44 | Das Ende des Überfalls

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Die Spezialeinheit brachte mich zurück ins Zelt der Polizei, welches ich immer noch zu gut kannte. Es schien ewig her zu sein, seit ich Raquel wiedersah, von Mamá verhört wurde und von Nairobis vermeintlichem Tod erfuhr.

Auch diesmal war ich nicht allein. Denver saß an einem Tisch und hieß mich mit einem breiten Grinsen willkommen. Der griesgrämige Mann gegenüber schien das zwar überhaupt nicht lustig zu finden, aber ich war stolz auf meine Leistung in der Bank.

Die Gefängnisstrafe kam mir weniger schlimm vor wenn ich wusste, dass Nairobi bei mir sein würde.

Ich durfte neben Denver Platz nehmen. ,,Und?", fragte er.
,,Meine Lippen waren versiegelt."
,,Meine auch."

Selbstverständlich kannte keiner von uns den Aufenthaltsort des Goldes, aber das waren nicht die einzigen Informationen, die wir hätten preisgeben können. Der Diebstahl oder Auskunft über den Professor wäre genauso ein Verrat gewesen.

Denver und ich sprachen nicht viel miteinander. Die Polizei belauschte zweifellos jedes unserer Worte. Um die ewig lange Wartezeit zu überbrücken erzählte Denver belanglose, aber unterhaltsame Geschichten von seinem Sohn. Den Polizisten war anzusehen, dass sie sich mehr von unseren Gesprächen erhofften. Auf den Monitoren sah ich, dass die Nachrichten von Polizeiflotten erzählten, die das Meer nach Gold durchsuchten. Auf einem anderen Monitor leuchteten die fatalen Zahlen, die angaben, dass Spanien pleite war. Das ganze System brach zusammen und das bedeutete, dass der Professor noch die Kontrolle hatte. Hoffentlich. Denvers Geschichten lenkten uns zwar ab, aber es dauerte viel zu lange und keiner unserer Komplizen leistete uns Gesellschaft.

,,Warum dauert das so lange?", zischte ich mit zusammengebissenen Zähnen in Denvers Richtung.
,,Weiß ich nicht. Sie sollten längst hier sein", murmelte er.
,,Irgendwas stimmt nicht."
,,Das denke ich auch."

Die Minuten verstrichen quälend langsam. Irgendwann meldeten die Nachrichten, dass das Gold in zwei Lastwagen wieder vor der Bank stand. Geliefert während einer Ansage Tamayos. Soweit lief alles nach Plan. Ich dachte an Mamá, die unmittelbar am Erfolg des Überfalls beteiligt war. Wer hätte das gedacht?

Trotz des nach Plan gehenden Ereignisses wuchs meine Sorge mit jeder Sekunde. Es gefiel mir nicht, von Nairobi getrennt zu sein. Ich saß auf glühenden Kohlen und Denver war bestimmt keine Hilfe, um meine Nerven zu beruhigen. Keiner sprach mit uns, keiner gab uns Antworten.

Sehnsüchtig starrte ich auf die live Übertragung vor der Bank, aber die verdammten Türen öffneten sich nicht mehr. Hab Vertrauen in den Professor. Er weiß was er tut.

Das fehlende Vertrauen in unseren Anführer, von dem ich anfangs noch geplagt und zu dummen Entscheidungen hingerissen wurde, war nun durch den Glauben ersetzt worden, dass er die anderen aus der Bank holte. Von Anfang an hieß es, dass das Gold der Schlüssel zu allem war. Das Gold war wieder da - jedenfalls das, was wir dem Land als Gold verkauften.

Ich wurde schläfrig. Die ereignisreichen letzten Tage gingen mit einem gewaltigen Schlafmangel einher, der durch die Langeweile mittels eines langen Gähnens angekündigt wurde.

,,Sydney, da tut sich was", meldete sich Denver aufgeregt zu Wort.

Ich war eingenickt, bei seiner Ankündigung aber schlagartig wieder hellwach. ,,Nairobi?"

,,Nein, Tamayo." Denver nickte auf einen Monitor, der zeigte, wie Tamayo viel zu selbstgefällig das Rednerpult betrat und am Mikrofon wartete, bis Ruhe eintrat. Die Demonstranten verstummten schlagartig. Wieso schauten sie so... besorgt?

,,Der Überfall ist zuende!", verkündete Tamayo zufrieden. Das gefiel mir nicht. Ich tauschte einen alamierten Blick mit Denver, der ebenso verwirrt dem Coronel zuschaute. ,,Wir konnten die Bande erfolgreich besiegen und das Gold zurück an seinen Platz tragen. Folgende Bankräuber wurden dabei getötet: Aníbal Cortés, alias Rio. Palermo, alias Martín Berrote. Santiago Lopez, alias Bogota..." Getötet. Das Wort schwebte vor mir in der Luft, als Tamayo die Namensliste verlas. Zeitgleich wurden Tragen aus der Bank geschoben, auf denen in Leichensäcke eingewickelte Körper lagen. Ich stand unter Schock. Manila, Helsinki, Pamplona - Tamayo führte die Liste fort. Ungläubig schüttelte ich den Kopf. ,,Monica Gaztambide, alias Stockholm", las Tamayo, gefolgt von einem herzzerreißenden Schrei Denvers. Eine einzelne Träne rann über meine Wange, bevor weitere den Weg der ersten nachzeichneten.

Criminal Passion [2] ˡᵃ ᶜᵃˢᵃ ᵈᵉ ᵖᵃᵖᵉˡ ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt