Wo bist du?

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Sicht: Richard

In mir geht es zu und her. Es fühlt sich so richtig, doch auch so falsch an. Habe ich mit dieser Reaktion übertrieben, oder ist das okay, was ich hier mache? Ich weiß es nicht. Immer noch uneinig mit mir selber schreite ich weiter, versuche meine Gedanken zu bändigen, damit ich nicht stolpere oder sonst ein Unglück mit mir geschieht. Ich habe mich für einen komplizierten Plan entschieden, der ohne Problem vollendet werden kann. Nur einmal ganz nach oben, dann wieder alles runter zu dem kleinen Dörflein auf der anderen Seite, wo es sogar einen Bahnhof gibt, was mich ein wenig erstaunt, bei der Größe des Dorfes. Ich kann auch nicht ganz abschätzen, ob die anderen in meine Falle getappt sind und mir den Weg nicht zutrauen, oder ob sie mich durchschaut haben. Beides ist auf jeden Fall möglich. Seufzend blicke ich nach oben zu dem Himmel, doch erschrecke dann leicht. Graue, dicke Wolken zieren den völlig dunklen Himmel, haben die Sonne hinter einem Wolkenmeer eingesperrt. Das war vorhin nicht so, da bin ich mir ganz sicher.

Gerade bereue ich es auch, nicht zu hundert Prozent breit zu sein für ein kleines Gewitter, so hoffe ich, dass dieses nicht bevor ich über den Berg komme, auftritt, ansonsten habe ich ein ziemliches Problem. Verärgert trete ich einen Tannenzapfen weg, der gegen einen Baum knallt und irgendwo anders hinrollt, wo ich diesen dann aus den Augen verliere. Ich hätte mir den Wetterbericht durchlesen sollen, vor meiner unüberlegten Idee, doch jetzt ist es schon zu spät. Zurück will ich nicht. Nicht nachdem, was ich gesagt habe und wie ich mich verhielt. Nein, das kann ich nicht, so werde ich einfach weiter gehen, auch wenn ich durch einen Sturm müsste. Es ist mir im Moment einfach alles egal, denn ich will einfach abhauen, egal wie weit weg, egal wo und egal wie. Einfach nur weg von ihnen, sowie allen anderen Problemen. Das will ich, mehr nicht.

Nach einer weiteren und längeren Zeit am Fußmarsch mache ich eine kurze Verschnaufpause, lasse mich auf einen Stein nieder, der überraschend gemütlich ist. Nach einem kräftigen Schluck Wasser nehme ich eine Schachtel aus der Hosentasche, dann auch noch mein Lieblingsfeuerzeug. Wie sehr ich mir doch wünsche, dass dieses Feuerzeug nie leer geht. Auf diesem ist zwar nur ein schwarzer Drache auf rotem Hintergrund abgebildet, aber dennoch liebe ich es so sehr. Gerade als ich mein Gesicht zum Firmament wende, um den Rauch in die Luft zu blasen, spüre ich einen Tropfen in meinem Gesicht. Erst ist es nur einer, dann aber zwei, drei, bis leichter Regen einsetzt. Schnell durchsuche ich meinen Rucksack, bemerke jedoch, dass ich in der Eile die Regenjacke vergessen hatte. Das Einzige, was ich habe, ist meine Stoffjacke, die nicht wirklich wasserabweisend ist und mich in der nächsten Stunde komplett durchnässt. Wenn ich mich heute nicht erkälte, dann grenzt das an ein Wunder, denke ich mir, und lege den roten Schal um.

Sicht: Paul

Christoph und ich sind schon auf dem Weg, den Richard wahrscheinlich eingeschlagen hat. Vorhin hat er mir noch beim Packen geholfen, Dinge heraus getan, die wir nicht brauchen, oder welche er als überflüssig ansieht. Als er den kleinen Plüschbären von mir aussortieren wollte, habe ich so lange gegen ihn protestiert, bis er dann endlich nachgegeben hatte und ihn wieder her eingepackt hatte. Der kleine Bär war zwar nicht von mir, aber von Richard. Er hatte das kleine Ding immer bei sich, da er es zum einen süß, zum anderen toll zum Kuscheln findet, da er sehr gerne kuschelt, wie uns allen schon bekannt ist. "Das Gewitter ist wahrscheinlich nicht mehr weit weg, ich habe schon einen Tropfen gespürt", meint Christoph zu mir, welcher mir die Führung überlässt. "Ja, du hast recht. Was wäre das Schlimmste, was passieren kann, vom Wetter her?" "Hm, ein Gewitter ist schon relativ schlimm, aber ich denke, schlimmer wäre Hagel, aber so richtig krasser Hagel, weißt du?" Ich überlege einen Moment. Das wäre eine Katastrophe, wenn es hageln würde, auch wenn wir in dem Wald ein wenig geschützt von den Körnern oder Klumpen sind. "Ich denke nicht, dass wir so krassen Hagel hier haben. Das passiert doch so selten, nicht?" "Schon, aber wenn es passiert, dann sind wir nicht wirklich gut dran."

Noch ein wenig länger unterhielten wir uns über Hagel, was dann aber mehr in einer Diskussion, dann in einer Wette endet. Christoph blieb fest der Meinung, dass es noch hageln wird, ich stimme aber dagegen. So kam es recht schnell dazu, dass wir beide jeweils fünf Euro wetten und der Gewinner das Geld bekommt. Nun ist Doom ein wenig eingeschnappt und ich genervt. Seine Laune ruht von der Diskussion, meine von dem leichten Nieselregen. "Was ist mit Nebel? Wäre das nicht auch super gefährlich und wahrscheinlicher?" frage ich, sehe dann Doom an, der einen Moment zu überlegen scheint. "Ja, schon. Aber ich denke nicht, dass das so schnell geht, oder? Und wenn, dann sicher nicht so dicht, dass man keinen Meter weit mehr sieht." Ich nicke einfach, um ja nicht wieder eine Diskussion auszulösen.

Sicht: Christian

Oliver braust mit dem Auto über die Straße, in die Richtung, wo wir etwa auf Richard treffen könnten. Mittlerweile fing es auch ganz leicht zu regnen an, die Dunkelheit setzt langsam aber sicher ein. Till telefoniert gerade noch mit einer Frau aus dem Dorf, die ein kleines Gasthaus hat, wo wir unterkommen können. Aus dem Radio spielt leise Musik, auch hört man hin und wieder einen Sprecher, der über das kommende Unwetter berichtet. Selbst er empfiehlt, dass man lieber zu Hause sich einkuscheln soll, anstelle draußen herumzulungern, was absolut gefährlich sei laut ihm. Seufzend lehne ich mich gegen Till, der zwischen mir und Oliver sitzt. Es war einer dieser Wagen, der vorne ganze drei Plätze hatte. Praktisch schießt es mir auch sogleich durch den Kopf.

Noch während Till telefoniert, legt er seinen Arm um mich, zieht mich ganz sachte näher an sich. Die Geste genieße ich sehr, kuschle mich an seinen Körper. Von Oliver bekomme ich ein Lächeln, das das Ganze mehr oder weniger beobachtet hat. "Ja, genau. Haben Sie vielen, vielen Dank, Frau Kupfer. Wir sind ihnen was schuldig. Dann bis bald, auf Wiederhören." Mit diesen Worten beendet Till das Gespräch mit der liebenswerten Dame und kuschelt mich vorsichtig. "Tut mir leid, falls die Frage jetzt völlig unangebracht ist, aber seid ihr beide zusammen oder nur kuschel bedürftig?", fragt Oliver neugierig, den Blick der Straße zugewandt. Daraufhin sehe ich Till an, welcher mich mit demselben Blick zurück ansieht. Von uns beiden ergreift dann doch Till das Wort, auch wenn ich es sogar andersherum erwartet hätte. "Nur kuscheln unter Freunden. Interpretiere doch nicht gleich so viel da rein." Den letzten Teil grummelte er zwar hauptsächlich, sodass man Till kaum verstand, jedoch schien Oliver jedes Wort gehört zu haben. "Ach so, tut mir leid, hat aber nur so gewirkt, okay?"

Nach langem Anschweigen sowie Musikhören sind wir auch endlich an dem Gasthaus angekommen, das wirklich niedlich aussah. Von außen ist es mit vielen bunten Blumen dekoriert, auch stehen überall Gartenzwerge oder andere Figuren herum. Ein wunderschöner Ort, den wir hier gefunden haben, denke ich, und nehme unterbewusst Tills Hand. Dieser drückt leicht zu, was mir ein Lächeln auf die Lippen zaubert. Oliver sieht uns wieder etwas skeptisch zu, doch drückt die kleine Klingel, über, wessen ein kleines Schildchen sich befindet: J. + M. Kupfer . Die Buchstaben sind leicht geschwungen und von handgeschrieben. Kaum Sekunden später öffnet sich die Holztür und ein Mann sieht uns an, lächelt dann freundlich. "Seid ihr die Gruppe, die meine Frau angerufen haben?" "Ja, die sind wir. Also die Hälfte davon auf jeden Fall." Erklärt Till. Der Mann macht eine Geste, dass wir doch hereinkommen sollen, so tun wir ihm diesen Gefallen. Ganz brav ziehen wir die Schuhe am Eingang aus, stellen sie alle so schön wie nur möglich hin, was den älteren Mann zum Lachen bringt. Er geht in ein Esszimmer, wo eine schlanke, kleine Frau gerade den Tisch deckt und uns anlächelt. "Nanu, wo ist denn der Rest von euch?" Schnell erkläre ich ihr, was denn überhaupt los sei bei uns, woraufhin sie verständlich nickt. "Die ärmsten. Hoffen wir, dass der Sturm nicht allzu großen Schaden anrichtet." meint sie dann und bringt ein paar Teller wieder in die Küche...

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Man, hätte ich nen bisschen schneller geschrieben, dann hätte ich 3 Kapitel auf den 28.09.24 rausgehauen. So ein Blödsinn >:(

1387 Wörter.

Jedem noch einen super Tag/ Abend, Tschüssi :P

Und die Vögel singen nicht mehr...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt