7. Kapitel

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     Eine kühle Brise strich über meine Haut, während Preston und ich durch den Schlossgarten liefen. Die Musik des Jahrmarktes wurde vom Wind zu uns getragen, aber bei dem Wind und der Kälte hatten Preston und ich uns nur für einen kleinen Spaziergang durch den Garten entschieden, anstatt auf den Jahrmarkt zu gehen.
      Immer wieder musste ich an den Traum denken. Ich hatte beinahe die Schwelle übertreten und doch wollte ich zurück. Meine Träume waren so viel besser mit dem angeblichen Sternenstaub. Die Träume fühlten sich real und schön an. Verliehen einem das Gefühl von Freiheit und gaben einem die Möglichkeit, der Realität zu entfliehen. Mir war klar, warum Mutter es vor mir versteckt hatte.
      Gestern, beziehungsweise heute hätte ich beinahe das Gespür für Traum und Realität verloren. Es war ein gefährlicher Grad auf dem ich mich bewegte. Meine Mutter hatte es nicht grundlos vor mir versteckt. Das verstand ich jetzt. Vielleicht war sie eines Tages selbst in ihren Träumen gefangen gewesen, unwissend, was nun Realität und was Traum war. Der Schotter knirschte bei jedem Schritt unter meinen Schuhen, während wir über den Weg liefen, vorbei an vielen Blumen und Sträuchern.
      Mum hatte den Garten geliebt. Besonders die Rosen. Auch ich liebte Rosen. Besonders die orange-gelben Rosen, die wir weiter hinten hatten. Sie waren wunderschön und waren Mums Lieblingsrosen gewesen. Sie hatte mir immer wieder davon welche in mein Zimmer gestellt, doch seit ihrem Tod hatte ich mich nicht mehr in ihre Nähe gewagt. Zu schmerzhaft war die Erinnerung daran gewesen. Jetzt steuerten wir direkt darauf zu und ich hielt Preston nicht wirklich auf.
      Seit ein paar Minuten waren wir der Stille verfallen. Keine schöne Stille, wie ich anmerken musste. Er schien nervös zu sein, denn er nestelte immer wieder an den Knöpfen seiner Jacketts und seine Augen flirrten über den Garten, als könnte er dort etwas sehen, dass ich nicht sah. Zudem fuhr er mit der Hand immer wieder in seine Hosentasche und schien dort etwas zu greifen, einen Moment zu halten, bevor er es dann wieder losließ.
      Allerdings versuchte ich nicht darauf zu achten und mir keine Gedanken zu machen. Ich wollte lieber an meinen Traum denken. Ich kam einfach nicht darüber hinweg, dass ich geträumt hatte, dass Rivan der Sohn von Mister Nalton war. Wie war ich in meinem Traum darauf gekommen? Immer wieder stellte ich mir diese Frage. Diese Frage war schwer für mich zu beantworten und die kalte Brise, die wie Nadeln auf meinem Gesicht stach, machte es mir nicht besser, einen klaren Gedanken zu fassen.

     Fröstelnd schlang ich die Arme fester um mich und wünschte mir, ich hätte mich für ein anderes Kleid entschieden und vielleicht auch einen anderen Mantel. Die Ärmel des Kleides waren relativ dünn, doch ich hatte den Wind übersehen. Der Wind war eisig kalt und schien von den Bergen zu kommen, die in der Ferne in den Himmel ragten und den Horizont küssten.
Der Wind brachte die kalte Luft des Schnees mit sich, der die Bergspitzen und weitere Teile überdeckte. Preston, der neben mir lief, hatte seine Wahl der Kleidung eindeutig mit mehr Bedacht gewählt. Er trug eine schwarze Hose, dazu hohe Stiefel. Sein Jackett trug er über einem langärmlichen Hemd, dass unter den Ärmeln des Jacketts herausguckte und er trug eine Art Schal, der seinen Nacken schützte.
       Damit hatte er eindeutig eine bessere Wahl getroffen. Seine kastanienbraunen Haare wurden in alle Richtungen geweht, während wir auf die Rosen zuliefen, die ich so liebte. Mein Herz pochte wild in meiner Brust. Nicht, weil Preston neben mir war, sondern weil mich dieses ungute Gefühl beschlich, dass etwas im Busch war. Schon heute Morgen beim Frühstück hatte Dad so anders gewirkt. In seinen Augen hatte etwas gefunkelt und auch Prestons Eltern waren sehr aufgeregt und voller Elan gewesen.
       »Wir könnten morgen einen kleinen Ausritt machen, wenn Euch das recht ist und dann am Abend auf den Jahrmarkt gehen. Eure Vater sagte mir, dass Ihr Pferde liebt und eure Stute das schnellste Tier hier ist«, fing Preston ein neues Gespräch an. Natürlich hatte mein Vater das erwähnt. Was folgte als nächstes? Meine Ess- und Schlafgewohnheiten? Meine Lieblingsbücher? Oh, Moment, meine Lieblingsbücher kannte er nicht.
      »Ja, ein Ausritt würde meiner Stute ganz gut tun«, erwiderte ich und dachte dabei an Arabia, die jetzt bestimmt auf der Weide stand. Mein Vater ließ es nicht zu, dass ich mich um sie kümmerte. Vermutlich, weil ich schon geschafft hatte, bei ihr im Stall im Heu zu schlafen oder mit ihr den ganzen Tag weg zu sein. Eine Prinzessin sollte das nicht tun, hatte er gesagt. Doch auch meine Stute brauchte wieder Bewegung. Ob nun mit, oder ohne Preston. Solange er ein guter Reiter war.
      Es folgte wieder Stille. Nur der Wind raschelte in den Baumkronen und zerrte an meinen Haaren, die ich jetzt gerne zusammengebunden hätte. Je näher wir den Rosen kamen, desto schneller schlug mein Herz und desto stärker wurde das Gefühl, dass etwas im Busch lag. Mit jedem Schritt wurde Preston nervöser und nestelte in seiner Hosentasche herum. Seine Brust hob und senkte sich in flachen Atemzügen und ein paar Schweißperlen lagen trotz der Kälte auf seiner Schläfe.
      Kaum hatten wir die Rosen erreicht, blieb er stehen und räusperte sich. Er sah mich an und sofort spürte ich, dass etwas ganz und gar im Busch war. Sofort wusste ich auch, was es war. Mit einem Mal verstand ich, warum er so nervös war. Es lag in seinen Augen. Jetzt, wo er sich vor mich gestellt hatte, konnte ich jede Emotion in seinen Augen erkennen. Es war diese Nervosität, die viele junge Männer hatten, wenn sie im Begriff waren, um die Hand einer Frau anzuhalten. Ein Teil in mir wollte Reißaus nehmen, auf der anderen Seite wollte ich Preston aber wenigstens zu Wort kommen lassen, selbst wenn ich ihm dann sagen müsste, dass ich es nicht konnte.
       Preston räusperte sich und ging vor mir auf die Knie. Diesen Moment hatte ich mir als kleines Mädchen so oft erträumt. Immer und immer wieder. Ich hatte mir vorgestellt, wie mein Herz pochen würde, wie ich vor Freude weinen würde. Jetzt pochte mein Herz aber vor Angst und wenn dann wollte ich weinen, weil er mich so hoffnungsvoll ansah, ich ihm aber sagen würde, dass ich nichts für ihn empfand und das vermutlich auch nicht passieren würde.
       Aus seiner Hosentasche nestelte er den Ring, an dem er vermutlich die ganze Zeit gespielt hatte, während wir gelaufen waren. Die kalten Böen machten sich nun viel mehr bemerkbar und in mir entstand der Wunsch nach Flucht. Nach sofortiger Flucht. Die Kälte wurde mir umso mehr bewusst, auf der anderen Seite wollte ich mir aber anhören, was er zu sagen hatte.
      »Ich weiß, dass das vermutlich überraschend kommt aber auf der anderen Seite hast du sicher schon eins und eins zusammengezählt und weiß, warum wir wirklich hier sind. Da ich das nicht einfach so fallen lassen wollte und nicht nach dem Wunsch deines Vaters gehen wollte, dir keinen Antrag zu machen, mache ich einen. Ich finde, das sollte jeder Mann in seinem Leben tun, oder auch die Frau. Ich finde dich sehr bezaubernd und bin froh, dass meine Eltern dich erwählt haben. Ich hoffe, dass es dir auch so geht.«
      Er lachte nervös, dann holte er tief Luft und fuhr fort. »Zwar kenne ich dich nun nicht sonderlich lang aber ich weiß, dass ich gegen diese Bindung nichts habe. Schon als ich dich am Ball gesehen habe, wusste ich, dass du die eine bist. Das wusste ich mit jedem Atemzug und mit jedem Atemzug wurde dieses Gefühl stärker und stärker. Ich liebe dein Lächeln und deine Art und deine wunderschönen Augen. Ich liebe alles an dir, Ferran und ich versuche mich wirklich daran zu halten, dich zu duzen, so wie du es gerne bei den anderen hast. Deswegen möchte ich dich fragen, ob du meine Frau wirst.« Der Silberring funkelte mir entgegen.

Star DustWo Geschichten leben. Entdecke jetzt