23. Kapitel

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"Du bist ein Monster!" Vylanaras blaue Augen waren eiskalt und ich spürte das Brennen auf meiner Wange bereits, noch bevor ihre Hand klatschend meine Haut traf. Ich widerstand dem Reflex, mich vor Schmerz zusammenzukrümmen und zurückzuzucken. Sie würde mich nicht dazu bringen, zurückzuweichen. Niemals. Eisern hielt ich den Kopf erhoben, auch, als ihre andere Hand auf meine andere Wange niederfuhr. Danke. Das würde wieder hübsche blaue Flecken geben und ich durfte Gina wieder erklären, wo ich die her hatte. Nachdem sie mir auf jeder Seite noch fünf Ohrfeigen verpasst hatte, hatte sie endlich genug und stolzierte mit erhobenem Kopf aus meinem Zimmer. Krachend schlug sie die Tür zu und ich hörte, wie sie abschloss. Ich wartete, bis sie weg war. Dann stand ich auf, nahm das dickste Buch aus meinem Regal und warf es mit einem Aufschrei gegen die Tür. "Ihr werdet mich nicht brechen! Niemals!" Der Schlag, als der Buchrücken gegen die Tür krachte, war so gewaltig, dass die Tür in ihrem Rahmen erzitterte. Heftig atmend, mich mit einer Hand an das Bücherregal stützend, stand ich da. Mein Blut brannte vor Hass.

Es war nicht zu fassen. Monate war es jetzt schon her, dass ich meine Eltern das letzte Mal gesehen hatte und noch immer verfolgten sie mich in einen verdammten Träumen. Die Narben, die sie mir beschert hatten, als ich ohne Gina heimgekommen war, schienen zu brennen. Obwohl die Morgensonne erst schüchtern durch meine Vorhänge lugte, schlug ich meine Decke zurück und lag für einen Moment reglos da. Ach, verflucht sollten meine Eltern sein! Nicht ich war das Monster, sondern sie! Verächtlich schnaubte ich leise und verschränkte die Arme hinter meinem Kopf, spielte nachdenklich mit meinen Locken. Ich brannte darauf, dass Al und ich den Elderstab fanden und ich zu einem kurzen, eintägigen Ausflug nach Bulgarien aufbrechen, meine Eltern umbringen und wieder zu Al zurückkommen konnte. Immerhin hatten wir noch eine Revolution zu führen, er und ich. Seite an Seite. Es klang so wunderbar und ich konnte meine Zufriedenheit fast schon schmecken. Warum Durmstrang? Das hier war viel besser. So. Und wenn wir dann erstmal eine Revolution hätten, würden wir einen Weg finden, um Ariana zu helfen. Unbedingt. Das stand auf unserer To-do-Liste gleich nach 'Heiligtümer finden' und 'Revolution beginnen'. Außer Gina und natürlich Al hatte noch nie eine andere Person so weit oben auf meiner Prioritätenliste gestanden. Normalerweise bewegten die sich eher im unteren Achtel. Ja, ich war ein ziemlicher Egoist. Vielleicht. Na und? Nur selbstlos sein brachte auch nichts. Erst meine Ziele, dann irgendwelche anderen Personen. Das hatte ich immer so gehalten. Na ja, bis Gina gekommen war und danach, bis ich Al gefunden hatte. Ausnahmen bestätigen ja schließlich die Regel, nicht? Genau so war es. Gellert Grindelwald, verschieb deine Morgenphilosophie auf später, mach sie zur Abendphilosophie und raus aus dem Bett! Welten sind zu erobern und Ruhm zu gewinnen! Blitzartig war ich aus meinem Bett.

Eine halbe Stunde später saß ich mit Al am See von Godric's Hollow und wir dachten nach. Über die Heiligtümer des Todes. "Bei dem Elderstab", sinnierte ich und biss mir nachdenklich auf die Lippen "ist die heißeste Spur immer noch Sofia. Obwohl ich dort nichts gefunden habe.", ich zuckte die Schultern. "Möglicherweise habe ich auch nur an der falschen Stelle gesucht." Erstaunt blickte Albus mich an. "Glaubst du?" Ich grinste. "Ja. Warum nicht? Es ist zwar schwer zu glauben", ich zwinkerte "aber ich bin tatsächlich nicht unfehlbar." Er brach in Gelächter aus. Darauf tat ich, als wäre ich beleidigt. "Du lachst?", knurrte ich. Kichernd wand er sich am Boden. "Ja!", stieß er hervor. Gespielt empört schnaubte ich. "Idiot." Jetzt grinste er. "Danke. Du auch." Schnaubend funkelte ich ihn an, musste aber auch grinsen. "Obwohl du wirklich furchtbar nervig sein kannst, Al, liebe ich dich.", sagte ich leise und musterte ihn eindringlich mit meinen zweifarbigen Augen. Er schluckte. "Ich liebe dich auch, Gellert.", hauchte er. Wir küssten uns. Behutsam löste ich mich von seinen Lippen und fuhr seinen Hals hinab. Aufkeuchend schloss er die Augen. "Wie soll ich über die Heiligtümer nachdenken, wenn... wenn du das machst?", fragte er schwach. Ein Lächeln verzog meine Mundwinkel und ich biss ihn sanft. "Ich würde es persönlich nehmen, wenn du jetzt noch klar denken könntest." "Keine Sorge... unmöglich.", wisperte er, zog mich an sich und vergrub das Gesicht in meinen Haaren. "Merlin, ich liebe Lavendel.", flüsterte er heiser, als ich von ihm abließ und ihm erlaubte, dass er sich eine meiner blonden Strähnen um den Finger wickelte. "Ich weiß.", antwortete ich sanft und strich zärtlich seine Wange hinab. "Es ist das, was mir eigen ist. Aber sag mir jetzt bitte nicht, dass du mich nur wegen meiner Lavendel-Pfefferminz-Note liebst." Albus bedachte mich mit einem langen, halb liebevollen, halb entrüsteten Blick aus seinen blauen Augen. "Unsinn.", murmelte er. "Ich liebe dich, nicht etwas einzeln an dir. Alles an dir." Spottend tat ich, als wäre ich zutiefst erleichtert. Wir lachten. "Du bist eine Qual, Albus Percival Wulfric Brian Dumbledore.", beklagte ich mich anschließend, ließ mich rücklings auf meine Ellenbogen sinken und hob provokant eine Augenbraue. "Eine einzige Qual für meine arme, zerbrechliche Seele." Albus bedachte mich mit einem Blick, der eindeutig sagte 'Ist das dein Ernst?'. "Deine Seele ist alles mögliche, Gellert. Aber sicher nicht zerbrechlich.", antwortete er. Ich hatte ihm von Jenneth erzählt - hatte etwas davon erzählt, dass ich so geschockt gewesen war, dass ich einfach nur noch weg gewollt hatte. Er hatte es mir geglaubt. Mein schlechtes Gewissen nagte wieder an mir, vor allem, weil ich spürte, dass Jenneth mir verziehen hatte. Du verdienst es nicht. Nein. Tat ich nicht. Al hatte Unrecht. Meine Seele war zerbrechlicher, als er wusste. "Gellert?" Ein Hauch von Sorge lag in seinen Augen. Ich sah ihn an. Wenn ich eines gut konnte, dann war es, meine wahren Gefühle zu verstecken und auf Gut-Wetter zu machen. "Ja? Was ist?", ich betastete mein Gesicht. "Hab ich Furunkel?" Das brachte ihn zum Grinsen. "Nein. Hast du nicht." Natürlich nicht. Seine Miene wurde ernst. "Kann ich ihn sehen?" "Klar doch.", erwiderte ich, griff mir an den Hals und zupfte den Blutpakt unter meinem Hemd hervor. Selbst wenn er nicht auf meiner Haut liegen würde, wäre er warm. Ich zog ihn ganz hervor und legte ihn in meine flache Hand. Die Kette verlängerte sich automatisch, beziehungsweise magisch. "Er ist wirklich schön.", flüsterte Albus ehrfürchtig und fuhr mit einem Finger über die Muster der Phiole, dann das Glas. "Muss ich eifersüchtig sein?", fragte ich scherzend.
"Blödsinn. Du bist unschlagbar, Gellert."
"Ich weiß, Darling.", antwortete ich selbstzufrieden. "Deine Arroganz", resümierte er mit blitzenden Augen und taxierte mich "ist nicht in Worte zu fassen." "Ja, Al. Natürlich, Al. Ich liebe dich auch, Al.", sagte ich und grinste ihn frech an. Darauf verdrehte er die Augen. "Oh, Gellert!" Immer noch grinsend ließ ich den Blutpakt wieder sinken und betrachtete ihn unter halb gesenkten Wimpern. "Ja, bitte? Das ist mein Name. Gellert Grindelwald, um genau zu sein." "Gellert, ich muss dich leider erwürgen, wenn du noch einmal dieses Gesicht machst!", rief er. "Gesicht?", echote ich. "Tut mir leid. Aber so sehe ich nun einmal aus, du Spaßvogel." Albus fing an zu lachen. "Da will ich einmal, ein einziges Mal, kurz sauer auf dich sein und du kommst mir mit sowas!", brachte er hervor und lachte und lachte. Ich setzte mich auf und sah ihm zu, wie er sich vor Lachen schüttelte. Dabei machte ich in etwa eine Miene, wie ein Magiezoologe, der eine neue, interessante Insektenart entdeckt hat. Sachte den Kopf schüttelnd wandte ich meinen zweifarbigen Blick von ihm und ließ ihn über den Horizont schweifen. Sekunde. In einiger Entfernung zum See und damit zu Godric's Hollow, entdeckte ich nun einen Wald. Nebelschwaden stiegen von den dunklen Baumkronen auf. Und das im Sommer! "Al. Ist das ein Nebelwald?", fragte ich. Er riss sich zusammen und folgte meinem Blick. "Ja." "Ha!", stieß ich aus. "Al! Das ist es!" Irritiert blickten mich die strahlend blauen Augen an. "Was ist was?", hakte er nach. "Siehe", erklärte ich geduldig "Ignotus' Peveralls Grab liegt hier. Er war der dritte Bruder, jener, mit dem Tarnumhang. Ich wette, dass der noch irgendwo hier ist! Und wo versteckt man am besten Dinge, von denen man nicht will, dass jemand sie bekommt? An einem Ort, an den sich niemand traut. Ein Nebelwald. Die Muggel gehen da sowieso nicht rein", ich schnaubte "und selbst Hexen und Zauberer gehen nur ungern in Nebelwälder, weil dort so viele magische Kreaturen wohnen." "Oh! Und du meinst, Ignotus' Peveralls Sohn oder so hat den Tarnumhang dort versteckt?", wollte Albus wissen und ich spürte seine Aufregung. "Möglich.", gab ich zurück. "Möglich." Wir werden es bald wissen, mein Liebster. Denn ich werde gehen und ihn suchen.

Loveless || Gellert Grindelwald FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt