Acht

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Wieder stand ich vor dem Spiegel. Bei uns zu Hause, im Bad. Ich war die Strecke, von der Haltestelle bis hier, gerannt, ich war fertig. Wieder hatte ich meine Hände am Waschbecken verkrampft und starrte ins Leere. Sekunden, Minuten vergingen. Die Tränen rannen nur so meinen Hals herunter, jedoch schluchzte ich nicht. Ich schaute mich immer ganz fest im Spiegel an und unterdrückte es. Ardy und Taddl sollten es nicht hören. Sie hatten auch nicht gehört, wie ich hineingeschlichen bin. Zwar machten sie sich Sorgen, doch ich wollte nicht mit ihnen reden.
Ich musste wieder an ihre Worte denken, wie sie mich fertig gemacht hatte. Diese...
Ich war zu hässlich, es lag an mir. Ich hätte ihm nicht mehr gereicht, deshalb hatte er mich betrogen, deswegen. Ich war zu hässlich, zu dumm, ich war zu langweilig.
Ich hatte Schuld. Ich vermisste ihn, wie er mich küsste, wie er mich in seinen Armen nahm. Sein Geruch, seine Lippen, alles...
Mehr Tränen.
Aber ich hatte ihm nicht gereicht, ich war einfach zu....

Ich war einfach ich.
Ich...

Mein Blick fing sich wieder und wanderte zu meinem Unterarm. Ich Strich einmal über die Sehnen und ein kleines ekliges Kribbeln breitete sich in mir aus. Meine Hand wanderte weiter zum Waschbecken, wo schon die Klinge lag. Sie war Silber und glänzte.
Ich nahm sie in die Hand und hörte auf zu weinen.
Weinen brachte nichts. Es war ein Zeichen der Schwäche, und ich war nicht schwach.

Ich setzte sie ganz leicht an meinem Unterarm an, hielt jedoch nochmal kurz an. Ich zögerte, ich hatte sowas noch nie gemacht und eigentlich hatte ich mir auch vorgenommen, so etwas nie zu machen.

Doch sag niemals, nie.

Mit leichtem Druck drückte ich zu und die scharfe Kante drang in meine Haut ein. Blut quoll langsam heraus und lief an meinem Arm hinunter, auf den Boden.
Der Schmerz war stehend, es tat weh, doch aus irgendeiner sonderbaren Art, tat es gut. Sich selbst weh zu tun. Es tat gut.

Der nächste Schnitt folgte, mehr Blut. Wieder stiegen Tränen in mir auf. Ich tat es langsam unkontrolliert, ich konnte nicht mehr aufhören. Der Schmerz... es tat gut. Mein Gesicht verzerrte sich vor Schmerz und wimmernd musste ich mir meine Zähne zusammenbeißen, doch es war eine Erleichterung. Es folgten mehr.

3, 4, 5, 6, 7, 8...

Mein Unterarm schien zur Hälfte voll zu sein und ich stoppte. Überall rann Blut heraus und tropfte auf den Boden.
Ich starrte auf die feinen, roten Ritze und fuhr einmal darüber. Blut war an meinem Finger und ich starrte es an.
Erst jetzt realisierte mein Gehirn, es sich da eigentlich getan hatte.

Erschrocken von dem was ich gerade getan habe, ließ ich die Klinge fallen.
Ein kleines metallisches Klirren.
Ich sackte auf dem Boden zusammen, dann wurde alles schwarz.

Thinking out Loud || Taddl FfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt