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Nach dem Frühstück ging ich in den Garten, um mich mit Chikko zu unterhalten. „Ich habe ein ungutes Gefühl, Kleiner," flüsterte ich, während ich mit meinen Fingern sanft durch sein weiches Fell fuhr. Chikko wimmerte leise und legte seinen Kopf auf meinem Schoß ab, als könnte er meine Unruhe spüren. „Findest du nicht auch, dass Rodrigez sich seltsam verhält?" fragte ich, obwohl ich keine Antwort erwartete. Seine traurigen Augen schimmerten im Licht des Sonnenuntergangs, und in diesem Moment war ich sicher, dass er es ebenfalls spürte – etwas stimmte nicht. „Avara!" Kennys Stimme hallte durch den Garten, und sofort drehte ich meinen Kopf in seine Richtung. Er winkte mir zu. „Ich muss wohl los," sagte ich bedrückt, setzte einen leichten Kuss auf Chikkos Stirn und sah zu, wie er sich langsam in sein kleines Häuschen zurückzog. Mit eiligen Schritten machte ich mich auf den Weg zurück zur Villa.

Im Flur fing mich Kenny ab und drückte mir das Telefon in die Hand, sein Gesicht von einem geheimnisvollen Lächeln erhellt. „Deine Mutter hat angerufen," verkündete er ruhig, bevor er sich wieder zurückzog. Ohne zu zögern, stürmte ich in mein Zimmer, warf mich aufs Bett und wählte die Nummer, die ich auswendig kannte. Es klingelte endlos, bevor endlich jemand abhob, und eine bedrückende Stille folgte. „Mutter?" flüsterte ich leise, meine Stimme von Erwartung und einem leisen Zittern erfüllt. „Ava, Schätzchen!" Die Erleichterung in ihrer Stimme ließ die Anspannung in mir ein wenig nach. „Wie geht es dir, Mama?" fragte ich und konnte das Lächeln nicht aus meinem Gesicht verbannen. „Mir geht es gut. Wie läuft dein Studium?" Ihre Frage kam fast beiläufig, doch im Hintergrund hörte ich, wie eine Fernsehsendung lief. Mein Kiefer verspannte sich, und ich atmete tief durch. Lügen. Ich hasste es, zu lügen – es nagte an mir wie Gift. Doch sie durfte niemals erfahren, was ich wirklich tat, wer ich wirklich war.

„Es läuft in Ordnung. Es ist etwas schwierig, aber machbar," log ich mit einem schweren Kloß im Hals und kämpfte gegen das beklemmende Gefühl, das sich in meiner Brust ausbreitete. „Natürlich ist es schwer. Ein Medizinstudium ist auch keine Kleinigkeit, aber du bist ein kluges Mädchen," lobte sie mich und kicherte leise, wie sie es immer tat, wenn sie stolz war.

Wie ich überhaupt in so ein Unternehmen geraten war? Wo sollte ich nur anfangen? Es begann alles, als ich aus Shibuya floh – floh vor meiner Vergangenheit und vor Sanzu Haruchiyo. Ich hatte gehofft, in Tokyo ein neues Leben zu beginnen. Dort schrieb ich mich an einem College ein, versuchte, ein normales Leben zu führen. Doch das Geld reichte nicht aus, und so arbeitete ich an den Wochenenden als Barkeeperin in einem Club. Und dort traf ich ihn – Rodrigez. Unsere Unterhaltung begann beiläufig, doch sie dauerte den ganzen Abend. Er stellte sich vor und sprach von seinem Unternehmen, doch die wirklich wichtigen Dinge verschwieg er. Er erwähnte nichts von den dunklen Geschäften, die sich hinter seiner Fassade verbargen, sondern erzählte nur, dass er eine Assistentin suchte. Die Summe, die er mir anbot, war atemberaubend, und zu diesem Zeitpunkt brauchte ich das Geld dringend. Meine Mutter war schwer krank, und die Kosten für ihre Behandlung waren erdrückend. Also stimmte ich zu, ohne zu wissen, worauf ich mich wirklich einließ.

Rodrigez nahm mich mit, ließ mich bei sich einziehen, und dann kam der Schock: Er suchte nicht nur eine Assistentin – er brauchte eine Killerin. Die Wahrheit traf mich wie ein Schlag, und in Panik packte ich meine Sachen, bereit, aus der Villa zu fliehen. Doch Rodrigez stellte sich mir in den Weg. Er beruhigte mich, erklärte mir alles von Anfang an, und Schritt für Schritt ließ ich mich darauf ein. Mit der Zeit verstand ich, was es bedeutete, und ich nahm das Angebot schließlich an. Die Ausbildung war hart, aber ich lernte schnell. Zuerst waren es kleine Aufträge, dann wurden sie schwieriger und gefährlicher. Auf diesem Weg musste ich meine Mutter ständig anlügen, ihr ein normales Leben vorgaukeln. Ich erzählte ihr, ich sei mit dem Studium beschäftigt, lebte mit Freunden in einer Wohngemeinschaft und arbeitete nebenbei in einem Café.

Die Lügen fraßen an mir, doch ich konnte nicht zurück. Ich hatte mich entschieden – für sie, für mich, für dieses Leben voller Schatten.

Two broken Souls/ Sanzu HaruchiyoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt