19. Kapitel

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     Beim Frühstück stocherte ich eher in meinem Essen herum und fragte mich, ob das nicht ein bisschen überreagiert von mir gewesen war. Klar, war es nicht nett, was er zu mir gesagt hatte aber ihm zu sagen, dass ich ab jetzt allein weitermachte, war nicht die beste Entscheidung gewesen. Ich wusste zu wenig, um das allein zu schaffen.
      Außerdem hatte ich ihm mit diesen Worten wehgetan. Er hatte seinen Grund, warum er seine Schwester nicht dabeihaben wollte. Das war mir klar. Das war mir wirklich klar. Doch anstatt mich anzuschreien hätte er mir das ja sagen können. Ich konnte Verständnis zeigen, aber nicht dafür, dass er mich so angefaucht hatte und mir gesagt hatte, ich solle mich raushalten. Das hätte er netter auch sagen können.
      Er hätte sagen können, dass es mich nichts anging. Denn Grenzen musste man respektieren. Doch anstatt dies nett zu sagen, hatte er mich angeschrien und mich mit so viel Kälte in den Augen angesehen, dass mir noch immer kalt war. Mir war so verdammt kalt. Das Essen schmeckte fad in meinem Mund, obwohl es eigentlich so wie immer war. Dennoch konnte ich keine wirkliche Freude dafür aufbringen. Erbärmlich.
      Das wusste ich. Und doch fand ein Teil in mir, dass das die richtige Reaktion gewesen war. Er musste verstehen, dass er nicht einfach so mit mir umgehen konnte und ich das dann auch noch tolerieren würde. Denn das würde ich nicht. Wütend stocherte ich in die Tomate hinein und als ihr Saft über meinen Teller quoll, empfand ich ein komisches Gefühl der Befriedigung. Mein Vater räusperte sich.
      »Hat die Tomate dir etwas getan?«, fragte er. Sofort blickte ich auf. Prestons Blick lag auf mir, der seiner Schwester und der meines Vaters. Prestons Eltern wagten es nicht, in meine Richtung zu sehen, was vermutlich auch besser so war. »Was? Nein, natürlich nicht. Das war ein Versehen«, wollte ich mich rausreden, doch mein Vater schien mich zu durschauen. »Sicher?« Hinter seine Frage lag eine versteckte Frage: „Was hat er getan?"
       Doch ich sah nicht ein, dass jemanden zu erzählen, da es eigentlich sinnlos war, so wütend und traurig zu sein. Ich hatte Rivan einfach an seine Grenze gestoßen. Natürlich gab ihm das nicht das Recht, so zu sein, aber dennoch. Seine Schwester schien ihm sehr wichtig zu sein, weswegen ich es mir einfach nicht leisten konnte, ihn so zu drängen. Dennoch hatte ich es getan. Wie das letzte... Arschloch.
      Auf der anderen Seite hatte er auch nicht besser reagiert. Dennoch würde ich mich bei niemandem darüber ausheulen.

~*~

      »Wer war das Mädchen, mit dem du getanzt hast?«, fragte ichPreston, als wir zu den Stallungen liefen. Der letzte Tag, dass er hier war.Morgen würde er abreisen, da er mich nicht heiraten würde. Ein kleiner Stichdurchfuhr mein Herz bei diesem Gedanken. Preston war mir ein guter Freundgeworden und es tat mir leid, dass das zwischen uns so hatte laufen müssen.
»Lady Morrigan.« Er sprach ihrenNamen mit so viel... Gefühl aus, dass mir eine Gänsehaut über den Rücken kroch.Jedes Mädchen wollte, dass der andere den Namen so aussprach, wie er es tat. Dalag ein Lächeln auf seinen Lippen. Ein seliges Lächeln und seine Augen funkelten.»Und? Lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen«, sagte ich zu ihm. Ergrinste verhalten. »Wir haben getanzt und als wir genug hatten, sind wir in denGarten gegangen und haben geredet.«
      Neugierig wartete ich auf jedesweitere Detail, dass er bereit war, preiszugeben. Das Lächeln auf seinen Lippenwurde breiter und breiter. »Sie ist sehr freundlich, aufgeweckt, klug undlustig. Sie hat mich in zwei Wochen zu ihrem Geburtstag eingeladen.« Nun legtesich ein Strahlen auf meine Lippen und für einen Moment war Rivan vergessen.Aber nur ganz kurz.
       »Das ist ja toll! Ich freue michfür dich«, sagte ich und sah ihn lächelnd an. Er lächelte schüchtern. »Danke.«Wir liefen weiter zu den Stallungen und schwiegen eine Weile. Die Sonne schienwarm auf uns herab und schien immer mehr an Wärme zu gewinnen. Es war schönwarm. Fast zu warm. Ich bereute es, meine Haare nicht hochgesteckt zu haben,denn so hatte ich nicht einmal ein laues Lüftchen am Nacken.
      »Und? Was hat Rivan getan?«,hakte Preston plötzlich nach. Er hatte es bemerkt. Natürlich hatte er esbemerkt. Wer stach auch so gewalttätig in eine Tomate? Richtig. Niemand. Nurich hatte das getan und mir dabei Rivans Kopf vorgestellt. »Ach, nicht sowichtig. Eigentlich ist es dumm, so darüber auszurasten«, gestand ich. Prestonsah mich an und hob eine Braue, als wollte er sage: „Ach ja? Das denke ich abernicht."

Star DustWo Geschichten leben. Entdecke jetzt