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Ich denke, Menschen, die ihren freien Willen nutzen und unbedacht aufs Spiel setzen möchten, was nach dem Tod aus ihnen wird, sind selbst schuld und verantwortlich für das, was mit ihnen passiert. Wir tun alles Mögliche, um sie vor Dämonen zu schützen, die gegen die Regeln verstoßen, und wie du weißt, existieren solche Regeln durchaus.
Denn Gut und Böse müssen ausgewogen sein, erklärte er.
Zayne, während wir uns der Brücke näherten, die zurück in die Stadt
führte. Cayman befolgt diesen Regeln.
Ja, ich wusste, es gab Regeln und dass die Ausgewogenheit von Gut und Böse auf der Idee des freien Willens beruhte.
Keine Ahnung, was ich von alldem halten soll, gab ich zu und blickte in Zaynes Gesicht, das nun im Dunklen lag.
Er schwieg eine ganze Weile, dann sagte er: „Weißt du, mein Leben lang habe ich ähnlich gedacht wie du.“ Ich betrachtete die Dinge Schwarz-Weiß. Für mich existierte kein Grau – außer bei Layla. Er schaute stur geradeaus, während er weiterredete. »Früher dachte ich, ihr Wächterinnen-Anteil würde den Dämonen-Anteil ausgleichen.« Als sie noch jünger war und sich Sorgen machte, was sie eigentlich war oder dass etwas mit ihr nicht stimmte, oder sich ärgerte, dass der Clan sie nie akzeptieren würde, bestärkte ich sie immer wieder. Ich war davon überzeugt: Ihr Wächterinnen-Anteil war alles, was zählte. Doch ich lag falsch. <
Ich hielt den Mund und hörte einfach nur zu, weil mir mein Instinkt sagte, dass Zayne nicht oft darüber sprach.
Stattdessen hätte ich ihr lieber erklären sollen, auch den dämonischen Teil von sich zu akzeptieren, und vor allem hätte ich ihn akzeptieren sollen, denn was sie mir danach von sich gezeigt hat… Was ich ein wenig zu spät erkannt habe, war: Das Wesen, das man bei seiner Geburt ist, definiert nicht, wer man im späteren Leben wird. Er presste die Lippen zusammen. »Hast du gewusst, dass Dämonen lieben können?«
Nein, flüsterte ich. Bis heute nicht. <
Tja, ich habe es auch erst erfahren, als ich Roth kennenlernte. Er ist einer der mächtigsten Dämonen, denen du je begegnen wirst, und wenn er provoziert wird, greift er mit tödlicher Konsequenz durch. Aber die Tatsache, dass er zu der Art von Liebe fähig ist, die er für Stella empfindet, sagt mir, dass alles, was uns beigebracht wurde, letztendlich nicht unbedingt die Wahrheit ist.
Ich zerrte an meinem Sicherheitsgurt herum und hatte immer noch keinen Schimmer, was ich dazu sagen sollte. 
Ihm zuzustimmen widersprach allem, was ich jemals gelernt hatte. Dennoch hatte er Recht, was Roths Liebe zu Stella betraf.
Ich hatte es ja mit eigenen Augen gesehen und gehört, wie liebevoll er mit ihr redete.

Was, wenn wir uns bei einigen Dämonen grundsätzlich irrten? Und wenn ja, wie sollte man dann mit ihnen umgehen? Versuchten vielleicht einige, einfach nur ihr Leben zu leben, und sollten Wächter diese Dämonen schlicht außer Acht lassen? Wie sollte ein Wächter das alles überhaupt beurteilen können?
 
Zayne schien meine Gedanken zu lesen. Nicht viele Dämonen sind wie die, die du gerade kennengelernt hast, und es ist ziemlich einfach zu erkennen, wer wie drauf ist.
 
Ach ja, wie denn?
 
Normalerweise erkennt man das an einer ganz einfachen Tatsache. Zayne grinste mich an. Sie versuchen nicht sofort, einen zu töten.
 
Zayne und ich waren auf Patrouille, und dazu gehörte… viel Herumrennerei.
 
Sehr viel Herumrennerei.
 
Und mit meiner Sehfähigkeit war das nicht gerade die einfachste Sache der Welt. Ich wünschte, es wäre Dämmerung gewesen, denn die Tageszeit lag meinen Augen am meisten. Da hätte ich mir die Stadt wirklich ansehen können. Die belebten Gehwege waren zwar gut beleuchtet, sodass ich nicht stolperte, aber meine Tiefenwahrnehmung streikte, und es fiel mir schwer, nicht in die Leute hineinzureden, während ich versuchte, zu entschlüsseln, ob sie alle lebendig oder einige tot oder vielleicht auch Dämonen waren.
 
Zuerst waren wir in Zaynes Wohnung zurückgekehrt, hatten vorher schnell in einem Imbiss an der Straße etwas zu essen besorgt, und dann war es an der Zeit, dass ich mich an meinen Teil der Abrechnung hielt.
 
Also patrouillierte ich mit Zayne und hielt Ausschau nach mystériösen Wesen, die sowohl Wächter als auch Dämonen abschlachteten.
 
Wir waren bereits mindestens zwei Stunden unterwegs und bis her nur auf eine Handvoll Chaosdämonen gestoßen, die, als sie Zayne sahen, ihren Hintern sofort in die entgegengesetzte Richtung bewegt hatten.
 
„Ist das normal?“, fragte ich, während wir uns dem Eingang zu einer U-Bahn näherten. Die Chaosdämonen hauen ab, sobald sie dich sehen.
 
 
Yep. Die greifen nie an. Zayne führte mich die Treppe zur U-Bahn hinunter.
 
 

 
 
Mein Herz setzte einen Schlag aus, denn schlecht beleuchtete Stufen waren am schlimmsten. Ich griff nach dem Handlauf und machte vorsichtige Schritte. Ich lasse Sie in Ruhe. Einige andere Wächter nicht, aber wie ich schon sagte: Chaosdämonen sind relativ harmlos. <
 
Irgendwie war ich erleichtert, das zu hören, denn viele der Chaosdämonen, die ich heute Abend gesehen hatte, wirkten jung wie Teenager, doch ich war mir nicht sicher, ob das ihr wahres Alter war oder nicht.
 
„Ich habe noch eine Frage“, sagte ich, als ich es, ohne verunglückt zu sein, die Treppe hinuntergeschafft hatte und wir den feucht und muffig riechenden Bahnsteig erreicht hatten.
 
Zayne seufzte. Schon klar.
 
Bereits den ganzen Abend hatte ich ihn mit Fragen gelöchert, und mir war klar, dass ihm das gehörig auf die Nerven ging, aber jetzt brannte mir noch etwas Ernsteres auf der Seele. Also hat es was mit Stella zu tun, dass du ausgezogen bist und allein lebst?
 
Zayne ging vor mir her. Warum interessiert dich das? <
 
 
Nur so. Ich beeilte mich, ihn einzuholen. Und weil es merkwürdig ist, dass du allein lebst, und hey, wenn du die Frage mal beantworten würdest, würde ich auch nicht weiter nachbohren.

Dark Lightning Funkelnde Schwingen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt