Kapitel 9

15 4 0
                                    



Hawk

Ich stand am Steuerrad und hörte Barton, dem Navigator zu, als er über den besten Seeweg zum afrikanischen Kontinent schwadronierte.

Es war ein alter Schwätzer. Früher unter der Flagge meines Vaters schon, und auch unter meiner redete er gerne, ausladend und viel.

Hier und da nickte ich, stimmte zu oder lehnte ab, doch mein Blick huschte ständig zu der kleinen Hexe, die schon stundenlang den frisch gefangenen Fisch ausnahm.

Als sie bei einem Tintenfisch würgte und dann kreischte, weil dieser noch lebte, hatte ich nur kopfschüttelnd geschmunzelt.

Eine verdammte Jungfrau, dachte ich zum hundertsten Mal und leckte mir die Lippen.

Wie eng sie gewesen war, wie sie, trotzt der Schmerzen meiner Größe wegen, hier und da ein Stöhnen nicht hatte zurückhalten können. Wäre ich ein zärtlicherer, netterer Mann, hätte ich Rücksicht genommen und ihr die Zeit gelassen, sich an meinen Schwanz zu gewöhnen. Aber das war ich nicht. Ich war nicht nett und nicht zuvorkommend und sie bedeutete mir nicht mehr, als dass sie ein Mittel zum Zweck war.

Wie als hätten die Götter der Meere es gewollt, rief plötzlich mein Falke vom Hauptmast zu uns hinab.

»Schiff voraus!«

Ich grinste, als eine dezente Unruhe auf dem Deck entstand. »Unter welcher Flagge segelt es?«

»England!«

Mein Blick zuckte zu Scarlett, die ebenfalls an die Reling getreten war und das kleine Schiff am Horizont ansah.

Ein Mittel zum Zweck, dachte ich erneut und überließ dem Steuermann seine Aufgabe wieder. Mein Mantel wehte im Wind des Meeres, als ich großen Schrittes zwischen meinen Männern, die allesamt wussten, was zu tun ist, auf die Kleine zu.

Bei ihr angekommen, bemerkte sie mich nicht gleich, sodass ich hinter sie trat und mit meinen Armen einkeilte, die ich rechts und links von ihrem Körper auf der Reling abstützte.

An ihr Ohr fragte ich: »Was denkst du, jetzt, wo du ein Schiff deines Landes siehst?«

Sie zuckte zusammen und drehte den Kopf zu mir. Die Kleine antwortete nicht sofort, stattdessen, duckte sie sich und versuchte, unters Deck zu verschwinden. »Ich will nicht gesehen werden.«

Ich packte sie nach nicht mal drei Schritten. »Warum sollen sie dich denn nicht sehen?«, fragte ich sarkastisch und zog mir einseitig die Kapuze über. »Immerhin hast du Kleider an, deine Haare sind nur dezent verknotet und du riechst nur noch halb so schlimm wie heute Morgen.«

»Was willst du von mir?! Hat die Demütigung gestern nicht gereicht?«, fragte sie fassungslos und sah kurz zu dem Schiff, da eine Glocke ertönte. Das bedeutete, dass das Schiff auch die Piraten bemerkt hatte.

Ich starrte sie nun wieder aus den Schatten an, wohl wissend, dass sie meine Augen nicht sehen konnte. »Ich will das genau Gegenteil. Ich WILL das sie dich sehen. Moha«, wandte ich mich an meinen Lieutenant, bevor die Nervensäge fragen konnte, »erklär ihr, warum.«

Sie sah Scarlett an. »Sie werden nicht scheißen, wenn sie dich an Bord wissen. Das bedeutet weniger Schäden an der ›Heaven‹.«

»Aye«, bestätigte ich und zerrte dann an der Prinzessin, um auf das Vorderdeck zu schleife. An der Bugspitze angekommen, rief ich. »Segel setzten und volle Fahrt voraus! Direkter Kurs auf die englischen Schweine!«

»Lass mich los!«, sagte sie, zerrte an ihrer Hand und versuchte, sich aus meinem Griff zu befreien.

Ich schnaubte und schlug ihr mit dem Handrücken meiner freien Hand ins Gesicht. Ihr Kopf flog zur Seite.

Red Prinzess, deliver me  {OC x OC}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt