Kapitel 02

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Kapitel 02

„Ich habe Angst vor Euch

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„Ich habe Angst vor Euch." Ein dunkelhäutiger Sklave sah Ricardo mit großen Augen an, als dieser vor ihm in die Hocke ging. „Die Meister nannten Euch Dämonen." Ein leises Lachen entwich Ricardo und seinem Schöpfer, der mit einem melancholisch anmutenden Lächeln um die Mundwinkel am Hauptmast der Santa Maria lehnte.

Acht Menschen hatten sie retten können. Wie viele wirklich auf dem Schiff gewesen waren, das gerade in lodernden Flammen am Horizont versank, konnte ihnen keiner der Überlebenden genau sagen. Die Crew hatte ein paar Leichen bergen können, einige davon in wirklich erbärmlichen Zustand. Die Ketten an ihren Füßen hatten einigen Männern bereits das Fleisch aufgerissen, so dass die Narben sie wohl ihr Leben lang begleiten würden. Anderen waren die Knochen gebrochen worden, wohl als Bestrafung für angebliche Verfehlungen. Es war ein Bild, das nach all den Jahren weder Marelius, noch dessen Blutkind wirklich schockieren konnte. Der zitternde Nubier vor ihnen hatte offensichtlich gute Gründe, Fremden nicht zu vertrauen. Auch wenn sie es noch so gut mit ihm meinten.

„Wir werden dir nichts tun", versicherte Marelius ruhig, worauf die dunklen Augen sich auf ihn richteten. „Ihr habt die Meister getötet." „Sie haben den Tod verdient, findest du nicht?", gab nun Ricardo ebenso ruhig zurück, erhob sich und zog den blauen Seerock enger um seinen Körper. Der Wind konnte ihm zwar nichts anhaben, aber dennoch spürte der Vampir die Kälte in seinen Knochen. Er hatte einen der Sklavenhändler geleert, und doch war sein Hunger nur bedingt gestillt. Es war etwas anderes, wonach ihm dürstete, etwas, das er nicht benennen konnte.

„Ihr seid die Schwarze Schatten. Dämonen der See", hauchte der Nubier und senkte den Kopf zwischen seine angezogenen Knie. „Ich schulde Euch mein Leben, also nehmt es." „Wir nehmen niemals das Leben der Ärmsten der Menschheit." Ricardo versuchte die Ironie dieses Satzes nicht auf sich wirken zu lassen, spürte den Stich jedoch ziemlich deutlich in seiner Brust.

War es nicht genau das gewesen, was Marelius getan hatte? Damals, als er ihn nach ihrer ersten Liebesnacht gebissen, ausgeleert und schließlich vor die Wahl gestellt hatte? Tod, oder ein Leben an seiner Seite. Ricardo bereute nicht, die Wahl getroffen zu haben, ihm in dieses Leben zu folgen. Nur die Tatsache, dass Marelius ihm die Wahl genommen hatte. Es war diese Alternativlosigkeit gewesen, die ihre Beziehung bis heute mit einer gewissen Distanz behaftete.

Ricardo wusste, als das Blutkind eines Vampirs war es ihm unmöglich, Befehle wirklich zu ignorieren. Doch gab es immer wieder Tage und Nächte, wo er nicht leugnen konnte, dass er daran dachte, wie sein Leben verlaufen könnte, wenn er von Marelius nicht länger abhängig sein würde. Seine Natur war schon immer die Freiheit und Unabhängigkeit gewesen. Diese Ketten engten ihn auf eine Art und Weise ein, die er immer weniger ertrug.

„Ihr tötet mich nicht? Und..." „Keiner der Männer und auch keine Frau, die in Ketten gelegen haben, wird von uns je ein Leid erfahren", versicherte Ricardo nun ernster. „Das verspreche ich dir, bei meiner Ehre." „Ehre..." Das kleine, aber dennoch sehr mächtige Wort auf seiner Zunge rollend, erhob sich der, trotz seiner deutlichen Unterernährung, noch sehr groß gewachsene und muskulöse Dunkelhäutige und sah Ricardo direkt in die Augen.

„Die Meister nannten mich Jakob. Doch der Name, den meine Ahnen mir gegeben haben, lautet Horan." „Sei willkommen auf der Santa Maria, Horan", nickte Ricardo mit einem Lächeln und wartete, bis sein Schöpfer das Gleiche tat. „In etwa einer Woche gehen wir an einem kleinen Landstück von Bord. Wir nennen diesen Ort die Arche. Wenn du willst, kannst du dortbleiben. Es gibt Heiler und Ärzte, die sich deiner Wunden und den deiner Kameraden annehmen können." „Ihr... Ihr gebt uns ein Zuhause?"

Der dunkle Riese schien in den Grundfesten seines Glaubens erschüttert, als die blassen, seltsam anmutenden Männer vor ihm einfach nur nickten und ihm auch noch beiläufig erklärten, dass sie von nun an als freie Menschen leben konnten. Niemand würde sie aufhalten, wenn sie die Arche verlassen wollten. Doch ihre Sicherheit war nur auf diesem Landgut wirklich gewährleistet.

„Sind... Sind da mehr..." „Dämonen?" Marelius konnte sich des leicht spöttischen Untertons nicht erwehren. „Ja, durchaus. Aber auch sie haben geschworen, die Menschen auf diesem Landsitz zu schützen." „Was seid Ihr, edle Meister?" Mit einem deutlich sichtbaren Schaudern ging der Riese vor Marelius in die Knie und suchte demütig dessen Blick.

„Das, mein Freund, ist ein Geheimnis, das es zu bewahren gilt. Würde es bekannt, wäre die Santa Maria und das, wofür sie steht, bald nur noch ein Mythos." „Dann werde ich mit meinem Leben verteidigen, was mir das Leben gerettet hat." Die Ernsthaftigkeit vibrierte aus jeder seiner Zellen, als er sich erneut erhob, sich kurz verbeugte und dann unter Deck ging, um zu den anderen Sklaven zu stoßen.

Nur zwei Jahre später sollte es dieser nubiesche Riese sein, der zu einem der treuesten Kameraden an Bord der Santa Maria wurde. Der unüberwindliche Leibwächter der beiden Vampire an Bord. Bis zu dem Tag, als das Feuer der Einsamkeit das Schicksal des Schiffes für immer verändern sollte.

Waves Of Eternity (Moonlit Universe Prequel)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt