24. Kapitel

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     Mit großen Augen starrte ich den Mann an. Da war er wieder. Der Mann mit dem schwarzen Umhang und den stechendgrünen Augen. Die Kapuze hatte er tief ins Gesicht gezogen. Doch das mystische und geheimnisvolle Grinsen war noch immer zu erkennen. Rivan spannte sich an. »Aber du bist unberechenbar«, erwiderte Rivan. Dreammaker lachte rau auf doch auch diesmal lief mir bei seinem Lachen kein Schauer über den Rücken.
      Schlagartig wurde mir bewusst, dass er diesen Traum schon wieder steuerte. Ein Wind frischte auf und als ich versuchte mir die Wärme der Sonne zurückzuwünschen, kam sie nicht. Der Wind wurde stärker und blieb mir die Haare wild um den Kopf herum. Bibbernd schlang ich die Arme um meinen Körper. »Ja, mag sein. Aber deine Schwester hat mich bestohlen. Ohne Bezahlung. Das kann ich nicht hinnehmen«, erwiderte Dreammaker. Rivan spannte sich an.
      »Was ist die Bezahlung?«, fragte er, die Hand zur Faust geballt. Dreammaker musterte erst ihn und dann mich. »Das werdet ihr sehen, sobald ihr mich von selbst finden könnt.« Gerade als ich noch etwas sagen wollte, löste er sich vor uns in Luft auf. Erschrocken keuchte ich nach Luft und sah mich um. Keine Spur von ihm. Absolut keine.
      Rivan wirbelte ebenfalls herum, doch auch hier war niemand zu sehen. Ihn finden... von selbst. Wie fand man jemanden, er nicht gefunden werden wollte? Was war das für ein krankes Spiel? »Was hat er vor?«, fragte ich leise. Rivans Körper war zum Zerreißen gespannt. Seine Hände waren zu Fäusten geballt und ein Muskel an seinem Kiefer zuckte. Wut flackerte in seinen Augen. »Ich hatte vor es nett mit ihm zu klären aber so langsam kann ich das nicht mehr. Dieser Kerl hat meine Schwester und sieht noch so verdammt jung aus«, zischte er.
      Verwundert runzelte ich die Stirn. »Du konntest ihn sehen? Also sein Gesicht?« Rivans Blick huschte zu mir. Nun wirkte er verwirrt. »Du etwa nicht?« Mein Herz begann wild zu pochen als mir klar wurde, dass Dreammaker jeden anders beeinflussen konnte, da wir Individuen im selben Traumland waren. Rivan war nur hier, weil er immer wieder einen Weg in meinen Traum fand, doch Dreammaker konnte ihn selbst beeinflussen. Konnte das beeinflussen, was er sah.
»Ich habe ihn nur gesehen, wie er einen Umhang trägt und seine Kapuze tief ins Gesicht hängt.« Rivan runzelte die Stirn. »Welche Augen hatte er?« Ich schluckte. »Stechendgrün.« Er fluchte. »Toll. Wir wissen also nicht, wie er wirklich aussieht. Er könnte einer von beiden sein oder ein ganz anderer...« Ein Kloß bildete sich in meinem Hals.

     So sehr hatte ich für ihn gehofft, dass alles gut werden würde und dass wir ihn finden würden. Doch uns wurde bewusst, dass er einen ganz schön an der Nase herumführen konnte, wenn er wollte. Rivan wirkte frustriert. »Braucht ihr vielleicht unsere Hilfe, um Dreammaker zu finden?«, erklang die vertraute Stimme von Emrys etwas hinter uns. Rivan und ich drehten uns um und sahen Emrys und Jaylan auf uns zukommen.
      Sie hielten Händchen und lächelten leicht vor sich hin. Sofort dachte ich, dass Dreammaker ja auch einer von ihnen sein konnte. Denn das könnte sein. Doch die beiden wirkten so wie immer. Jaylan sah Emrys mit dem gleichen Funkeln wie immer an und Emrys helle Augen leuchteten geheimnisvoll auf. Alles war wie immer. Das sagte ich mir zumindest.
      »Und wie wollt ihr uns helfen?«, hakte Rivan nach. Jaylan rollte mit den Augen. »Es geht doch nur darum ihn zu finden, oder nicht? Acht Augen sehen sicher mehr als vier.« Rivan spannte sich bei dieser spitzen, genervten Anmerkung an, nickte aber. Jaylan grinste ihn an. Die Anspannung war deutlich spürbar. »Ach komm. Ich meine das ernst. Wir wollen ja schließlich nicht, dass du immer so voller Sorge und Reue durch die Straßen läufst.«
      Mit dieser Bemerkung versuchte Jaylan oder auch Joker das Eis zu brechen, doch es gelang ihm einfach nicht. Rivan war noch immer angespannt und wirkte nicht so, als könnte man mit ihm gut Kirschen essen. Also versuchte ich es: »Wo sollen wir mit der Suche anfangen?« Nun sah Emrys mich an. »Wenn ich er wäre, würde ich mich im Labyrinth oder im Spiegelkabinett oder so verstecken.« Rivan seufzte.
      »Er kann aber auch in andere Personen schlüpfen und Ferran und mir ist er ganz anders erschienen. Für euch kann er ein alter Mann sein, bei ihr ist er ein Mann in Umhang.« Emrys Grinsen wurde fast schon boshaft. »Na umso besser.« Nun runzelten alle die Stirn. »Na ja, wenn wir alle jemanden an der gleichen Stelle sehen, der für uns alle aber anders ist und wir uns das sagen, dann wissen wir doch, wer es ist, nicht wahr? Dann wissen wir, dass es Dreammaker ist.« Seine Erklärung klang plausibel.
      Dennoch wollte ich mir keine Hoffnungen machen. Dreammaker schien gerissen zu sein. Er war schlau. Er würde sich einfach in jemand anderen verwandeln und so in der Menge untertauchen. »Wie steht es mit deinem Onkel, Rivan? Ist der auch hier im Traumland?« Rivan schüttelte den Kopf. »Nein, was ihr alle gesehen habt, war nur in einem Traum. Er mag den Staub nicht mehr und benutzt ihn nicht mehr.«
      Emrys funkelnde Augen wurden trostlos. Das schien einer seiner Pläne gewesen zu sein, der aber ins Wasser fiel. Mister Nalton wusste sehr viel über Dreammaker und seinen Staub. Unwillkürlich wünschte ich mir, ich hätte ihn näher dazu ausgefragt. Ich wünschte mir, dass ich näher mit ihm gesprochen hätte. Ein für alle Mal. Doch dieser Wunsch schien mir nicht vergönnt. Keinem von uns. »Na ja, vielleicht bekommen wir aus dem Traum Mister Nalton etwas raus«, versuchte Jaylan uns allen Hoffnungen zu machen. Doch weder Emrys, Rivan oder ich wirkten davon überzeugt. Also ließ er es gleich wieder bleiben. Es vergingen Minuten oder gar Stunden, in denen wir einen Plan schmiedeten und dabei über den Jahrmarkt liefen.

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