In meiner Pause verließ ich die Bar durch den Hinterausgang. Die stickige Wärme des Raumes legte sich wie ein schwerer Mantel um meine Schultern. Draußen empfing mich die kühle Nachtluft, eine willkommene Erleichterung. Ich atmete tief ein, ließ den Lärm und das Gedränge hinter mir. Der Himmel war klar, Sterne funkelten schwach über den Dächern der Stadt. Ich lehnte mich an die kühle Backsteinwand, die Ruhe ein kurzlebiges Paradies. In der Ferne hörte ich das gedämpfte Summen der Stadt, während die Geräusche der Bar hinter mir allmählich verstummten. Endlich Zeit, meine Gedanken zu ordnen. Der Rauch einer Zigarette kräuselte sich in der Luftbund ich spürte die Erschöpfung des Abends von mir abfallen. Ich merkte die Schnitte an meinem Arm deutlich, es brannte.
Ich versank in Gedanken an Mona, daran, wie sie energisch in den Vorlesungen erzählte, ihre tätowierten Hände durch die Luft wirbelnd. Ihre Augen meinen Blick fingen und ich mich darin verlor, wie in einem tiefen See, wie sich meine Lippen auf das zarte Rosa ihrer legen. Ich musste bei dieser Erinnerung schlucken, besonders als ich mich an heute erinnerte, wie sie mich aus der Vorlesung raus geworfen hatte und dort das Monster welches sie war wieder zum Vorschein kam.
Plötzlich zuckte ich zusammen, als die Tür hinter mir geöffnet wurde. Die Realität brach wie ein kalter Schauer über mich herein und das Bild von Mona verblasste, nur um Sekunden später in echt vor mir auf zu tauchen.
Mein Herz schlug schneller bei dem Anblick der Frau.
,,Wie geht’s dir?” Fragt die Engelsgleiche Stimme aus dem nichts. Wie es mir geht? Warum interessieren sie das bitte? Mein Blick gleitet zu der älteren Frau. Sie fragt mich grade wirklich wie es mir geht? Weiß sie es wirklich nicht?
,,Du behandelst mich wie Dreck! Und dann fragst du mich wie es mir geht?” Ich spuck ihr die Worte grade so vor die Füße. In ihrem Gesicht konnte man abermals keine Veränderung feststellen, wie so oft. Sie schaut mich einfach nur mit ihren braunen Augen an und ihre Maske sitzt so perfekt, ihre Mimik spiegelt rein gar nichts wieder. Nichts, keine Emotionen, gar nichts.
Mona kommt einen Schritt auf mich zu und ich merke die kalte Wand an meinen Rücken als ich den Schritt zurück machte um zwischen uns Platz zu schaffen. Ich konnte ihre Nähe grade nicht ertragen.
,,Wenn ich dich wie Dreck behandle, wieso kommst du dann immer wieder auf mich zu und willst meine Aufmerksamkeit? Du bittest mich drum dich zu küssen Ella, nicht ich dich.” Die Professorin zieht ihre Augenbraue hoch. Ihre Stimme klang provokant, sie wusste wieso ich das tat und wollte es dennoch von mir hören. Dies wollte ich ihr doch nicht geben, ich wollte sie nicht schon wieder gewinnen lassen. ,,Wieso?” Ihre Stimme kling nicht so hart wie davor, jedoch geht sie weiter auf mich zu bis sie nur noch wenige Zentimeter von mir entfernt war. Ich konnte ihren warmen Atem auf meiner Haut spüren. Den Augenkontakt hatte ich schon lange abgebrochen. Ich hatte Angst abermals in ihren Augen zu versinken.Ihre Hand streift eine Strähne hinter mein Ohr. Ihre Hand war so schnell da und wieder weg, dass ich glaubte es mir nur eingebildet zu haben. ,,Sie wissen warum”, es war nur ein flüstern meinerseits jedoch hatte sie es gehört. Mein Herz raste. ,,Ich weiß es nicht, sag es mir”, ihre Stimme klang fast schon weich und einfühlsam. Ich würde fast sagen es passte nicht zu ihr, es war anders als sonst. Diese Seite war so unbekannt. ,,Sie wissen das ich Ihnen verfallen bin.” Ein zufriedenes Lächeln ziert die Lippen der schwarzhaarigen und sie schafte wieder Platz zwischen uns. Meine Augen wandern von ihren Lippen zu ihren Augen. Ich wollte sie so gerne küssen. ,,Ich weiß” flüstert sie bevor ich die Bedeutung ihrer Worte begreifen konnte, packte sie plötzlich meinen Arm, genau an der Stelle, an der der frische Verband saß. Ein schmerzhaftes Keuchen entfuhr mir, als der Druck über die verletzte Haut jagte, wie ein brennender Strom.
„Mona…,“ brachte ich mühsam hervor, aber in ihren Augen lag eine Mischung aus Schmerz und Verzweiflung, die mich verstummen ließ. Ihre Hand lockerte sich, doch der Schmerz in ihrem Blick blieb bestehen. „Warum tust du dir das an?“ fragte sie schließlich, ihre Stimme kaum mehr als ein Flüstern, zu meiner Überraschung voll von Sorge. Woher wusste sie das ich mich verletzt hatte? War es so offensichtlich?
Ihre Augen durchbohrten mich und in ihrem Blick lag nicht nur Sorge, sondern auch eine stille Verzweiflung, die mein Herz zusammenzog. Ich konnte ihr kaum in die Augen sehen, der Kloß in meinem Hals wurde immer größer. „Warum tust du dir das an?“ flüsterte sie erneut, diesmal eindringlicher, ihre Stimme zitterte leicht.
Ich senkte meinen Blick, unfähig, den Schmerz in ihren Augen länger zu ertragen. Meine Finger glitten unruhig über den Verband, als könnte ich die Wahrheit darunter verstecken. „Ich… ich weiß es nicht,“ flüsterte ich schließlich, aber die Worte fühlten sich leer an. Eine Lüge, die ich mir selbst ständig erzählte. Die Wahrheit war, dass ich es wusste. Der Schmerz, der innere Sturm, den ich nicht mehr kontrollieren konnte, suchte sich einen Ausweg und diese Wunden auf meiner Haut waren der Beweis dafür.
Mona ließ meinen Arm los, aber ihr Blick blieb fest auf mir haften. Sie atmete tief durch, als ob sie nach den richtigen Worten suchte. „Du musst mit mir reden, Ella,“ sagte sie schließlich, ihre Stimme wieder etwas fester.
„Es tut mir leid,“ murmelte ich erneut, die Worte kaum hörbar, doch sie schüttelte den Kopf.
„Es geht nicht darum, dass du mir leid tust,“ sagte sie sanft und griff erneut nach meiner Hand, diesmal viel sanfter. ,,Ich mag es nicht dich mit dieser Art von Schmerz zu sehen. Ich bin betrunken und normalerweise entschuldige ich mich nicht Ella. Aber-“
Ihre Stimme brach am Ende leicht und ich konnte die Tränen in ihren Augen sehen.,,Es tut mir leid, vielleicht war ich in der Vorlesung etwas zu hart zu dir.”
Ich spürte, wie die Spannung zwischen uns sich löste, aber der Kloß in meinem Hals blieb. Monas Worte hallten in meinem Kopf nach, ihre Entschuldigung. So etwas kam selten von ihr und das wusste ich. Sie kam normalerweise so stark rüber, wie jemand der alles im Griff hatte, aber in diesem Moment sah ich sie anders. Verletzlich. Weil sie betrunken war?
Etwas zu hart war gut, dachte ich bitter und konnte den Hauch eines sarkastischen Lächelns nicht unterdrücken. Sie hatte mich in der Vorlesung regelrecht auseinandergenommen, mich bloßgestellt vor allen anderen. Trotzdem nickte ich nur, unfähig, mehr zu sagen.
„Ella…“ Sie sprach meinen Namen so leise aus, als würde sie Angst haben, ihn zu zerbrechen, mich zu zerbrechen. „Ich weiß, dass es nicht richtig war und ich hätte anders mit dir reden sollen, aber ich mag es ganz und gar nicht wenn man mir einfach meine Kontrolle entzieht.”
Meine Kehle schnürte sich zu und für einen Moment konnte ich nichts sagen. Ihre Stimme war sanft, doch hinter ihren Worten lag eine Schärfe, die mir das Herz zusammenschnürte.
Sie hat das nur gemacht weil ich ihr kurz die Kontrolle entzogen hatte? All das – ihre Kälte, ihre Härte – war nur eine Reaktion auf das Gefühl, die Kontrolle zu verlieren. Wegen mir.
Alles in mir schrie danach, sie wegzuschieben, die Mauern wieder hochzuziehen und mich hinter dieser Distanz zu verstecken. Doch als ich in ihre Augen sah, konnte ich nicht.
„Entzieh mir nie wieder die Kontrolle,“ wiederholte sie, diesmal eindringlicher. Ihre Augen funkelten und ihre Hand umklammerte meine nun wieder fester. „Nie wieder, Ella.” Und damit drehte sie sich um und verschwindet in die Dunkelheit.
Wut kochte in mir hoch, aber nicht nur auf sie – vor allem auf mich selbst. Warum fiel ich jedes Mal auf diese Masche herein? Es war, als würde ich blindlings in ihre Falle tappen, immer wieder. Sie wollte doch nur die Bestätigung, dass sie Macht hatte. Dass jemand ihr verfallen war, jemand, der nicht anders konnte, als auf jede ihrer subtilen Andeutungen zu reagieren.
Ich biss die Zähne zusammen, meine Gedanken rasten. Ich wollte es ihr nicht ins Gesicht werfen, wollte nicht zugeben, wie nervös sie mich machte. Wie mein Herz raste, sobald sie auch nur in meiner Nähe war. Wie sie es mit nur einem Blick schaffte, mir den Boden unter den Füßen wegzuziehen.
Und dann, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, verletzte sie mich. So mühelos, als wäre es das Normalste der Welt. Jedes Mal aufs Neue, und jedes Mal tat es weh – tiefer, als ich zugeben wollte. Aber ich konnte es ihr nicht sagen. Ich wollte nicht noch mehr von dieser Macht in ihre Hände legen, wollte nicht, dass sie wusste, wie sehr sie mich berührte, wie tief ihre Worte schnitten.
Doch die Wahrheit war, dass sie es ohnehin wusste. Sie sah es in meinen Augen, jedes Mal, wenn ich versuchte, stark zu wirken.
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Die Professorin- Das Machtspiel (Überareitete und neue Version)
RomanceFür Ella war das Studium ein Traum, der sich jedoch schnell zum Albtraum wandelte. Alles begann harmlos mit der Teilnahme an den Vorlesungen, bis Professorin Dr. Mona Black diese übernahm. Als eine leidenschaftliche Affäre zwischen Ella und Mona ent...