35 | Das Militär

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Die Bank von Spanien lag in Trümmern. Ganze Wände fehlten, überall klafften zahlreiche Einschusslöcher und es stank nach Rauch und Zerstörung. Ab und zu kamen wir an kleineren Bränden vorbei, die Denver mit einem Eimer Wasser erstickte. Es zischte, die Flammen erloschen und es blieb nur Asche übrig. Je weiter wir ins Gebäude vordrangen, umso schlimmer wurde der Zustand. Wir standen in einem Schlachtfeld.
Denver erklärte, dass Helsinki beim Eindringen des Militärs stark verwundet wurde. Sie hatten ein provisorisches Krankenzimmer eingerichtet, indem auch unsere Waffen und Schutzausrüstung lagerte. Dort trafen wir neben Helsinki auch Stockholm an, die sich um ihn kümmerte.

,,Helsi, mein Großer! Lass dich drücken!" Nairobi humpelte auf unseren Freund zu und schloss ihn in die Arme.
Helsinki brach fast in Tränen aus. ,,Meinen Mädels geht es gut. Aber was hast du hier zu suchen, Nairobi? Du gehörst ins Bett."
,,Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass wir diesen Krieg ohne mich gewinnen, oder?"
Ich schluckte schwer. Noch nie hatte ich diesen Ausdruck in Helsinkis Gesicht gesehen. ,,Ich habe Krieg immer gewonnen. Diesmal nicht sicher."

,,Das wird schon", versuchte ich ihn aufzumuntern und drückte seine Hand. ,,Wir stehen so kurz vor dem Ende."
,,Sobald ich Gandia die Eier weggepustet habe, trage ich dich eigenhändig aus dieser verfluchten Bank. Das verspreche ich dir, Helsi." Nairobi küsste ihn auf die Wange und erntete ein schmales Lächeln.

Die Tür öffnete sich. Ich glaube ich war noch nie so erleichtert gewesen, Tokyo zu sehen. Zwar war sie über und über mit Staub und Asche bedeckt, aber sie schien unversehrt. ,,Was soll das werden? Eine Kaffeepause? Soll ich Tee und Kekse holen?", begrüßte sie uns. ,,Oder muss ich euch erst in den Hintern treten, dass ihr wach werdet?"

,,Wir haben dich auch vermisst", sagte ich augenrollend.
Tokyo schnappte sich frische Munition und einen Vorrat an Granaten. Sie stopfte alles in die Taschen ihres Overalls. ,,Nairobi?"
,,Ich hoffe, du hast Gandia ein paar saftige Schläge in meinem Namen verpasst", sagte Nairobi.
Tokyo grinste schief. ,,Er hat immer noch ein blaues Auge."
,,Das ist mein Mädchen."

Und dann umarmten sie sich doch noch. Die Nairobi ist tot - Geschichte steckte wohl uns allen noch in den Knochen. Ich wollte gar nicht wissen, wie unsere Freunde in der Bank auf diese Mitteilung reagiert hatten.

Ich stattete mich unterdessen mit einer kugelsicheren Weste und Waffen aus. Die Angst vor dem Ungewissen wuchs, aber es war längst zu spät um feige wegzulaufen. Nairobi, Tokyo und die anderen lehrten mich mutig zu sein und füreinander zu kämpfen. Ich wollte es zuende bringen.

Gemeinsam.

...

Ein riesiges Loch klaffte dort, wo einst das Dach gewesen war. Der Kampf tobte etwa zwanzig Meter weiter innen. Als wir in Deckung gingen, erhaschte ich einen Blick auf unsere Freunde. Sie waren alle hier und kämpften ums Überleben. Rio, Bogota, Palermo, Tokyo, Denver, Lissabon und Manila. Es war ein einziges Chaos. Schüsse fielen, Bomben explodierten und es war schier unmöglich durch den Rauch etwas zu erkennen. Ich verteidigte mich, ging wieder in Deckung und wiederholte das Ganze. Ein Kugelhagel prasselte auf die Säule ein, hinter der ich mich versteckte. Links neben mir explodierte eine Glasvitrine. Es war genau die Art Zerstörung, die Mamá vorhersagte.

,,SYDNEY", kreischte Nairobi plötzlich. Alamiert suchte ich den Raum nach ihr ab. Wie würde ich sie vorfinden? Lag sie in ihrem eigene Blut? Hielt Gandia eine Waffe an ihren Kopf? Panik. Ich sah sie nicht. Nein, nein, nein! Gelähmt. Angst. Hysterie.
Plötzlich wurde ich von jemandem umgerannt. Gemeinsam knallten wir auf den Boden. Die Luft wurde mir aus den Lungen gepresst. Ich stöhnte. Das Gewicht der anderen Person drückte mich fest nach unten. KABUMM. Die Säule, hinter der ich gestanden hatte, explodierte. Gesteinsbrocken flogen durch die Gegend. Das, was von der schweren Säule übrig war, kippte um. Staub rieselte auf uns herab.

Criminal Passion [2] ˡᵃ ᶜᵃˢᵃ ᵈᵉ ᵖᵃᵖᵉˡ ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt