Kapitel 14 - Unerwarteter Besuch

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Als ich das Krankenhaus nach drei langen Tagen endlich wieder verlassen durfte, überkam mich ein Gefühl der Erleichterung, das sich wie eine schwere Last von meinen Schultern löste. Die sterile, kühle Atmosphäre des Krankenhauses war mir zunehmend unangenehm geworden. Die weißen Wände schienen mich einzuengen, und das monotone Piepen der Maschinen hatte mir das Gefühl gegeben, gefangen zu sein – gefangen in einem Albtraum, aus dem ich nicht erwachen konnte.

Ich schlüpfte in meine schlichte, bequeme Jacke und blickte in den Spiegel an der Wand. Mein Spiegelbild war blass und müde, Augenringe schatteten meine Augen und meine Haare wirkten zerzaust und ungepflegt. Ein Teil von mir hatte gehofft, dass ich mit dieser Flucht in ein sicheres, geschütztes Umfeld auch die physischen Narben hinter mir lassen könnte, doch die Wahrheit war, dass sie mir wie ein schwerer Stein im Magen lagen.

Der Weg zur Tür des Krankenhauses schien eine kleine Ewigkeit zu dauern. Jedes Mal, wenn ich einen Fuß vor den anderen setzte, erinnerte ich mich an die Ereignisse, die zu meinem Aufenthalt geführt hatten. Ich hatte es dieses Mal nicht unter Kontrolle – die Wut, die Traurigkeit und die Verzweiflung hatten sich in einem gewaltigen Sturm in mir aufgestaut. Ich hatte die Grenze überschritten, die ich so mühsam versucht hatte, aufrechtzuerhalten und die Verletzungen, die ich mir selbst zugefügt hatte, waren das schmerzhafte Ergebnis.

Ich war froh, dass niemand irgendwelche Fragen stellte, als ich die Rezeption passierte. Die Blicke der Ärzte und Schwestern waren neutral, fast geschäftlike. Sie schienen zu wissen, dass es für mich am besten war, einfach zu verschwinden und nicht mehr über das, was passiert war, nachzudenken. Ihre Professionalisierung gab mir einen kurzen Moment der Zuflucht, aber ich wusste, dass ich bald mit der Realität konfrontiert werden würde. Die Erinnerungen würden mich einholen, egal, wie oft ich versuchte, sie zu verdrängen.

Als ich schließlich die Tür öffnete und ins Freie trat, wurde ich von einem kühlen Luftzug empfangen, der meine Sinne beleben und gleichzeitig meine Gedanken klären sollte. Die Welt draußen war hell und lebhaft – Menschen gingen geschäftig ihren Weg, Autos fuhren vorbei, und das Geräusch des Stadtlebens drang an mein Ohr. Ich fühlte mich wie ein Gespenst, das aus einem langen Schlaf erwachte, unfähig, sich in der Realität zu orientieren, die mir jetzt so fremd erschien.

Die Sonne schien mir ins Gesicht, doch anstatt mich zu wärmen, schien sie nur die Kälte in mir zu verstärken. Jeder Schritt, den ich machte, schien von der Scham begleitet zu werden, die ich mit mir herumtrug. Die Narben meiner Entscheidungen waren nicht nur physisch, sie waren auch emotional – und sie würden mir lange nach meinem Verlassen des Krankenhauses folgen.

Mit einem tiefen Atemzug setzte ich mich auf eine Bank in der Nähe des Eingangs, um einen Moment innezuhalten und darüber nachzudenken, was als Nächstes kommen würde. Ich wusste, dass ich mich mit meiner Vergangenheit auseinandersetzen musste, auch wenn ich mich in diesem Moment noch nicht bereit fühlte. Die Realität hatte mich eingeholt und ich war gezwungen, mich ihr zu stellen.

In der Stille, umgeben von der Hektik des Lebens um mich herum, wurde mir klar, dass ich nicht nur meinen Körper, sondern auch meine Seele heilen musste. Der Weg vor mir war lang und voller Unsicherheiten, aber ich war fest entschlossen, ihn zu gehen – auch wenn es bedeutete, mich meinen inneren Dämonen zu stellen.

Es klingelte an unserer Tür und Lisa öffnete sie, während ich gespannt vom Sofa aus das Geschehen beobachtete. Ein Hauch von Neugier mischte sich mit meiner Verunsicherung darüber, wer vor der Tür stand, denn wir erwarteten niemanden.
Mit einem verwirrten Blick sah ich, wie die Professorin hereinkam. Lisa warf mir ebenfalls einen fragenden Blick zu. Die Stimmung im Raum war angespannt, als die Professorin und ich uns einen Moment lang stumm ansahen. Ein unbehagliches Schweigen breitete sich aus, bis sie schließlich sprach.
„Ich hoffe, ich störe nicht,“ begann sie zögerlich. „Ich habe deine Hausarbeit korrigiert und war in der Nähe. Da dachte ich mir, ich bringe sie dir persönlich vorbei.“ Ihre Unsicherheit spiegelte meine eigenen inneren Konflikte wider und zu meiner Überraschung wirkte sie nicht so kühl, wie ich es erwartet hatte.
„Ähm, ja, kommen Sie bitte herein,“ sagte ich, bemüht, meine Nervosität zu verbergen. „Wir können in mein Zimmer gehen.“
Sie folgte mir in mein Zimmer und kaum hatte ich die Tür hinter uns geschlossen, spürte ich ihre Hand sich sanft um mein Handgelenk legen. Ein unerwartetes Zittern durchzog meinen Körper, als ich mich zu ihr umdrehte und ihren Blick suchte. In der Enge des Raumes schien die Luft erfüllt von unausgesprochenen Worten.
„Es tut mir leid, wenn ich dich überrascht habe,“ sagte sie leise, ihre Stimme war sanft, aber bestimmt. „Ich wollte sicherstellen, dass du die Hausarbeit bekommst und auch wissen, wie es dir geht.“
Ihre Hand hielt mein Handgelenk fest, aber nicht bedrängend. Es war eher eine Geste der Fürsorge und ich konnte spüren, dass hinter ihrer äußeren Haltung mehr steckte, als sie offenbarte. Ich wollte etwas sagen, doch die Worte blieben mir im Hals stecken. Ihre Nähe und die Intensität ihres Blicks machten es schwer, die richtigen Worte zu finden.
Sie warf die Mappe mit meiner Hausarbeit auf den Schreibtisch und drückte mich mit ihrer nun freien Hand gegen die Tür. Ein Gefühl von Überraschung und Anspannung durchzog meinen Körper, als ihr Blick sich intensiv auf mich richtete. Die Stille in meinem Zimmer wurde nur durch das Summen der Lampe auf meinem Schreibtisch durchbrochen, während ich allein mit ihr in dieser unerwarteten und intensiven Situation stand. Es erinnerte mich vage an die Spannungen, die ich zuvor in der Bar erlebt hatte.

Die Professorin- Das Machtspiel (Überareitete und neue Version)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt