Kapitel 22

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Kapitel 22

„Kapitän, hast du einen Moment für mich?" Nickend trat Ricardo zusammen mit Karlsson an die Reling

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„Kapitän, hast du einen Moment für mich?" Nickend trat Ricardo zusammen mit Karlsson an die Reling. Es war offensichtlich, dass der hünenhafte Skandinavier etwas auf dem Herzen hatte. Zunächst schien der Blonde ihn gar nicht ansehen zu wollen, doch dann atmet er tief durch, hob den Kopf und blickte sein Gegenüber an. Ricardo war trotz seiner Körpergröße noch immer ein ganzes Stück kleiner als Karlsson, was dieser in diesem Moment offensichtlich peinlich berührt feststellte.

„Herr..." „Es gibt auf diesem Schiff keinen ,Herr', mein Freund. Ich dachte, das wäre dir bekannt." Das sanfte Lächeln begleitete den Augenblick, wo der Vampir seinen Arm auf die Reling legte und sich an dem scheinbar pulsierenden Holz anlehnte. „Sprich einfach frei heraus." „Versprecht mir, dass ihr nicht zornig werdet." „War ich jemals ungerecht oder ungehalten zu einem von euch? Sprich aus, was dir auf dem Herzen liegt, damit wir es aus der Welt schaffen können."

Ein tiefes, zitterndes Atmen ließ Ricardo den Kopf heben und den Blick seines Schiffsmannes suchen. „Kapitän... Gunter hat uns von dem Mann in Eurer Kabine erzählt. Dass er mehr tot als lebendig war und dennoch..." „Dennoch nehme ich ihn mit in meine Kabine", beendete der Spanier den Satz ruhig, worauf Karlsson schluckte. „Was ist deine Sorge?" „Die Crew hat Sorge, dass... Dass Ihr..." „Dass ich was, mein Freund? Dass ich ein Leichenschänder bin? Ein Nekromant?" „Kapitän..." Die verlegende Beschwichtigung in der Stimme des Hünen ließ Ricardo sich lächelnd umdrehen und mit dem Rücken gegen das Holz lehnen.

„Ich weiß, dass viele von euch Geschichten und Legenden über die Santa Maria und ihren Kapitän gehört haben. Und ja, die meisten von euch wissen, dass ich weder altere noch esse. Genauso wie Mariella. Natürlich fragt ihr euch, was oder wer ich bin." „Die Händler nannten euch einen Dämon. Und Ihr habt..." „Sie getötet? " „Das allein wäre ja verständlich, aber..." „Worauf willst du hinaus?" Ein Seufzen verließ die Lippen des Vampirs, als er sah, wie nun immer mehr seiner Leute verstohlen zu ihnen herübersahen.

„In Ordnung. Da du offensichtlich nur als Opferlamm vorgeschickt wurdest..." Er machte eine weite, einladende Bewegung in Richtung der Crew und wartete, bis sich alle auf dem Hauptdeck versammelten. Mariella trat mit einem genervten Blick neben ihn und betrachtete die Mannschaft mit strengem Blick. *Das hast du jetzt davon, dass du unbedingt den Samariter für den Flohzirkus spielen musstest.*

Ricardo räusperte sich unnötigerweise und steckte seine Daumen in seinen Schwertgürtel. „Eure Väter und Großväter haben bereits unter dem Schwarzen Schatten der Meere gedient. Und damit... unter meinem Kommando. Ricardo del Mar ist kein Titel, keine Ehrbezeichnung für den Kapitän dieses Schiffes. Es ist und war immer mein Name. Eure Vorfahren ahnten, dass weder ich, noch Marelius menschlich waren. Trotzdem waren sie mir treu ergeben. Sie wussten, dass ihre Gefahren auch meine Gefahren waren. Sie wussten, dass wir alles in unserer Macht Stehende tun würden, um sie zu beschützen, und sie beschützten uns. So wie es in einer Gemeinschaft, wo jedes Leben, jede Stunde am Tag von dem anderen abhängig ist, sein sollte."

Mariella atmete tief durch, verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich war lange Jahre eine Sklavin eines Sultans in Konstantinopel. Eure Väter waren dabei, als Ricardo mich gerettet hat. Sie haben mich aufwachsen sehen. Und sie waren dabei, als ich zu Ricardos Gefährtin wurde. Niemand hat meine Autorität in Frage gestellt oder hinterfragt. Ich weiß, dass einige von euch sehr überrascht waren, als sie Befehle von einer Frau entgegennehmen mussten. Doch hat jemals einer meiner Befehle euch geschadet? Waren sie nicht eher zu eurer Sicherheit?"

Das zustimmende Gemurmel nutzte Ricardo, um einen Schritt vorzutreten. „Ich bin kein Mensch. Das habe ich nie behauptet! Ich bin ein Schatten, ein Gespenst, nennt mich einen Dämon. All das ist auf seine Weise wahr und richtig. Doch eines bin und werde ich niemals sein: Ein Mann, der nicht zu seiner Mannschaft steht." „Wir wollen wissen, was du bist!", zischte nun einer der Männer, die erst vor ein paar Monaten zu Ricardos Crew gestoßen war. Er war ein ehemaliger Sklave, der sich entschlossen hatte, zu bleiben.

Jaques, der Schiffskoch, spuckte ins Meer und legte seinen schweren Kochlöffel von der einen Schulter auf die andere, sichtlich versucht, dem frechen Kerl das Ding über den Kopf zu ziehen.„Warum fragst du mich dann nicht einfach? Warum erst der Umweg über Karlsson? Niemand auf diesem Schiff muss mich fürchten. Das solltest du doch am besten wissen. Oder habe ich dich je in Ketten legen lassen wie deine ehemaligen Herren?"

Nun nickten auch ältere Mitglieder der Mannschaft. Es war ihnen deutlich unangenehm, dass der Neuling sie so aufgestachelt hatte. „Er ist unser Kapitän. Was willst du noch wissen?", fragte nun einer der Altmatrosen, worauf der Neuling wütend aufstampfte und auf Ricardo zeigte. „Die Händler hatten recht, er ist ein Monster. Ein Meeresdämon, der die Seelen der Menschen frisst. Seht ihr denn nicht? Er altert nicht, er trinkt niemals mit uns. Er..."

Das dumpfe Geräusch, als der schwere Kochlöffel den Hinterkopf des schreienden Mannes traf, ließ Ricardo zusammenzucken und den Rest der Crew leise lachen. Der ehemalige Sklave sank zu Boden und stöhnte. „Darüber kann er jetzt mal nachdenken", lachte Gunter, worauf ein anderer nur schelmisch fragte: „Denken?" Bald schon herrschte eine ausgelassenere Stimmung unter den Männern und Gelächter brannte auf, worauf Ricardo seine Haltung aufgab und augenrollend den Kopf schüttelte.

*Willst du sie aufklären?* *Nur dann, wenn es nötig wird. Aktuell scheint dieses Thema zumindest überwunden zu sein.* Wie falsch er damit liegen sollte, konnte er an diesem Tag nicht wissen. Doch noch Jahrhunderte später wünschte er sich, er hätte damals anders reagiert...

Waves Of Eternity (Moonlit Universe Prequel)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt