Kapitel 09

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Kapitel 09

Ricardos Entscheidung traf nicht bei allen auf dem Schiff auf Verständnis

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Ricardos Entscheidung traf nicht bei allen auf dem Schiff auf Verständnis. Gerade die Jüngeren, die ihre erste Fahrt mit dem Vampir machten, hielten ihn für völlig naiv und todessüchtig. Allein die Idee, sich in diese offensichtliche Falle zu begeben, ließ sie sogar an Meuterei denken. Ein Funke, der sich schnell zu einem Buschfeuer hätte ausbreiten können, wenn Ricardo nicht ältere und bis in den Tod treue Gefährten gehabt hätte, die der jüngeren Generation schnell ihren Platz gezeigt hatten. Doch auch er selbst hatte beschlossen, einige Tage nach dem Treffen mit dem Schiff des Sultans mit seinen Männern zu sprechen.

Eines Abends rief Ricardo seine gesamte Mannschaft an Deck und stellte sich an das etwas erhöhte Steuerrad, um alle direkt ansehen zu können. „Meine Freunde, ich weiß, die letzten Tage haben euer Vertrauen in mich erschüttert, nicht bei allen, aber doch bei einigen. Ich möchte mich daher erklären. Jeder, der sich unter meiner Führung nicht länger sicher fühlt, hat die Möglichkeit, jederzeit an Land zu gehen. Wir werden in zwei Tagen anlegen, um Vorräte aufzufüllen. Wer nicht weiter mit mir fahren möchte, soll einfach von Bord gehen. Niemand wird ihm Vorwürfe machen und sein Beuteanteil ist ihm sicher. Er kann ihn in einem der Dörfer jederzeit abholen.

Wer jedoch noch nicht den Glauben und das Vertrauen in diesen alten Narr hier verloren hat, der möge mir jetzt zuhören. Konstantinopel ist eine sehr alte Stadt, sehr viel älter als der Glaube an den Christengott. Sie wurde dereinst von einem großen christlichen Herrscher, genannt Konstantin erobert und dann von Byzantium in Konstantinopel umbenannt. Mit diesen christlichen Eroberern zog auch ein Mann meiner Art, denn er hat den Mann erschaffen, den eure Väter noch unter Marelius kannten.

Mein Schöpfer hat in Konstantinopel gelebt. Zuerst als römischer Soldat, dann als vampirisches Wesen. Sein Wirken hat vielen dort geholfen. Und wenn ich den Chroniken glauben kann, gibt es dort auch noch Freunde und Gönner von Marelius. Ich habe Konstantinopel nicht ohne Grund ausgewählt. Ich muss zu diesem Ort, denn dort gibt es eine ganze Bibliothek meines Volkes und andere meiner Art. Das bedeutet auch, dass es Augen gibt, die uns wohl gesonnen sind."

„Was macht dich da so sicher?" Die Frage seines Steuermannes ließ Ricardo leicht schmunzeln. „Meine Herkunft." „Das bedeutet was genau?", wollte nun auch eine weitere Stimme wissen, dieses Mal ein Bootsmann. „Dass mir, als Blutkind von Marelius Constantinus ein Erbe zusteht, das uns Sicherheit in Byzantium oder besser gesagt Konstantinopel garantiert." „Dir möglicherweise, aber was ist mit uns Menschen? Wenn es deine Art ist... Kapitän, ich will dir nicht zu nahetreten, aber..." „Habe ich jemals von einem von euch Blut genommen? Habe ich jemals einem von euch Gewalt angetan?"

Sichtbar verlegen senkten einige den Kopf, während andere klar und deutlich verneinten. Bestätigend nickend, breitete Ricardo seine Arme aus. „Ich garantiere jedem von euch meinen Schutz, vor jedem aus meinem Volk. So wie ich euch meinen Schutz auf See versprochen habe. Ihr seid meine Freunde, meine Mannschaft. Meine Familie. Niemand wird es wagen, die Crew des Schwarzen Schatten anzugreifen. Dafür bürge ich mit meinem Leben!" Ein vielstimmiger Jubel brannte auf, und als Ricardo vom erhöhten Podest herunterstieg, schien jeder einzelne auf seinem Schiff das Bedürfnis zu haben, ihn irgendwie zu berühren.

Die Nachricht über das Erscheinen der Santa Maria in Konstantinopel warf seine Schatten voraus. In den Dörfern, die Ricardo gegründet hatte, sammelten sich immer mehr Nachtwesen, um dort Asyl zu finden. Wie der Vampir erwartet hatte, war die Kunde über dessen Herkunft bereits bis zu den Ältesten des Kontinentes vorgedrungen, und sie sicherten ihm und seiner Crew einen sicheren Aufenthalt zu. Sie kannten Marelius und waren mehr als erfreut, endlich das Blutkind des Alten kennenzulernen.

Doch genau das war es, das Ricardo mehr als beunruhigte. Er hatte eins nicht durchdacht: Seine persönliche Unzulänglichkeit als Blutkind seines so geschätzten Schöpfers. Was, wenn die Ältesten ihn des alten Blutes nicht würdig empfanden? Was, wenn sie missbilligten, was er tat? Ihm war klar, dass er sich früher oder später diesem Urteil stellen musste, doch das musste bis nach dem Treffen mit dem Sultan warten. Seine Neugierde war so viel mächtiger, als die Angst vor den Ersten seiner Art, dass er den Tag kaum noch erwarten konnte.

Waves Of Eternity (Moonlit Universe Prequel)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt