Die kalte Nacht ist mir vergnügen

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Sicht: Richard

Die trüben Gedanken schob ich zur Seite, denn in diesem Moment war mein eigenes überleben einer der höheren Prioritäten, als das grübeln über tiefsinnige Fragen oder wie schlecht es mir doch eigentlich geht. Das größere Problem ist nun das Gewitter, welches an Windstärke, aber auch an Regentropfen zugenommen hat. Fast schon tut es in meinem Gesicht weh, wenn die einzelnen Tropfen auf meinem blassen Gesicht aufprallen. Ich halte kurzzeitig an, nehme aus meinem Rucksack schnell die Karte, welche ich mir von Till ausgeliehen habe. Wenn die heile wieder ankommt, dann grenzt das an ein Wundere, denke ich mir und mache sie schnell auf. Schnell versuche ich mich zu orientieren, was sich als eher schwierig erweist, da ich meinen Standort kaum finde. Alles sieht auch so abnormal gleich aus.

Als ich dann endlich meinen Standort gefunden habe, sehe ich mir die weitere Route an. So weit ist es und so wenig Kraft blieb mir noch. Es scheint mir so unmöglich, dass ich solch einen Weg noch ohne Probleme schaffen werde. Das Einzige, was ich als positiv ansehen kann, ist der Fakt, dass ich bald über den Berg bin. Das Schlimmste wäre dann bestimmt geschafft, oder kommt das Schlimmste erst noch? Schulterzuckend falte ich die feuchte Karte zusammen, dessen Papier sich sonst bald in dem Regen auflösen wird und mich komplett auf dem Silbertablett servieren würde. Als ich sie dann in meinem Rucksack verstaut hatte, mache ich mich auf den weiteren Weg. Die Kies-Passage war nun schon überwunden. Der Weg wurde jetzt aber durch Erde, Blätter, sowie Steine oder Wurzeln ersetzt. Soweit nicht schlimm, würde es nicht regnen und den ganzen Abschnitt in eine einzige Rutschpartie verwandeln. Schon jetzt erweist sich die Strecke als schrecklich, immer wieder rutsche ich weg und das Schuhwerk reicht nicht mehr für dieses Gelände aus.

Trotz aller Schwierigkeiten komme ich nicht schlecht voran, habe mir sogar einen Stock gegriffen, um mich abstützen zu können. Es macht mir in der Tat einiges einfacher. Schritt für Schritt gehe ich voran, den Stock fest in meiner rechten Hand. Erstaunlicherweise komme ich besser voran, als ich es mir vorgestellt hatte, habe sogar eine gewisse Haftung auf dem Boden. Ein Lächeln schlich sich auf mein Gesicht, doch verblasst auch sogleich. Mein rechter Fuß findet keinen Halt mehr, der Stock knackt und der Boden kommt immer näher zu mir heran.

Sicht: Christoph

Paul neben mir scheint von leichter Angst befallen zu sein, hält meine Hand mit einem erstaunlich starken Griff fest. Man könnte fast schon glauben, es tut weh. Der Kiesweg geht nun mittlerweile wieder leicht nach oben. Auf dem Handy haben wir überprüft, wann wir über den Berg sind, was tatsächlich nicht mehr lange dauern wird. Kopfschüttelnd gehe ich weiter. Theoretisch gesehen, müssten wir schneller laufen, damit wir Richard ansatzweise einholen können. Versucht habe ich es vorhin schon, aber Paul scheint nicht begeistert davon zu sein, noch schneller laufen zu müssen, als eh schon.

"Paul, hör zu. Wenn wir ihn einholen wollen, dann müssen wir uns jetzt ein wenig beeilen, okay? Nur ein bisschen, ja?", ich sehe ihn so lieb ich kann an, doch er scheint mit sich selber zu debattieren. Im Endeffekt nickt er dann doch, weshalb ich das Tempo um einiges erhöhe. Paul hält überraschenderweise sehr gut mit, ist sogar fast schon schneller als ich es bin. Anscheinend habe ich seine Motivation angekurbelt, denn selbst meine Hand lässt er los. Lächelnd beobachte ich ihn kurz weiter, wie er vor mir hergeht und anscheinend richtig bereit ist, Richard zu finden. Mein Blick wandert langsam hoch zu dem Himmel, dessen Farbe von Himmelblau zu Dunkelgrau, bis fast schon Schwarz gewechselt hat. Selbst ich merke, dass es langsam dunkel wird, so nehme ich mir meine Stirnlampe auf den Rucksack. Diese erhellt auch sogleich den Weg, gestaltet aber auch die Umgebung ein wenig gruseliger. Wie in diesen schlechten Horrorfilmen, die in den gruseligsten Wäldern der Welt gedreht werden. Wie sehr ich doch solche Filme einfach nur hasse.

Beim Weitergehen sehe ich immer wieder hoch Richtung Himmel, doch viel erkennen tue ich so oder so nicht. Dafür ist es mittlerweile zu dunkel geworden. Das Einzige, was ich weiß, ist, dass der Regen fleißig zugenommen hatte. Bald würde auch meine Regenjacke nicht mehr richtig funktionieren, auch wenn ich stark hoffe, dass das schon passen wird.

Sicht: Richard

Keuchend rapple ich mich langsam aber sicher auf, halte den Stock mit beiden Armen fest. Der Absturz in die nasse, matschige Erde war definitiv nicht das, was ich jetzt gebrauchen konnte. Meine ganze Hose war nun vorne braun, genauso wie meine Jacke. Mein Gesicht blieb auch nicht ganz verschont von dem Sturz, so klebt zum einen Matsch in meinem Gesicht, sowie Blut, welches langsam herunterrinnt. Die Quelle dessen befindet sich bei meiner Nase, welche ich leicht anstoßen musste, als ich aufkam. Nebst dem Nasenblut verspüre ich aber auch leichte Schmerzen in meinem linken Knie. Ob dies jetzt von der Wanderung kommt oder von dem Sturz bin ich mir noch nicht ganz sicher. Beides eine hohe Wahrscheinlichkeit.

Leicht humpelnd und mit einem Taschentuch an der Nase geht es jetzt weiter durch den Regen. Das weiße Tuch entscheidet sich auch dafür, mehr von dem Regen, als von meinem Blut aufzusaugen, was ein ziemlicher Nachteil ist. Kurz überlege ich, ob ich das Tuch einfach weglassen sollte, entschied mich aber dafür, es dranzulassen. Meine Kleider wollte ich nicht noch mehr als eh schon versauen. Immer wieder muss ich das Tuch ersetzen. Der Regen ist ein wirklich schlechter Begleiter in solchen Momenten, ruiniert mir meine Pläne sowie vieles anderes. Wie gerne ich doch jetzt einfach bei Paul wäre, ihn zu kuscheln oder gar zu küssen. Seine Anwesenheit vermisse ich mehr als alles andere im Moment. Ich brauche ihn genau in solch einem Moment der Verzweiflung und Angst. Wenn der Verstand beinahe durchdreht und man selber nicht mehr mit all dem um sich herum klarkommt. Genau da brauche ich eine Umarmung, welche Sicherheit sowie Geborgenheit gibt, mich vor allem negativen zu schützen vermag. Mich in eine unendliche Sicherheit wiegt, wo ich mich einfach hingeben kann, mich meiner Ängste stellen kann und das ohne große Probleme, so wie sonst auch...

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Naja, das Kapitel ist jetzt ein wenig kürzer, aber joa. Passt schon :'D

1025 Wörter

Allen noch einen Schönen Abend/ Tag, Tschüssi :S

Und die Vögel singen nicht mehr...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt