Kapitel 30

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Kapitel 30

„Der große Schatten der Meere hat jetzt also eine Schwäche

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„Der große Schatten der Meere hat jetzt also eine Schwäche." Mariellas ruhige und scheinbar wertfreie Stimme ließ den Vampir lediglich einen langen Atemzug aus der Lunge pressen. „Schwäche würde ich das nicht nennen. Eher..." „Er ist ein Mensch", kommentierte die Rothaarige das Offensichtliche, während sich ihre Augen stur geradeaus auf das Großsegel richteten. Der Wind nahm zu und bald hatte die Santa Maria die gewünschte Geschwindigkeit erreicht. Die feurige Mähne der Vampirin wehte hinter ihr her. Funkelte wie flüssige Lava vor dem leichten Grau des Himmels.

„Das warst du ebenfalls einmal, wenn ich dich daran erinnern darf." „Ich war ein Kind, Ricardo." „Ein menschliches Kind", sagte der Vampir lediglich, drehte sich zu ihr um und neigte den Kopf etwas zur Seite, als sie seinen Blick erwiderte. Ihre grünen Augen legten sich direkt in seine. Ihre Augenbrauen schoben sich etwas zusammen, wie sie es immer taten, wenn ihr etwas sehr wichtig war.

„Du hast dein ganzes Leben, deine Vergangenheit in die Hand dieses Menschen gelegt, Ricardo. Du hast ihm quasi deine Schwächen, unsere Schwächen auf dem Präsentierteller serviert. Und das..." „Du warst es, die bei unserem ersten Treffen an Deck mit einem Dolch vor mir stand, um mich zu töten. Erinnerst du dich?" „Er ist ein Sklave, ein aufsässiger noch dazu. Er hatte eine Frau, Ricardo. Wundert es dich gar nicht, wie willig er sich dir hingegeben hat? Welcher Mann würde einen anderen Mann mit der Hand befriedigen, ohne auch nur den Funken von Interesse an anderen Männern? Da stimmt etwas nicht, mi vida!" „Wenn du schon so unsensibel warst, uns bei dieser intimen Begegnung zu bespitzeln, warum hast du nicht auch den Rest belauscht?" „Naja, das war weniger interessant", gluckste Mariella und schüttelte ihre Mähne im Wind. Ihre Lippen formten ein leicht spöttisches Schmunzeln, als sie den Blick wieder in Richtung Segel richtete.

„Schade, denn sonst hättest du mir bei der Frage behilflich sein können, die mich seit letzter Nacht beschäftigt." „Was dein Schoßmenschlein damit gemeint hat, dass er sich nicht mit dir ,vereinen' will?" Der neckende Unterton ließ Ricardo nur die Augen rollen. „Nein, die andere Frage. Die, bezüglich der Tatsache, dass er meine Worte und Gedanken hören konnte, ohne dass ich einen Blutbund mit ihm eingegangen bin." Nun wurde Mariella ernster. Sie nickte leicht, um zu verdeutlichen, dass sie das bereits geahnt hatte.

Sie machte eine kurze, beinahe vorsichtige Pause, bevor sie sich zu ihrem Schöpfer drehte. „Ich bin immer davon ausgegangen, du wüsstest es..." „Ich wüsste was?" „Damals, als du mich hast trinken lassen, als ich krank wurde und das hohe Fieber bekam. Ich konnte spüren, wie besorgt du um mich warst, wie liebevoll du dich um mich gekümmert hast. Im Grunde war dies der Moment, in dem ich mich in dich verliebt habe. Damals war für mich klar, dass du... dass du der Mann bist, dem ich mein Leben für die Ewigkeit anvertrauen werde."

Wenn es dem Vampir möglich gewesen wäre, wäre er in diesem Moment errötet. Verlegen senkte er den Blick und suchte mit den Augen die Ferne des Ozeans. Sie waren auf dem Weg nach Italien, um dort die geretteten Sklaven von Bord zu lassen und neue Vorräte aufzuladen. Den Winter würden sie wieder in Spanien verbringen. Sehr zur Freude seiner Crew, die ihre Familie dort zurücklassen musste.

„Ich wusste es nicht...", hauchend, schüttelte Ricardo den Kopf. Er fühlte sich wie ein naives Kind, ein Narr, der glaubte, König zu sein. Und wieder einmal war es Mariella, die ihrem Schöpfer wie ein Fels in der Brandung zur Seite stand. „Wie solltest du auch? Du lebst seit Jahrhunderten auf See. Dein Wissen konntest du nur aus Büchern schöpfen. Geschrieben von Vampiren und gelagert in einem muffigen alten Palast. Du hattest nie die Chance, dich mit einem anderen Älteren unserer Art auszutauschen. So sehr sich Marelius vielleicht bemüht hat, er war ebenso wenig ein allwissender Schöpfer, wie es die Eltern der Menschenkinder sind."

Die sonst immer mit einem schalkhaften oder spöttischen Funkeln glänzenden Augen lagen ruhig auf ihm. „Dann war ich wohl ebenfalls kein wirklich guter Schöpfer, nicht wahr?" „Nein, mein liebster Freund. Du bist mein Schöpfer. Der beste Schöpfer, den ich mir für die Ewigkeit wünschen könnte. Und der einzige Mann, der jemals von sich behaupten können wird, dass Mariella del Mar ihm die Treue bis in alle Ewigkeit halten wird." „Mariella del Mar?"

Ihr Lächeln bekam einen erotischen, spöttischen Unterton, als sie ihm eine Hand an die Wange legte, ihn zu sich herunterzog und ihm einen Kuss auf die Lippen drückte. „Mein Vater, mein Geliebter, mein Schöpfer, mein Liebhaber und der einzige Mann, der mich jemals als sein Eigen bezeichnen darf und den ich als den meinen ansehe. Völlig egal, wer mit dir in den Betten liegt und in deinem Herzen wohnt." „Mi vida", flüsternd, küsste er sie zurück und lehnte seine Stirn an die der Rothaarigen. Schließlich löste er sich von ihr, spürte, wie hier und da die Männer der Mannschaft sie beobachteten und grinsten.

Nur ein Mann hatte jedwedes Lächeln verloren. Der Mann, der gerade begonnen hatte, das Beisegel unter der Anleitung eines Matrosen einzuholen. Der Mann, dessen kahler Schädel durch ein Tuch geschützt wurde. Grüne Augen bohrten sich zunächst in den Blick des Vampirs, wandten sich schließlich ab, und in der nächsten Sekunde schwappte eine Welle der Eifersucht und Enttäuschung durch Ricardos und damit auch Mariellas Geist.

„Ups...", murmelnd, verzog die Rothaarige schuldbewusst die Lippen, „ich schätze, das sollte ich klären..." „Du?" Wahrhaft überrascht schossen Ricardos Augenbrauen in die Höhe. So etwas wie Reue gehörte sonst nicht wirklich zu Mariellas Eigenschaften. Sie legte sanft eine Hand auf den Unterarm ihres Schöpfers, nickte und schritt die Stufen von der höher gelegenen Kapitänskajüte hinunter an Deck.

Waves Of Eternity (Moonlit Universe Prequel)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt