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Hektisch tauchten Sanzu und ich im Meetingraum auf und sahen Manjiros besorgtes Gesicht. „Avara“, murmelte er und blickte zu mir hoch. Sofort setzte ich mich hin. „Shiro hat all unsere Bankkonten ausgeraubt und sich in unsere Kameras eingehackt“, verkündete er und mir blieb die Luft weg. „Daraufhin haben sie eine Nachricht hinterlassen.“ Sein Blick hob sich, und mir wurde eiskalt. Kälter als durch seinen düsteren Ausdruck. „Um unser Gebäude sind Bomben platziert worden. Wenn du nicht innerhalb der nächsten zwei Stunden auftauchst, werden sie gezündet, und wir sterben alle. Außerdem können wir nicht einfach so verschwinden, weil in diesem Gebäude alles ist, was wir brauchen.“ Seine Stimme hallte kalt und unnachgiebig durch den Raum, und ich spürte, wie mir die Schmetterlinge in meinem Magen auf den Boden schlugen, ihre Flügel verstummten. Diese Neuigkeit zerriss alles in mir, und mit einem tiefen Seufzen sah ich zu Sanzu. Unbewusst stemmte ich meine Hände auf den Tisch. Mein Verstand war leer, aber mein Mund sprach wie von selbst. „Wenn sie schon unser Gebäude gehackt haben, kann nur ich fahren. Es sei denn, wir schmuggeln jemanden mit rein.“ Mein Finger zeigte auf Sanzu, der ebenfalls aufstand. „Nicht an jeder Ecke des Gebäudes hängt eine Kamera, also kann er sich leicht woanders herausschleichen, und ich nehme ihn dann an der Hauptstraße auf.“ Ich versuchte, ruhig zu bleiben, doch mein Herz raste. „Shiro und Kev leben allein, also kann ich Sanzu ohne Schwierigkeiten reinschmuggeln. Die Frage ist nur: Wie?“ Da ergriff Sanzu das Wort. „Kev... war Kev immer mit Shiro bei dir oder blieb er außerhalb des Zimmers?“ Ein Funken Hoffnung blitzte in meinen Augen auf, und ich lächelte Sanzu erleichtert an. „Nur, wenn Shiro ihn rief. Sonst nicht.“ Manjiro mischte sich ein: „Avara, du betrittst ihr Haus. Du verwickelst Shiro in ein Gespräch und gewinnst uns etwa zehn Minuten, damit Sanzu einbrechen kann. Aber, Sanzu!“ Sein Blick richtete sich scharf auf ihn, und Sanzu erstarrte neben mir. Sanft legte ich meine Hand auf seine, um ihm Halt zu geben. „Du betrittst nicht das Zimmer. Avara führt Shiro raus, und wenn sie draußen ist, kannst du Shiro den Kopf abschlagen. Für seinen Kopf bekomme ich eine Menge Geld“, befahl Manjiro. Wir nickten, bereit, den Plan umzusetzen. Nach dem Meeting bereiteten wir uns vor, einigten uns auf Codewörter und Zeichen, die wir möglicherweise brauchen würden. Mit Mühe kämpfte ich mich in meine Lederstiefel, um meine Pistole zu verstecken. Schweiß rann mir über die Stirn, als ich den Lederstoff nach oben zog. Keuchend vor Anstrengung sah ich auf, gerade als Sanzu aus dem Ankleidezimmer trat. Er hockte sich vor mich, legte meine Hände auf seine Schultern und zog den Stoff hoch, erleichterte mir die Arbeit. Seine Finger strichen sanft über meine nackte Haut am Oberschenkel, und ich legte meine Hand in sein Haar, ließ meine Finger durch die pinken Strähnen gleiten. „Wir schaffen das“, flüsterte ich selbstsicher und umfasste sein Kinn. Ich fühlte mich stark, mächtig, als er vor mir kniete. „Zusammen“, raunte er und stand auf. Plötzlich war meine Macht verschwunden, als er über mich hinwegsah, mich mit seinem Blick dominierte. Seine Hand strich über meine Wange, bis er abrupt meinen Kopf zu sich zog. Das Lächeln auf seinen Lippen ließ mir einen Schauer über den Rücken laufen. „Und danach reitest du wieder auf meinem Gesicht“, raunte er mit schelmischem Grinsen, und ich wandte beschämt den Blick ab. Hitze stieg in mir auf, als seine Lippen sanft meine Stirn berührten. Gott, warum brachte er mich mit so leichten Berührungen immer zum Schmelzen? Mit jedem Schritt, den ich tat, rutschte das kurze Kleid höher, und jedes Mal, wenn Sanzu es bemerkte, knurrte er wütend. Es tat mir leid, aber Manjiro hatte darauf bestanden, dass ich Shiro so besser verführen könnte. Sanzu entfernte sich und machte sich auf den Weg zum hinteren, schwarzen Ausgang. Stolz reckte ich mein Kinn, drehte den Türknauf und stieg die Stufen hinunter, hielt dabei mein Kleid fest. Plötzlich spürte ich einen Blick im Nacken, und mein Kopf drehte sich sofort in Richtung der Kamera, die mich erfasste. Shiro sah mich durch das Objektiv, davon war ich überzeugt. Meine Augen verengten sich, als sich jede erdenkliche Emotion durch meinen Körper schoss – Angst, Nervosität, Adrenalin. Ich wusste, dass er mich beobachtete. Er kontrollierte alles. Jede meiner Bewegungen. Jede meiner Handlungen. Doch konnte er sich auch in die Kameras der Stadt einhacken? Grübelnd setzte ich mich ins Auto und schaute nach, wo Sanzu sich befand. Er hatte mir gerade seinen Standort geschickt. An der Kreuzung wechselte ich die Spur und hielt genau vor ihm an. Er stieg ein und kramte sofort in seiner Tasche. „Wenn das irgendwelche Pillen sind, dann wirst du den Kerker von innen sehen!“, drohte ich ihm, aber er zog nur eine normale Zigarettenschachtel heraus. Lieber Zigaretten als diese verfluchten Drogen. Er blies gestresst den Rauch aus und fummelte an seinem Katana herum. „Was liegt dir auf der Zunge?“, fragte ich, weil ich wusste, dass er, wenn er nervös war, alles rauslassen wollte. Er war verspannt, loderte vor innerem Feuer. Schnell schaltete ich die Klimaanlage ein. „Wenn er es wagt, dich anzufassen, reiße ich ihm die Finger ab“, knurrte er zwischen zusammengebissenen Zähnen und warf seine Zigarette aus dem Fenster. Ich schnaubte, laut und schwer. Shiro würde seine Finger nicht von mir lassen.

Two broken Souls/ Sanzu HaruchiyoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt