»Heute ist wahrlich ein schöner Tag, nicht?«
Keine Antwort.
»Weißt du, dass ich gestern ein interessantes Buch begonnen habe? Es geht um eine Fantasy-Welt, in der Muggel durch Träume wandeln können«, setzte ich fort. Abermals keine Antwort.
Ich funkelte George böse an, der auf einer Steinbank im Innenhof neben dem Klassenzimmer für Verwandlung saß. Seine Beine waren links und rechts von der Bank ohne Lehne, vor ihm lag ein Stück Pergament mit vielen Kritzeleien, die er Formeln nannte.
Dem frühen Oktober gerecht trug er die schwarze Hose seiner Uniform sowie den grauen Pullunder. Da George für heute keinen Unterricht mehr hatte, war die rotgoldene Krawatte um seinen Hals verschwunden und hatte seinem Schal Platz gemacht.
Die Oktoberluft war zwar nicht eisig kalt, dennoch hatten die Wangen des Jungen einen rosa Ton angenommen, der sich mit seinen roten Haaren biss. Auch seine Fingerspitzen waren etwas rot, wenngleich die der rechten Hand eine schwarze Färbung durch den Kohlestift angenommen hatten.Ignoriert er mich?
Ein Wunder, dass er sich das noch traute; ich war bekannt dafür, kräftige Schulterschläge zu verteilen. Speziell für George holte ich mit aller Kraft aus. So gern hatte ich ihn.
»Gestern habe ich pinke Wolken gefurzt.«
Keine Reaktion. Nur das Kratzen des Kohlestifts war zu hören. Gut, auch der Wind und die Stimmen der anderen Hogwartsschüler, die sich im Innenhof aufhielten.
»Ich würde gern dein Gesicht ablenken«, trällerte ich weiter und bewegte mich im Springschritt um die Steinbank herum. Auch ich trug die Hose meiner Uniform sowie den Pullunder, aber darüber meinen schwarzen Umhang, den ich wie ein Cape von mir hielt, während ich zwei schnelle Runden um George rannte.
»S-so, schn-schnell wie der Blitz...«, keuchte mein unsportliches Ich, als ich links neben George zum Stillstand kam. Meine Brust bewegte sich zu schnell, mir wurde wärmer.
George reagierte immer noch nicht. Ein tiefes, wehleidiges Seufzen verließ meine Kehle. Am liebsten hätte ich unreif aufgestampft; stattdessen kniete ich mich hinter George auf die kalte Steinbank.
Meine Arme landeten um Georges Hals, mein Kinn auf seinem Kopf, und da er angenehm warm war, spreizte ich meine Knie, hoppelte ungraziös näher an ihn und wurde sein Rucksack. Langsam atmete ich aus, dann blickte ich mich im Innenhof um.
Jeden Donnerstag hatte ich zwei Freistunden, also eine dem Mittagessen folgend, doch für mich waren es zwei freie Stunden. Heute hatte ich das Mittagessen schnell beendet, weil George in den Innenhof gewollt hatte, um weiter an der nicht funktionierenden Niespraline zu arbeiten. Zwar hatte ich ihm meine Hilfe angeboten, doch nach fünfzehn Minuten hatte ich mich nicht mehr konzentrieren können und begonnen, um George herumzuschleichen.
Jetzt musterten meine Augen den überdachten, halb geöffneten Gang um den Innenhof, dann die Bäume, die ihre Blätter fallen ließen, und den bewölkten Himmel. Frische Luft strömte durch meine Lunge, während Georges Haare ein wenig kitzelten.Alles ist so öde, schnief...
Schließlich fiel mein Blick auf das Stück Pergament vor George. Fred und er hatten mir erzählt, dass die Zutaten der Praline der seltsame Magi-Pilz, welcher Sinnesorgane anregte; magisches Pfefferminz; Doxy-Speichel von den Doxys aus dem Sommer; Weichmacher; und die Essenz von Sneezewort, also Nieswurz, waren.
Doxy-Speichel und Nieswurz waren für ihre reizende Wirkung auf die Nasenschleimhäute bekannt und wurden nur in minimalen Dosen verwendet.
Die Zutaten wurden durch einen Trank vermengt und dann mit einem Duftzauber versehen, um die stark reizenden Inhaltsstoffe zu maskieren. Ein Zeitverzögerungszauber sorgte dafür, dass der Effekt der Niespraline erst ein paar Sekunden nach dem Verzehr einsetzte.
George beschäftigte sich gerade mit den chemischen Aspekten der Praline. Diese löste im menschlichen Körper eine Histaminfreisetzung aus. Histamin war ein Stoff, der bei allergischen Reaktionen freigesetzt wurde und das Niesen verursachte. Das Menthol der Pfefferminze wirkte ebenfalls als Reizstoff.
George kritzelte passende mathematische Funktionen auf das Pergament, unter Berücksichtigung des Magi-Pilzes, dessen Kochzeit sie untersuchten. Dafür benutzte er Verzögerungs- und logistische Funktionen. Die Histaminfreisetzung wurde durch eine Formel mit Zerfallskonstanten dargestellt.
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Das Offensichtliche ist vorhersehbar | George Weasley Ff
FanfictionJeder Mensch hat eine Geschichte. Ich sage gerne, dass mein Lebensbuch mit einem tragischen Anfang begonnen hat. Das Schicksal hat sich dazu entschieden, mir früh meine Eltern zu nehmen und mich als Protagonisten leiden zu lassen. So sind die erst...