Takeomi führte mich in einen separaten Raum, in dem sich die Waffen und Messer von Bonten befanden. Mein Blick wanderte über die verschiedenen Stücke, doch meine Augen blieben an einem prächtigen Messer hängen. Die lange, scharfe Klinge glänzte im Licht, der Griff war aus Holz, mit wunderschönen Mustern verziert. Es war ein wahres Meisterwerk. Allein die Vorstellung, jemanden damit die Kehle durchzuschneiden, ließ eine Welle der Ekstase durch meinen Körper strömen. Doch dieses Gefühl verschwand abrupt, als ich hinter mir eine düstere Präsenz spürte. Über meine Schulter hinweg erkannte ich Sanzu, der verzweifelt im Türrahmen stand. Ohne ihm Beachtung zu schenken, griff ich nach dem Messer und holte es aus der Vitrine. Vorsichtig steckte ich es ein und wandte mich wieder den Waffen zu. Ich ignorierte ihn bewusst, wollte ihm keine Aufmerksamkeit schenken, obwohl mein Herz schrie. Es schrie nach ihm, es wollte, dass ich mich ihm zuwende, mich an ihn klammere, ihm meine Liebe gestehe. Aber liebte ich ihn wirklich? Ich wusste es nicht. Ich wusste nicht einmal, was Liebe überhaupt ist. Noch nie hatte ich wahre Liebe von einem Mann erfahren. Mein Vater war abgehauen, als meine Mutter schwanger wurde, und sie hatte mich allein großgezogen. Männliche Zuneigung war mir fremd. Früher dachte ich, es sei normal, geschlagen zu werden, wenn ein Mann die Hand hob. Sanzu hatte mir das eingeredet, er hatte meine Schwächen ausgenutzt und mich glauben lassen, dass es normal sei. Und ich, naiv und klein, hatte ihm geglaubt. „Soll ich dich begleiten, Ava?" fragte er plötzlich besorgt und trat näher an mich heran. Ich schnaubte erschöpft, fuhr mit meinen Fingern über das kalte Metall einer Pistole und konnte ein innerliches Lächeln nicht unterdrücken. Am liebsten hätte ich laut losgelacht, aber ich blieb ruhig. „Deine Hilfe? Nein danke, ich komme ohne dich klar," spottete ich und nahm eine Glock 44 aus der Vitrine. Sie war glatt geschliffen, und im grellen Licht strahlte ihre goldene Oberfläche pure Macht aus. Ich konnte meine Zukunft in ihr sehen. „Ich flehe dich an, Avara," flüsterte Sanzu flehend, und ich verstand nicht, warum er mein Nein nicht akzeptieren konnte. „Alles, was ich dir angetan habe, tut mir unendlich leid." Langsam drehte ich mich wieder zu ihm um. Sein Gesicht war von Schmerz gezeichnet, seine Augen verzweifelt. Er zerbrach, das sah ich deutlich. Er zerbrach daran, dass ich ihm keine Chance mehr geben wollte. Er zerbrach an der Vergangenheit, weil ihm klar wurde, wie erbärmlich und verblendet er gewesen war. Ein Hauch von Sorge machte sich in mir breit, und ich fragte mich, wie es ihm wohl wirklich ging. „So etwas kann man nicht verzeihen," antwortete ich kalt und steckte die Glock ein. Gerade als ich mich wieder von ihm abwenden wollte, trat er plötzlich auf mich zu und schlang seine kräftigen Arme um mich. Er presste mich fest an seinen Körper, seine Muskeln spannten sich unter seinem Hemd, während er mich nicht losließ. „Ich will einen Neuanfang," flüsterte er schmerzerfüllt, seine Stimme zitterte. „Ich bin ein Monster, das weiß ich, Maus. Aber für dich will ich mich ändern. Ich will nur dich, den Rest meines Lebens mit dir verbringen." Seine Worte strichen heiß an meinem Ohr vorbei, und ich spürte seinen Atem auf meiner Haut. Ich stand steif in seinen Armen, ließ meine Arme kraftlos an meinen Seiten hängen, überwältigt von allem. Das Einzige, worauf ich mich in diesem Moment konzentrieren konnte, waren seine Worte und die Wärme seines Körpers. „Du warst die Einzige, die bei mir geblieben ist," flüsterte er weiter. „Jeder hat sich von mir abgewendet. Jeder hatte Angst vor mir, vor meinen Narben. Aber du, Avara, du hattest keine Angst. Du bist bei mir geblieben und hast dich um mich gekümmert. Und das schätze ich jetzt erst wirklich." Er vergrub sein Gesicht tief in meiner Halsbeuge, und ich spürte, wie meine Haut langsam nass wurde. Sanzu weinte. Er weinte tatsächlich. Schwer schluckte ich, mein Atem stockte, und plötzlich fiel es mir schwer, Luft zu holen. „Ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte, als ich merkte, dass du es nicht mehr mit mir ausgehalten hast. Deshalb dachte ich, dass Gewalt die Lösung wäre. Ich wollte nicht, dass du gehst, wie die anderen. Du hast mir das gegeben, was mir niemand je gegeben hat. Aber ich habe erst viel zu spät erkannt, dass Gewalt keine Lösung ist. Ich bin so erzogen worden, habe immer geglaubt, dass Gewalt der einzige Weg ist. Aber das war ein Fehler." Seine Worte trafen mich tief, doch ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Mein Kopf war leer, meine Zunge schien aus Stein, und meine Augen brannten vor unterdrückten Tränen. Verdammt, ich war sprachlos. Ich wollte etwas sagen, aber meine Stimme versagte. „Bitte, bleib bei mir, wie damals," flüsterte er flehend und nahm mein Gesicht sanft in seine Hände. „Ich werde dich wie eine Prinzessin behandeln, Avara. Ich werde mich ändern, aber bitte, lieb mich wieder." Sanzus Augen waren rot und nass, sie huschten verzweifelt hin und her, als wüsste er nicht, wo er hinschauen sollte. Entsetzt von seinen Gefühlen starrte ich in seine tränennassen Augen, als er plötzlich seine Lippen auf meine drückte. Zum ersten Mal küsste er mich sanft und zärtlich. Seine Lippen bewegten sich behutsam auf meinen, und obwohl ich mich weigerte, den Kuss zu erwidern, gab mein Herz nach. Fast mechanisch begannen meine Lippen, auf seine zu reagieren. Vorsichtig legte ich meine Hände auf seinen Brustkorb und stellte mich auf die Zehenspitzen. Seine Arme klammerten sich noch fester um meine Taille und zogen mich näher an sich heran. Er seufzte tief in den Kuss, und unsere Münder verschmolzen miteinander. Für einen kurzen Moment fühlte ich mich wohl und geborgen in seinen Armen, doch ich ließ mich von diesem einen Moment nicht täuschen. Schnell schob ich ihn von mir weg und schnappte nach Luft. „Ich muss jetzt gehen," flüsterte ich hektisch, richtete meine Kleidung und sah ihn nicht einmal an. „Wirst du mir eine Chance geben, Ava?" fragte er drängend und folgte mir zur Tür. Unruhig eilte ich durch den Flur und versuchte, Abstand zu ihm zu gewinnen, doch er blieb dicht an meinen Fersen. „Ich weiß es nicht," gab ich gereizt zu, während meine Gefühle in mir tobten wie ein chaotischer Sturm. „Bitte, Avara, ich..." Ich unterbrach ihn, bevor er mich noch mehr zur Weißglut treiben konnte. „Worte werden dir nicht helfen. Ändere dich und zeig es mir durch gute Taten, vielleicht ändere ich dann meine Meinung!" rief ich ihm zu, während ich zur Tür stürmte, während er im Flur stehen blieb.
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Two broken Souls/ Sanzu Haruchiyo
Fanfiction《Avara Kaito(23)= Reader》 Ein einziger Blick genügte, und sie erkannte ihn sofort. Avara, 23, ist dazu geboren, eine Killerin zu sein. Niemand wollte ihr im Weg stehen. Ihr Gesicht kannte man nicht, doch ihr Name flößte Angst ein: der Schwarze Engel...