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Jimin

*

Ich saß auf meinem Stuhl und hielt meinen Blick gesenkt. Mein Herz raste. Beinahe hatte ich das Gefühl, dass Hyung es hören konnte.

Mein Blick glitt kurz nach oben und schaute wieder weg. Hyung hatte mich die ganze Zeit beobachtet. 

Ich hörte ihn seufzen.

“Jimin?”, sprach er und ich blickte auf.

Seine Gesichtszüge verzerrt, als würde er Schmerzen haben.
“Es tut mir Leid!”

Vier Worte, die man recht wenig hörte, weil niemand seine Fehler eingestehen wollte. Aber diese vier Worte von Hyung fühlten sich gut an und es war ehrlich.

“Ich weiß das alles, was ich getan habe, deine Verletzungen, die du innerlich wie äußerlich erlitten hast, nicht vergessen werden können, aber ich hoffe, dass du mir eines Tages verzeihen wirst.”, sprach Hyung ehrlich.

“Bitte schön. Ihre Getränke!”, wurden wir unterbrochen und unsere Bestellung wurde abgestellt.
Sofort griff ich nach der Tasse und hielt mich an ihr fest. Lustigerweise tat Hyung dasselbe. 

Kurz darauf herrschte wieder Stille, bis Hyung ein Schluck von seinem Kaffee nahm und sich dann räusperte. Ich blickte derweil in meine Tasse.

“Jimin! Ich… ich habe beschlossen, gänzlich nach Kanada zu ziehen.”

Mein Kopf schoss nach oben.

Wegziehen?
Komplett?
Nach Kanada?

Jinyoung lächelte mich an.

“Mein Studium wird so oder so noch einige Jahre gehen. In dem Krankenhaus, wo ich bereits aushelfe, würden mich sobald ich fertig bin einstellen. Außerdem gefällt es mir dort. Und ich bin bei unserem Onkel wirklich gut aufgehoben.”, endete er und machte eine Pause.

“Außerdem erinnert mich Seoul an die letzten Jahre, wie schlecht ich zu dir war und ich kann das alles mit meinem Gewissen nicht richtig vereinbaren. Zusätzlich sehe ich in deinen Augen die Abneigung mir gegenüber.”, sprach er ruhig und ich wollte erst etwas sagen, aber es stimmte.

Auch wenn die Entschuldigung ehrlich und aufrichtig war, so war da immer noch die Abneigung oder vielmehr eine Distanz.

“Und das ist in Ordnung. Lass die Gefühle zu! Hass mich ruhig! Ich habe dich viele Monate schlecht behandelt. Das, was ein Hyung nicht tun sollte.”, nahm wieder ein Schluck aus seinem Getränk.

Ich nahm ebenfalls meine Tasse und nahm einen Schluck.

“Ich habe in Kanada jemanden kennengelernt.”, sprach er und lächelte.
“Sie weiß alles von mir und auch die Gründe, warum ich ins Ausland ging. Sie gab mir den Rat, abzuschließen und Dinge die offen sind zu beenden. In meinem Inneren war immer die Aussicht, sobald wir miteinander gesprochen haben, ich wieder zurück nach Korea komme. Doch jetzt, nachdem sie mir half, die Dinge besser zu betrachten, möchte ich gar nicht von Kanada weg. Außerdem mag ich sie. Sie sagte zu mir, kein Mensch ist unfehlbar. Man wird noch viele Fehler machen, aber aus jedem Fehler lernt man.”

Er hat recht.

Er hatte Fehler gemacht, genauso wie ich. Ich hab geschwiegen statt klar zu sagen, wie ich alles fand. Klar, damals zum Frühstück hatte ich es gesagt. Aber so richtig ausgesprochen hatten wir uns damals auch nicht.

Jeder macht Fehler, man muss nur daraus lernen.

“Es… es war nicht leicht die letzten Wochen, aber dank der Hilfe von Eomma und Appa sowie meinen Freunden, Hyungs und Yoongi Hyung, ging es.”, fasste ich Mut zu sprechen.

“Hyung! Ich gebe es zu, dass ich dich die letzten Wochen gehasst habe. Niemand hat es verdient, so behandelt zu werden. Ich habe deinen Brief gelesen und verstehe, was du mir damit sagen willst, aber ich bin alt genug, um meine Fehler selbst bestimmen zu können. Ich möchte Fehler machen, um dadurch wachsen zu können, Erfahrungen zu sammeln. Was bringt es mir, wenn man mich in Watte packt? Nichts! Es wurde nur dafür Sorgen, dass ich Angst bekomme Dinge anzugehen.”

Hyung nickte, seufzte und blickte traurig in seine Tasse.

“Verständlich! Ich war einfach zu blind zu sehen, dass du erwachsen wirst, um deine eigenen Erfahrungen zu sammeln. Es tut mir wirklich leid, Jimin."

Ich nickte.

Hyung hob eine Hand und legte sie auf meine. Sie war warm, angenehm warm.

Plötzlich lachte Hyung leicht auf. Verwirrt blickte ich ihn an. Er deutete auf unsere Hände und ich musste auch leicht schmunzeln.

“Du bist zwar gewachsen, aber deine Hände sind klein geblieben.”, lächelte er, ehe er sie fest drückte. Sein Blick glitt kurz umher. Er wandte den Blick ab und schmunzelte, ehe er sich zu mir vorbeugte.

“Jimin? Du kannst stolz auf dich sein und auch stolz auf deine Freunde. Haltet immer gut zusammen, egal was passieren mag. Wahre Freundschaften sind Goldwert.", sprach er auf einmal los und ich verstand nicht, was er meinte, als er nach rechts deutete.

Mein Blick glitt dahin, aber nur kurz. Sofort spürte ich Wärme und tiefe Dankbarkeit in mir.

Meine vier Jungs haben sich ihre Sonnenbrillen aufgesetzt und studierten eisern die Karte des Cafés. Jedoch sah es so albern aus, dass ich am liebsten lachen wollte, aber ich verkniff es mir.

Ich blickte wieder zu Hyung.
“Es ist gut zu wissen, dass sie für dich da sind.”
“Ja, und ich bin glücklich, sie meine Freunde nennen zu können."

Hyung nickte.
“Na schön. Ich sollte dann wieder gehen, ich muss noch einige Dinge erledigen und morgen melde ich mich aus Korea ab, ehe mein Flug zurückgeht."

Wieder nickte ich und beim letzten musste ich hart schlucken. Komischerweise tat diese Aussage weh.

“Jimin? Egal was ist, du kannst jeder Zeit schreiben, oder anrufen. Ich bin trotz der Entfernung immer für dich da. Nur müssen wir die Zeitverschiebung berücksichtigen.”, lachte Hyung rau auf und ich musste mir auf die Zunge beißen.

Auch wenn das Gespräch gut war und ich mich leichter fühle, spürte ich dennoch ein Ziehen und eine gewisse Traurigkeit.

Abschied nehmen fiel mir noch nie leicht.

"Hey, mein kleines Küken! Ich bin nicht aus der Welt. Außerdem verspreche ich es mindestens zweimal im Jahr nach Korea zu kommen um euch zu besuchen, okay?”

Ich nickte, doch leider konnte ich die Tränen nicht zurückhalten und blickte auf meine verkrampften Hände. Ich hörte, wie ein Stuhl neben mir zurückgeschoben wurde und dann eine warme Umarmung.

“Ich hab dich lieb, Jimin! Vergiss das nicht, ja? Auch wenn ich ein Arsch bin, so bist du mir dennoch wichtig, auch die anderen.”

Ich nickte und drehte mich halb in der Umarmung, um meine Arme um ihn zu schlingen. 

Manchmal braucht es eben Zeit um zu verzeihen und ganz besonders eine Umarmung.

*

Copper-Curly

Unexpected Love ||• Yoonmin •||Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt