∆Bella∆

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Ich saß in der Straßenbahn. Es war 18 Uhr. Ich fuhr von Mannheim wieder nach Ludwigshafen, in meine geliebte Siedlung. In meinen Ohren lief Azet, während ich das Gefühl von THC noch in meiner Blutbahn spürte. Wieder schwor ich mir, dass ich damit aufhören würde. Ob ich es tat? Nein.

Wir fuhren gerade in die Innenstadt rein, und Menschen stiegen ein und aus, bis auf einmal ein mir bekanntes Gesicht hereinkam. „Oh, Hasina," sagte ich und rief meine Freundin rüber. Ich hoffte, man sah mir nicht an, dass ich nicht komplett bei mir war.

„Oh, Salam aleikum, Ilaya," sagte sie. Ich nahm meine Füße von den Sitzen weg, damit sich die Jilbab-Trägerin neben mich setzen konnte. „Wa aleikum Salam, Hasina. Bist du auf dem Weg nach Hause?" fragte ich sie.

„Nein, ich bin auf dem Weg zu dir. Alim wollte, dass ich ihm Fleisch kaufe und vorbeibringe, wenn ich schon in der Innenstadt bin. Da er gerade mit Safraoui ist und bei euch grillen, muss ich wohl zu euch," sagte sie.

Und so kamen wir ins Gespräch, bis wir nach 14 Minuten aussteigen mussten. Wir gingen zu mir nach Hause, bis wir an der Tischtennisplatte ankamen.

„Ewaa, guckt, wer da ist!" schrie Safraoui. „Wir haben gerade die Einweg-Grills angemacht," sagte Veysel.

„Oh, Salam aleikum, Ilaya," kam von Alim, der dann zu seiner Schwester ging, um das Fleisch zu nehmen.

Ich ging zu allen und begrüßte sie. „Salam aleikum, Jamal," sagte ich und sah ihn an.

„Wa aleikum Salam," kam von dem Jungen, der am Grill stand.

„Ana ghamchi idar (Ich geh nach Hause)," sagte ich zu Safraoui.

„Alash? Bleib doch," kam von dem Maknesh-Jungen.

„Isso, bleib und iss mit uns," kam von Moussa.

„Okay," kam von mir. Ich war eigentlich eh extrem auf Munchies, aber ich wollte ungern bekifft vor ihnen sein. Aber abhauen war wohl keine Möglichkeit.

Und so verbrachte ich das erste Mal seit Langem wieder Zeit mit den Jungs. Das letzte Mal war, glaube ich, als ich 13 war.

Wir saßen an der Tischtennisplatte und warteten, bis Jamal fertig gegrillt hatte. Währenddessen unterhielt ich mich mit Hasina und Moussa.

„Yo, einer muss Getränke holen gehen," kam es von Veysel.

„Ich kann gehen, aber einer muss sich dann ums Fleisch kümmern," sagte Jamal.

„Ich kann's machen, aber geh mal noch Süßigkeiten holen, asahbe," sagte Safraoui.

„Bruder, so viel kann ich nicht tragen," sagte Jamal.

„Ich kann mitkommen, wenn du möchtest," bot ich an.

„Nein, musst du nicht, schaff ich schon alleine," sagte Jamal.

„Na, ich esse schon gratis mit. Lass mich wenigstens helfen," sagte ich und begleitete Jamal zum Kiosk.

Ich glaube, ich habe in meinem kompletten Leben noch nie mit Jamal geredet.

„Wie geht es dir, Jamal?" fragte ich, um die Situation zu lockern.

Und so begann unser Gespräch. „Was hast du in Mannheim bitte gemacht?" sagte er lachend und öffnete die Kiosk-Tür.

„Meine beste Freundin ist vor fast zwei Jahren dort hingezogen," sagte ich.

„Welche Getränke sollen wir holen?" fragte ich ihn.

„Boa, keine Ahnung, Bella, ich glaub, Cola reicht," sagte er.

Bella? Er verwechselt mich bestimmt mit einer seiner Mädchen.

„Okay, ich hol Süßigkeiten," und machte mich auf den Weg zur Süßigkeiten-Theke. So nahm ich die Haribos und las mir durch, ob sie Gelatine hatten.

„Doppelmoral: Ich bin bekifft und gucke, ob haram oder halal."

Und so nahm ich die gelatinefreien Haribos, Katjas und zwei Packungen Chips. Dann ging ich an die Kasse und sah, wie Jamal mit acht Cola-Dosen kam.

„Warte, kann ich meine Cola-Dose vielleicht mit einer Zero tauschen?" fragte ich Jamal. Gerade als ich mich auf den Weg machen wollte, zeigte er mir die zwei Zero-Dosen neben dem Stapel.

„Safraoui hat mir schon gesagt, dass du Zero mehr magst," sagte er und lächelte mich an.

„Wie zuvorkommend," sagte ich lachend. Der Kiosk-Mitarbeiter scannte alles.

„26,56 €," sagte er.

„Mit Karte," sagte ich und wollte gerade mein Portemonnaie rausholen.

„Bist du behindert? Ich zahle," sagte Jamal.

„Nein, ich zahle," sagte ich.

Und auf einmal schubste Jamal mich weg. „Nein, ich zahle," sagte er lachend.

„Ich will zahlen," sagte ich schmollend.

„Pech, Digga, nimm mir mal nicht die Männlichkeit," sagte Jamal und zahlte bar.

So nahmen wir die drei Tüten. Jamal wollte alle tragen, aber ich überredete ihn, mir die mit den Süßigkeiten zu geben.

„Warum warst du jetzt nochmal in Mannheim?"

„Ja, ich war meine beste Freundin besuchen. Wir waren dort in einem Eiskaffee," und davor waren wir kiffen, aber das muss er ja nicht wissen.

„In welchem?"

„Eiskaffee Toscani," sagte ich.

„Ah, kenn ich gar nicht. Muss ich wohl mal hin," sagte Jamal gerade, als wir an der Tischtennisplatte ankamen.

„Kannst mich ja begleiten," sagte er lächelnd.

Was ein Scheiß-Fuckboy. Ich lachte mit und drehte mich wieder zu meinen Freunden, bis ich einen Anruf von meiner Mutter bekam.

„Salamu aleikum, Mama."

„Wa aleikum Salam. Waynek? (Wo bist du?)"

„Ana fi safraoui. Lash? (Ich bin mit Safraoui. Warum?)"

„Ah, khayr. Bahi, salamu aleikek safraoui. (Okay, egal. Sag Safraoui hallo.)"

„Bahi, Mama. Salamu aleikum."

„Wa aleikum Salam."

Und so endete das Gespräch mit meiner Mutter, aber nicht meine Nacht. Im Gegenteil. Wir saßen dort und redeten. Ich wechselte ab und an auch ein paar Worte mit Jamal, aber nach der komischen Aussage blieb ich lieber fern. Und so ging die Nacht mit Lachen weiter, bis wir uns entschieden, nach Hause zu gehen. Ich und Safraoui machten uns auf den Weg.

„Ewaa, du solltest öfter mit uns mitkommen," sagte Safraoui, als wir darauf warteten, dass der Aufzug nach unten kam.

„Alash? (Warum?)" kam es von mir.

„Du bist witzig, Habibti, und die Khoyas mögen dich. Wir könnten auch wieder mehr Zeit miteinander verbringen. Auf gute Zeiten, du weißt doch," sagte Safraoui, der gerade den Knopf für den zehnten Stock drückte.

„Bahi," sagte ich nur und sah, wie Safraoui an seiner Vape zog. Er reichte sie mir rüber.

„Du bist und bleibst ein Junkie," sagte ich lachend.

Und wo er recht hat, hat er recht. Leider.

Er nennt mich „Bella", aber meint er wirklich nur mich?//Jamal. HOODBLAQ FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt