nervös, genauso wie ich. Meine Hände überzog ein nasser Schweißfilm.
Einige Minuten saßen wir still da. Es sah aus, als würde er meditieren, während mir mein Herz bis zum Hals schlug.
„Bin bereit", flüsterte er, ohne seine Augen zu öffnen. Ich biss mir auf die Unterlippe.
Zitternd setzte ich die spitze Nadel an meine Fingerkuppe an. Ich zögerte, schloss ebenfalls meine Augen und pikste mich selbst. Autsch!
Ich öffnete meine Lider und zuckte zusammen. Timothys bernsteinfarbene Augen fixierten den kleinen roten Tropfen, der an meinem Zeigefinger hervorquoll. Er presste die Lippen aufeinander, sein ganzer Körper stand unter Spannung. Erst jetzt bemerkte ich, dass sein Brustkorb sich nicht bewegte. Er hielt die Luft an.
„Atmen", flüsterte ich sanft.
Es dauerte noch einen kurzen Moment, bis er sich überwand und hörbar laut die Luft in sich einsog. Sofort ging sein Körper in den Jagdmodus über. Seine Muskeln spannten sich an. Er öffnete seinen Mund einen Spalt und ich erkannte die spitzen Eckzähne.
Bevor ich es realisieren konnte, packte Timothy grob mein Handgelenk. Erschrocken wollte ich meine Hand zurückziehen, doch sein Griff hielt mich fest. Angst durchdrang blitzschnell meinen Körper. Shit!
Timothy zog meinen Finger bis vor sein Gesicht. Musterte genau den roten Tropfen, der sich inzwischen einen Weg über meinen Finger bahnte. Tief atmete er ein und aus. Schloss seine Augen.
Verblüfft beobachtete ich, wie sich die Vampirzähne wieder zurückzogen. Auch sein Griff lockerte sich, als er seine Augen wieder öffnete. Anstatt auf meinen Finger schaute er mir nun ins Gesicht. Mein Lieblingslächeln erschien auf seinen Lippen.
„Geht's?", fragte ich ihn.
„Ich glaube, ja", meinte er. Seine Stimme zitterte noch. „Entschuldige, falls ich dir Angst gemacht habe." Ich lächelte, um ihm zu zeigen, dass alles in Ordnung war.
Dann legte er eine Hand in meinen Nacken und zog mich zu sich. Ohne Umwege trafen seine Lippen auf meine und verwickelten mich in einen innigen Kuss. Dann löste er sich wieder von mir, schaute mich ernst an und sagte: „Ich bin bereit für den nächsten Schritt! Bist du dir auch sicher, dass du das mit mir tun willst, Tristan?"
Ich nickte. „Sehr sicher!"
Mit zittrigen Beinen stand ich auf und ging zu meinem Schreibtisch. Als ich mich mit der Spiegelscherbe in meiner Hand zu ihm umdrehte, war er schockiert.
„Seit wann versteckst du die da?"
Ich zuckte mit den Schultern. „Ist doch jetzt egal. Ich habe damit nichts gemacht."
Er beruhigte sich wieder. Ich setzte mich zurück zu ihm auf die Matratze, wo er mich sofort zu sich in den Arm zog.
"Ich liebe dich", hauchte er.
„Ich liebe dich auch!", flüsterte ich. Er nahm mir die Scherbe aus der Hand.
Ohne zu zögern, legte er die Klinge an seine Handfläche und zog sie über seine Haut. Ich unterdrückte einen Schrei. Meine Atmung war viel zu flach und zu schnell, als ich die Scherbe zurücknahm.
Auch ich setzte die Klinge an, aber zögerte. Timothy machte mir keinen Druck, wartete geduldig, bis ich bereit war. Dann tat ich es. Es war kein tiefer Schnitt, trotzdem war es ein seltsam vertrautes, aber auch unangenehm schmerzhaftes Gefühl.
Timothys Körper spannte sich wie kurz zuvor an. Wieder fokussierte er das Blut in meiner Hand, doch auch jetzt schaffte er es zu widerstehen. Vorsichtig nahm er meine Hand mit dem Schnitt in seine, legte unsere Handflächen aufeinander und verschränkte unsere Finger miteinander.
Seine beiden Bernsteine schauten mir tief in die Augen. Erneut zog er mich zu sich und küsste mich. Ein wohliges Kribbeln machte sich in meinem Bauch breit. Aber auch meine Hand durchzog ein ungewohntes Kitzeln. Langsam wanderte es über meinen Arm zu meinem Nacken. Es war wie eine Gänsehaut, die sich über meinen gesamten Körper ausbreitete.
„Spürst du das auch?", raunte Timothy gegen meine Lippen.
„Ja", hauchte ich aufgeregt.
Wieder presste ich meinen Mund auf seinen. Ich spürte eine tiefe Verbundenheit zu Timothy, wie ich sie bisher noch nie erlebt hatte. Es war, als wäre er ein Teil von mir, eine Verlängerung meines Körpers. Ich spürte plötzlich, was er fühlte, registrierte, was er empfand. Aufregung, Freude, Liebe. Es war unbeschreiblich schön.
Plötzlich riss uns Timothys Klingelton aus dem innigen Moment. Wir unterbrachen den Kuss und grinsten uns an. Timothy griff nach seinem Handy und schaute darauf. „Grace", murmelte er und wischte über den grünen Button.
„Timothy, Gott sei Dank!", ertönte ihre sorgenvolle Stimme.
„Was ist los?", fragte mein Freund.
Jetzt hörten wir auch Andrews Stimme: „Wir spüren dich nicht mehr. Habt ihr es durchgezogen?"
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Da haben sie es einfach getan! Der ein oder die andere hätte sich mit so einer Entscheidung bestimmt mehr Zeit gelassen, aber Tristan und Timothy wollten es nun unbedingt.
Noch zur Info: Auch eine "Blutsbrüderschaft" ohne Vampirritual kann gefährlich sein, da sich darüber Krankheiten übertragen können oder die Wunde sich infizieren kann. Deshalb würde ich jedem davon abraten, so etwas zu tun. ;)
Freue mich wie immer über eure Reads, Votes und eure Meinung in den Kommentaren!
Love ya, Elena <3
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Tristan und Timothy 2 [BxB] - Wenn Eis und Bernstein eins werden
Teen FictionTristan und Timothy haben trotz der Hürden, die sich ihnen in den Weg gestellt haben, zueinandergefunden. Als Boyfriends genießen sie ihre gemeinsame Zeit in vollen Zügen. Jedoch bleiben neue Herausforderungen nicht aus: Während Timothy, ein Halbva...