∆Das Bild ∆

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Es ist der 3.1. Es ist 14:22, als ich, Ilaya, mich entschied, auf TikTok zu sehen. Und was sah ich dort nach einiger Zeit Scrollen? Ein Bild von Jamal und mir an Silvester, wie wir Händchen haltend durch die Straße liefen.
Mich sah man nur von hinten, während man Jamals Seitenprofil sah.
Die Kommentare erschreckten mich:

„Wie kann sie ihm so eine Musik erlauben?"
„Sind die überhaupt verheiratet? Astaghfirullah."
„Er geht ihr safe fremd, Digga. 🤣"
„Omg, no way."
„Die sind lowkey süß, seid ehrlich."
„Wie kann sie ihrem Mann erlauben, über Frauen zu rappen?"

Und noch so viel mehr. Es blieb in meinem Kopf, bis ich Jamal per FaceTime anrief.

„ES GIBT BILDER VON UNS AUF TIKTOK", teilte ich dem Jamaikaner mit, der gerade im Bad stand und sein Gesicht eincremte.
„Was?", fragte er, während er den Rest der Creme in seine Hand einrieb.
„Es gibt ein Bild von uns an Silvester, wie wir Händchen haltend auf dem Heimweg sind", sagte ich Jamal und erzählte ihm, was seine Fans nach 0 Uhr getan hatten.
„Schick mal", sagte er. Ich sendete ihm den Screenshot.
„Aber das Bild bockt voll", sagte Jamal.
„Digga, Jamal", sagte ich.
„Was, Bella? Stört es dich, dass Menschen uns gesehen haben? Ich kann dagegen doch nichts tun. Einfach nicht drauf eingehen und alle werden es vergessen", sagte er mir.
„Wohin gehst du eigentlich?", fragte ich ihn.
„Äh, Malis Mutter hat mich zum Essen eingeladen. Sie will gucken, wie es mir geht nach allem", sagte er. Ich nickte nur.
Nach Mayas Tod war es oft so, dass Malis Eltern oder allgemein die Eltern der Jungs sich um Jamal kümmerten.
Jamal sah in den Spiegel und fuhr mit seiner Hand einmal durch seinen Buzz Cut.
„Du siehst gut aus", sagte ich und begann dann, nicht mehr auf die Kamera von Jamal zu achten, sondern Clash of Clans zu spielen.
„Danke, Bella, ich muss jetzt los. Liebe dich", sagte Jamal und nahm sein Handy in die Hand. „Okay, Habibi, pass auf dich auf. Sag Mali hallo von mir. Liebe dich." Und so endete der Anruf.

Es verging etwas Zeit, bis meine Mutter mich um 16 Uhr zum Essen rief.

„Weyn baba (wo ist Papa)?" fragte ich sie, als ich merkte, dass mein Vater gar nicht vor Ort war.

„Ah, Ilaya, Baba? Baba ist mit Safraouis Vater", sagte meine Mutter.

Ich nickte und setzte mich zu ihr.

„Ilaya, krieg ich 20 Euro, bitte?" fragte Rayan mich beim Essen.

„Du kriegst nichts von mir", sagte ich.

„Digga, du wirst sehen, du wirst mir bald dankbar sein", sagte Rayan.

Ich begann einfach, die Fasoulia meiner Mutter zu essen. Wir redeten, und irgendwann räumte ich die Teller weg, während Rayan verschwand. Warum müssen Männer nie etwas im Haushalt machen? Irgendwann räumte ich die Sachen weg.

„Ilaya?" fragte mich Yamina.

„Ja", sagte ich und sah sie an.

„Ich bin doch deine Lieblingsschwester. Gehst du mit mir Eis essen?" fragte das kleine Kind vor mir.

„Yamina, es ist Januar, es ist Winter", sagte ich zu ihr, und sie begann zu diskutieren. Sie kann ja jetzt angeblich lesen, deswegen darf sie auch Eis essen, weil sie ja so groß geworden ist.

Irgendwann begab sich Yamina traurig in die Spielecke im Wohnzimmer. Ich begab mich in mein Zimmer. Heute war so ein unnötiger Tag. Keine Schule, keine Aktivität, nur im Zimmer sein und nichts tun. Irgendwann war es auch 20 Uhr, als ich hörte, wie mein Vater kam. Ich hörte ihn mit meiner Mutter reden.
Der Tag fühlt sich so komisch an. Aber egal.
Ich beschloss, duschen zu gehen und betete einfach, dass ich schnell müde werde, denn ich hatte gerade keine Ahnung, was ich tun sollte.

4o

Er nennt mich „Bella", aber meint er wirklich nur mich?//Jamal. HOODBLAQ FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt