Kapitel 22 - Schachmatt

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„Wir bräuchten dann bitte einen ausführlichen Bericht über die Verletzungen,“ sagte die Polizistin mit professionellem Tonfall, während sie in ihre Tasche griff und eine kleine Karte hervorholte. „Das können Sie uns einfach faxen.“ Sie reichte mir die Karte, auf der ihre Kontaktdaten sauber aufgedruckt waren.

Ich nickte, nahm die Karte entgegen und betrachtete sie kurz, bevor ich sie in meine Tasche steckte. „In Ordnung,“ sagte ich ruhig. „Ich werde den Bericht so schnell wie möglich vorbereiten.“

Die Polizistin bedankte sich mit einem knappen Nicken, ihre Miene unverändert ernst, bevor sie sich wieder zum Gehen wandte. Auch der Polizist, der bis dahin still geblieben war, nickte mir zu, bevor die beiden den Flur entlangschritten und ich noch einen Moment in der kühlen Stille des Flurs verweilte.

...

Meine Finger klopften leicht an die Tür, das leise Geräusch hallte in dem stillen Flur wider. Ich zögerte kurz, bevor ich die Klinke herunterdrückte und eintrat. Ella saß noch immer auf dem Bett, ihr Blick war leer, ihre Schultern eingefallen, als hätte die Last der vergangenen Tage sie überwältigt.

„Ella,“ begann ich leise, meine Stimme fest, aber nicht hart. „Wir müssen reden.“ Ich trat ein paar Schritte näher, versuchte, den richtigen Moment abzupassen, während sie langsam den Kopf hob und mich ansah. Ich setzte mich zu ihr auf das Bett und die Matratze gab unter meinem Gewicht etwas nach.
„Ich wollte mich bei dir melden, Mona,“ sagte Ella leise, ihre Stimme schwach, kaum mehr als ein Flüstern. Sie sah mich an, aber der Schmerz in ihrem Blick war unübersehbar. Es war, als wollte sie sich entschuldigen, etwas wieder gutmachen, aber ich konnte das nicht zulassen. Nicht jetzt.

Ich trat näher an sie heran und schüttelte sanft den Kopf. „Nein, Ella,“ sagte ich ruhig, aber bestimmt. „Ich will nicht über uns reden, nicht jetzt.“ Meine Augen suchten ihre, während ich mich auf die Bettkante setzte. „Erstmal müssen wir über dich reden.“

Ich suchte ihren Blick, der in der Stille des Raumes umherwanderte, als würde sie nach den richtigen Worten suchen. Doch ich spürte, dass sie etwas sagen wollte, also hob ich meine Hand, um sie zu stoppen. „Ella,“ begann ich mit fester Stimme, „ich sehe nicht zu, wie du weiter kaputtgehst. Du bist in Ohnmacht gefallen und das kann nicht einfach ignoriert werden.“

Ich ließ meine Worte einen Moment im Raum stehen, um sicherzustellen, dass sie sie hörte, dass sie die Schwere meiner Aussage verstand. „Du hast zu viel Stress und das, was du dir selbst antust, spielt da auch eine Rolle.“ Ich senkte meine Hand und lehnte mich leicht vor, meine Augen durchdrangen die ihre, in der Hoffnung, dass sie meine Besorgnis spürte.

„Ich weiß, dass es nicht einfach ist, Ella,“ sagte ich mit Nachdruck, meine Stimme klang fest, aber ich fühlte mich innerlich angespannt. „Aber du musst damit aufhören!“ Die Worte flogen zwischen uns hin und her, und ich spürte, wie die Schwere der Situation uns beide belastete.

Ich machte eine kurze Pause, um sicherzustellen, dass sie meine Ernsthaftigkeit verstand, bevor ich weitersprach. „Sonst—“ Ich atmete tief durch, um meine Gedanken zu ordnen, und stand dann abrupt auf. Der Moment, in dem ich vom Bett aufstand, war entscheidend, als wollte ich die Distanz zwischen uns verkürzen und gleichzeitig den Druck der Realität unterstreichen. „Sonst muss ich dich einweisen lassen.“

Die letzten Worte hingen in der Luft, und ich sah, wie Ellas Augen aufgerissen waren, als sie meine Aussage auf sich wirken ließ. Ihr Gesichtsausdruck wechselte von Überraschung zu Entsetzen, als sie begriff, dass ich es ernst meinte. „Das will ich nicht, Ella. Ich will dir helfen, aber ich kann das nicht alleine tun.“ Ich ließ die Worte langsam in den Raum sinken, hoffend, dass sie spürte, wie sehr mir ihr Wohl am Herzen lag.

„Ich weiß, dass du meine Akte gelesen hast. Du weißt was passiert ist, ich kann das passierte nicht einfach ignorieren. Ich brauche die Kontrolle, wenn ich diese nicht habe, bin ich wie du sagtest ein Monster.“ begann ich und meine Stimme klang gebrochen, bei den Erinnerungen was in dieser Akte stand. „Und daran wirst du kaputt gehen Ella, wie alle anderen auch. Das du mich noch nicht abgerundtief hasst wundert mich.“ mein Blick war eindringlich, ich wollte das sie weiß ich meine es ernst.

„Mona?“ fragte sie schließlich und ich konnte den zitternden Unterton ihrer Stimme hören. „Versprich mir, dass du mich nicht verletzt.“

Ich schwieg für einen Moment, spürte den Druck ihrer Worte, die in der Luft hingen wie ein drohender Schatten. „Mona, versprich es,“ drängte sie weiter und ich bemerkte, wie ihre Augen nach Antworten suchten, wie ein Verzweifelter in der Dunkelheit.

Langsam schüttelte ich kaum merklich meinen Kopf. „Ich kann nicht, Ella. Ich will meine Versprechen nicht brechen. Ich kann die Kontrolle nicht abgeben, so kann man keine Beziehung oder sonst was aufbauen und führen. Du hast doch selber gemerkt das es dich kaputt macht!“ ich stand von dem Bett auf und fixiert sie ein letztes Mal mit meinem Blick.

,,Schachmatt Ella, das Spiel ist vorbei." Flüsterte ich und drehte mich um.

Ich konnte die Emotionen in mir nicht länger zurückhalten. Mit jedem Schritt, den ich Richtung Tür machte, fühlte ich, wie mein Herz schwerer wurde. Ich öffnete die Tür und trat hinaus in den Flur, den Raum hinter mir lassend, die Stille und die unausgesprochenen Worte, die zwischen uns standen.

Vielleicht war es besser, Ella loszulassen, vor allem, wenn ich ihr nicht einmal versprechen konnte, sie niemals zu verletzen. Vielleicht war das wirklich das Beste – für sie, für uns beide. Sie muss erst einmal mit sich selbst ins Reine kommen. Und ich - ich sollte auch an mir arbeiten, so schwer mir dies auch fällt.

Jedes Mal wieder würde ich Ella zu Fall bringen. Es war ein Spiel, ein Duell, das wir uns lieferten – und ich beherrschte die Züge. In nur drei Schritten konnte ich ihre Verteidigung durchbrechen, ihre Strategie entschlüsseln, bis sie schließlich fiel. Sie wusste, dass es kommen würde, doch genau das machte es reizvoll: der Augenblick, in dem sie erkannte, dass sie keine Chance mehr hatte.

Und jedes Mal begann das Spiel von Neuem, die gleichen Figuren, die gleichen Züge, und am Ende fiel sie wieder. Ein kurzer Triumph, und dann nur der Beginn eines weiteren Spiels. Ich spielte mit ihr, weil ich die Kontrolle brauchte. Aber jetzt war das Spiel zuende, jeder Fall zerstörte Ella mehr und mehr. Dies wurde mir von mal zu mal immer klarer. Es war besser so.

Das Spiel war zuende.
Schachmatt.

                        

Die Professorin- Das Machtspiel (Überareitete und neue Version)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt