Kapitel 27

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Hawk


Ich sollte schlafen, hatte sie gesagt. Mein Blick auf das Feuer gerichtet, hielt ich die Hexe im Arm und lauschte ihren ruhigen Atemzügen und dem Rauschen des Meeres.

Schlafe.

Ich schnaubte leise.

Naives Ding.

Ich zog sie vorsichtig enger an mich und verlagert mein Gewicht etwas und machte es mir behaglicher. Scarlett war schnell eingeschlafen und ich dachte nach. Tannauk war die einzige Insel, die von der Position aus, in der wir von Bord gegangen waren, in Betracht kommen würde. An alle anderen Inseln hätten wir niemals angeschwemmt werden können. Selbst hier war es ein Wunder.

Wir hätten tot sein müssen. Auf dem Meeresgrund liegend und von den Wesen der Tiefsee verschlungen. Dass wir lebten, beide, war schlichtweg unmöglich. Und doch saßen wir jetzt hier. Lebendig. Atmend.

Ich bewegte meinen Knöchel, der schon abgeschwollen war und kaum noch wegtat.

Bei Poseidon, ich war ihr wirklich nachgesprungen! Meine Nase in ihrem Haar vergrabend, atmete ich ihren Geruch, der nun von Salz- und Meeresduft geschwängert war.

Ich war ein Trottel. Mein Leben zu riskieren, für eine Frau? Ich lachte leise. »Nur weil ich sie brauche«, flüsterte ich mir selbst zu, doch wusste ich auch, dass ich mich belog.

Ich mochte Scarlett. Begehrte sie. Wollte ihr Feuer aufleuchten sehen und miterleben, wie sie sich immer und immer wieder gegen mich auflehnte. Denn ich liebte es. Liebte den Kampfgeist und auch, wie sie einknickte, wenn sie bemerkte, dass sie nicht gegen mich ankam.

Den Mond betrachtend, rügte ich mich. Was wollte ich von ihr? Dass sie mir half, die Hexe zu finden, war klar. Aber was passierte danach? Würde ich sie gehen lassen? Ich hatte ihr den Fingern genommen. Sie war als mein gekennzeichnet. Ich hatte Anspruch erhoben, vor all meinen Männern.

Wollte ich, dass sie blieb?

Sie war die verdammte Thronerbin, sie würde gehen. Wenn ich sie ließ.

Bei Poseidons Eiern.

Später. Darüber musste ich später nachdenken.

Ich schloss die Augen und wieder, immer wenn sie bei mir war, zog diese friedliche Ruhe an meinem Inneren. Mein Kopf fiel zurück und ruhte nun am Stamm der Palme.

Als ich die Augen das nächste Mal öffnete, musste ich gegen Sonnenlicht anblinzeln.

Was ...

Ich schreckte hoch und warf dabei die Kleine zwischen meinen Beinen regelrecht nach vorn. Ich starrte sie an. Starrte aufs Meer, den Himmel, die Sonne, zurück auf sie.

»Ich ... habe geschlafen.«

UNMÖGLICH! Das war nicht denkbar!

»Aua«, nuschelte sie mit dem Gesicht auf dem Boden. Die Hexe stemmte sich hoch, rieb sich die Augen und sah dann zu mir. Genervt zog Scarlett die Brauen zusammen und gähnte. »Sagte ich doch. Das letzte Mal hast du auch geschlafen.«

»Ich KANN nicht schlafen. Ich bin VERFLUCHT«, motzte ich, völlig überfordert von allem. Das Gefühl, ausgeruht zu sein, war unbeschreiblich. Ich war es nicht mehr gewohnt und wusste nicht recht, wie ich damit umzugehen hatte. »Das macht keinen Sinn«, brummte ich, stand auf und prüfte diesmal vorher, ob mein Knöchel das aushielt. Es zog noch etwas, aber ich konnte sowohl auftreten wie laufen. Dank der Medizin und der Fürsorge der Kleinen. »Anscheinend kannst du aber doch SCHLAFEN!«, fuhr sie mich an und stand ebenfalls auf. Dann sah sie auf sein Knöchel. »Geht es denn?«, fragte Scarlett, wirkte besorgt und versuchte, mich zu stützen.

Red Prinzess, deliver me  {OC x OC}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt