Kapitel 42

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Scarlett

Ich brach in Tränen aus. Zum gefühlt 3 Mal brach ich in Tränen aus. Als Talay nach einer langen Diskussion nicht einsehen wollte, dass ich ihn als König von England an meiner Seite haben wollte, hatte ich mich stur, wie ich war, angezogen und bin nach draußen gegangen. Nun stand ich genau an der Stelle, an der mich meine Zofe über Bord geschupst hatte. Hier hatte alles begonnen.

Wie das Leben manchmal so lief, Mhh?

Ich fuhr mir über mein ganzes Gesicht und drehte halb meinen Kopf, als ich jemanden hinter mir bemerkte.

»Was tust du hier Moha?« fragte ich die Frau, der ich immer noch nicht ohne Schuldgefühle in die Augen sehen konnte. Sie war meine Bezugsperson gewesen und ich hatte ihr nicht helfen können.

»Ich kann nicht mehr zuhören, wie die Männer diese Zofe nehmen«, sagte sie etwas kleinlaut. »Ich ertrage sowas schon unter normalen Umständen schwer, wegen ... Na ja, der Sache mit Hawk. Aber jetzt? Nach der Sache mit ... Na ja, den Soldaten noch weniger. Da starre ich lieber dem halb gehäuteten Kapitän beim Rumheulen zu. Ich ...« Blinzelnd sah sie mich genauer an. »Weinst du?«

Mein Griff am Geländer wurde fester. »Es tut mir leid, Moha. Es tut mir von ganzen Herzen leid. Du hast dich um mich gekümmert, mir Tipps gegeben, mir alles gezeigt, damit ich besser auf dem Schiff klarkomme. Du warst wie eine große Schwester für mich und ich? Ich habe versagt. Ich habe nicht mehr getan, um dir zu helfen. Weil ich naive und dumm war.« entschuldigte ich mich schon wieder. Ja, ich hatte alles schon mehrfach gesagt, aber die Schuld saß schwer auf meinen Schultern, weshalb ich mich immer wieder wiederholen musste.

»Weinst du deshalb? Hör mal, DU kannst nichts dafür. Im Gegenteil, du hast uns da rausgeholt, okay? Ich bin dir nicht böse. Kein bisschen.«

Ich sah sie an. Wieso war sie nicht einfach böse auf mich. Wieso hasste sie mich nicht? Ich verstand es nicht, aber ich versuchte es zu akzeptieren. »Nein, nicht nur deswegen.« erklärte ich und wischte mir die Tränen weg. »Moha...« begann ich wieder und wusste nicht so ganz, wie ich beginnen sollte, aber ich musste diese Frage stellen. »..könntest du dir ein normales Leben vorstellen? Oder würdest du lieber für immer mit Hawk auf dem Meer herumsegeln?«

Die dunkelhäutige Schönheit betrachtete mich skeptisch, bis es bei ihr Klick machte. »Ahh«, setzte sie an. »Hör mal, ICH kann mir das sehr gut vorstellen. Ein Haus auf dem Land. Abseits von allen, die mir auf die Nerven gehen. Ein Mann. Kinder. Aye, ich würde meine Hand dafür abhacken. Aber ... Hawk? Wenn ich mir seine Zukunft vorstelle, dann auf dem Meer. Ein Schiff, eine Crew, meutern, rauben und morden. Das und das, an das ich denke, wenn ich seine Zukunft in meinem Kopf habe. Die Frage ist doch aber, wo siehst du ihn? Oder besser, wo willst du ihn sehen?«

Ich musterte sie, ein kleines Lächeln zupfte an meinen Lippen. Tief einatmend sah ich aufs Meer. »Ich bin mir sicher, du wärst eine tolle Ehefrau und Mutter.« stimmte ich ihr zu und lehnte mich mit den Ellbogen auf der Reling ab. Wenn Moha bis nach meiner Krönung noch möchte, würde ich ihr diesen Wunsch erfüllen. Einen Mann müsste sie zwar selbst finden, aber ich würde ihr das Stück Land und die Sicherheit schenken, die sie verdiente. Und Talay.....

»Ich will ihn an meiner Seite haben-« mein Blick huschte zurück zu Moha. »-als Herrscher. Als König von England.« antwortete ich ehrlich und seufzte dann erschöpft. »Aber dieser Dickkopf.....Ich sehe, dass ihm der Gedanke gefällt, doch dann zweifelt er wieder und redet sich ein, dass er niemals die See gegen ein Leben an meiner Seite eintauschen könnte.« erzählte ich und sah hoch in den Sternenhimmel.

Sie sah ebenfalls in den Himmel. »Ich habe Hawk als einen brutalen, selbstgerechten und bestialischen Mann kennengelernt. Jemand, der Freude daran hat, zu stehlen, zu töten und sich zu nehmen, was er will. Egal, ob andere es wollen oder nicht. Ich meine, du weißt ja, was ich meine. Immerhin hat er dich ja auch gegen deinen Willen genommen und misshandelt.« Sie machte eine kleine Pause und atmete die Seeluft ein. »Aber je mehr man seinen Ansprüchen genügt und sich ihm als Person zeigt, der er vertrauen kann ... Hawk tut viel für die Menschen, die sich dieses Privileg mit Blut und Qualen erkauft haben. Er würde sogar, ob er nun zugibt oder nicht, sein Leben für diese Personen geben. Deswegen sind es wohl auch nur so wenige. Marina, ich und ... jetzt du. Hawk ändert seine Meinung selten, aber ...« Moha seufzte. »Gib einfach nicht auf. Ihm liegt etwas an dir und wenn du Glück hast, und er endlich einsieht, dass du ihm etwas bedeutest, dann könntest du Glück haben. Mach es ihm schmackhaft. Irgendwie. Such dir eine Sache, die er braucht und unbedingt will. Mehr als die See, mehr als das Pirat sein.« Sie lächelte mich an. »Kralle einfach deine königlichen neun Finger in sein Herz und stehle es ihm. Sei eine Diebin. Sei ein Pirat, aye?«

Ich sah Moha mit großen Augen an.

Ich soll ihm das Herz stehlen?

Sei ein Pirat?

Mein Lächeln kam zurück und ich nickte. »Aye.«

Dann sah ich in den Himmel, am Horizont wurde es schon hell von der Sonne, die langsam aufging. Das Farbenspiel von warmen Farben, war wirklich schön mit anzusehen.

»Moha, was hältst du davon, wenn du nachdem auflösen des Fluchs, das Schiff verlässt?«

Sie sah mich überrascht an, aber ich lächelte nur.

Es wird wohl langsam Zeit, Talays Herz zu stehlen.

*****

»Du musst das Schiff etwas mehr noch nach Westen drehen.« erklärte ich Talay, während er eine Hand am Kompass hatte und die andere am Steuerrad. Wir hatten nach unserer kleinen Auseinandersetzung letzte Nacht kaum noch geredet. Aber nachdem ich mit Moha ein interessantes Gespräch führen konnte, war ich entspannter, entspannter als Talay, der die ganze Zeit schlechte Laune hatte.

»Aye«, brummte er demnach und drehte das große Rad mehrmals. »Sag, wenn es genug ist.«

Ich starrte auf die Nadel, die sich mit bewegte und sah auf. Das Schiff drehte sich und wieder einmal war ich davon fasziniert, wie alles begann.

Red Prinzess, deliver me  {OC x OC}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt